Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
Vom Netzwerk:
schmutzig, hässlich, betrunken und abgerissen. Sie ließen sich auf einen Schluck einladen. Zusammen tranken sie einen. Die Frauchen waren ausgelassen und vertrugen eine Menge. Innerhalb von zwei Stunden waren alle vier betrunken. Nicht sturzbetrunken, nur gut aufgetankt. Mit Fummeleien hatten sie sich schon ziemlich aufgegeilt. Also gingen sie vögeln. Hinter dem Friedhof verlief eine sehr dunkle Straße, und es gab nur ein paar Häuser und Bäume. Der andere griff sich eine der beiden, drückte sie an einen Baum und vögelte sie. Sie lachte und er schnaubte. Rey tat dasselbe. Nichts Besonderes. Im Grunde genommen war’s Scheiße. Rey stand er nicht mal richtig. Sie beendeten das Ganze. Die Frauchen bekamen ein paar Pesos und gingen lachend ihrer Wege. In der Flasche war noch etwas Rum. Sie setzten sich auf den Boden, mit dem Rücken an den Baum gelehnt, und tranken in der Dunkelheit den Rest. Der andere kam dann auf die Idee: »Komm, wir springen über die Hecke und besuchen den Alten.«
    »Es ist fast Mitternacht. Der verbitterte Alte schläft bestimmt.«
    »Ich glaube …«
    »Was glaubst du?«
    »Seit einer Woche bin ich jetzt sein Gehilfe … Bei dem Alten ist irgendwas im Busch, von dem er mich ausschließt. Bestimmt hat er da noch kleine Geschäftchen laufen.«
    »Was für Geschäftchen soll er denn auf einem Friedhof laufen haben? Was kann er schon tun? Leichen verkaufen?«
    »Nein, nein. Ich weiß, was ich sage. Jeden Abend ist es dasselbe. Er bleibt allein zurück und will nicht, dass ich ihm helfe, die Grüfte zu versiegeln.« Sie sprangen über die Umzäunung, gingen eine ganze Strecke zwischen den Gräbern entlang und näherten sich dem Bereich mit den frisch Beerdigten. Der Alte war noch immer da und leuchtete sich mit einer Laterne an. Es war ein kleines Licht. Vorsichtig näherten sie sich und beobachteten, was da vor sich ging. Der Alte öffnete die Särge und zog den Toten die Kleidung aus. Dann untersuchte er ihren Mund. Wenn sie Goldfüllungen in den Zähnen hatten, brach er diese mit einer Zange heraus. Er hatte einen Sack dabei, in dem er Kleidung und Schuhe verwahrte. Einige wurden mit Anzug und Krawatte beerdigt. Aufmerksam sah sich Rey all die bleichen Toten an, die der Alte der Reihe nach nackt auszog. Seelenruhig. Kurz darauf sprang der Typ neben ihm plötzlich auf und stürzte sich schimpfend auf den Alten.
    »Hör mal, du alter Sack, wo bleibe ich? Soll ich bei dem Geschäft leer ausgehen?«
    Der Alte war völlig überrascht und wusste nicht, was er tun sollte. Im Halbdunkel entkleidete er gerade eine dieser fahlen Leichen. Doch dann reagierte er. Er hielt eine Schaufel in der Hand.
    »Na los, komm doch!«
    Mit erhobener Schaufel und dem wutverzerrten Gesichtsausdruck eines miesen Hundes ging er auf den anderen los. Rey wollte keine Toten mehr sehen. Sie sollten bleiben, wo sie waren. Er wollte sich schon zurückziehen, aber halb betrunken, wie er war, hielt es ihn noch etwas in seinem Versteck. Er wollte nichts verpassen. Der Alte versetzte dem anderen einen ziemlichen Schlag auf den Kopf und warf ihn zu Boden. Ohne Zeit zu verlieren, schlug er immer weiter auf ihn ein. Mit der Schaufelkante. Immer auf den Kopf. Bis er ihm den Schädel eingeschlagen hatte. Er war ein kleiner, verwachsener alter Mann, aber kräftig. Ein Brei aus Blut und Gehirnmasse spritzte auf den Boden. Der Alte packte die Leiche, nahm seine ganze Kraft zusammen und warf sie sich wie einen Sack über die Schulter. Dann ließ er sie in das offene Grab fallen. Mit seinen großen Pranken kratzte er die breiige Masse zusammen und schmiss sie ebenfalls in das tiefe Loch. Mit einem Fuß und der Schaufel verwischte er alle verbliebenen Blutspuren auf der Erde. Fertig. Nichts war hier geschehen. Dann widmete er sich wieder seiner Aufgabe mit der Leiche, die geduldig darauf wartete, dass man ihr Hosen, Schuhe und Socken auszog.
    Mit größter Vorsicht entfernte sich Rey geräuschlos und dachte bei sich, dass diesem Alten mit Vorsicht zu begegnen war. »Ein harter Kerl, dieser Alte, hmmm … echt knallhart.«
     
     
     
     
     
     
    Langsam schlenderte er zurück. Er hatte es nicht eilig. Er ging gerne am frühen Morgen spazieren, einfach so, ohne festes Ziel. Es war besser, die Sache auf dem Friedhof zu vergessen. Außerdem hatte er für zwanzig Pesos viel zu sehr schuften müssen. Es war noch sehr früh, als er zum Haus zurückkam. Er stieg die Treppen hoch und klopfte an Magdas Tür. Verschlafen öffnete sie ihm.
    »Ach,

Weitere Kostenlose Bücher