Der König von Havanna
ihn überprüft, und immer war er unbehelligt davongekommen. Gelassen spazierte er weiter mit seinem Ausweis, in der Tasche dreißig Dollar und besser angezogen als je zuvor. »Fast hätte ich mir eine Goldkette gekauft … na, mal sehen, wie ich diesmal meine Haut rette.« Zum Glück fand er keinen Geschmack am Koks. Ein paar Mal hatte er es probiert, zog aber Rum und Gras vor. Ihm fiel ein, dass er ein wenig Gras in der Tasche hatte. Er fühlte sich sehr sicher. Sandra würde nicht reden, wenn man jedoch auch Yamilé geschnappt hatte, konnte er sich auf etwas gefasst machen. »Denk ein bisschen nach, Rey, denk nach, damit du der König von Havanna bleibst und sie dich nicht einbunkern.« Er setzte sich auf die Mauer am Malecón. Es war drei Uhr morgens, und die frische Brise würde sofort allen Rauch verwehen. Er rollte sich einen Joint und rauchte. Niemand war zu sehen. Er nahm einen tiefen, würzigen Zug, und sogleich bekam er einen klaren Kopf: »Reynaldito, Junge, sie haben dein Gesicht gesehen. Wer weiß, seit wann sie dich beobachtet haben, wie du bergauf, bergab auf deinem Dreirad Scheiße frisst. Wenn du dich also allzu oft in Havanna sehen lässt, erwartet dich wieder der Knast. Hmmm … du solltest ein paar Tage verschwinden und dann Magda benachrichtigen.«
Und so machte er’s. Ohne Eile ging er den ganzen Malecón entlang, über die Avenida del Puerto, Tallapiedra, die Bahnüberführung, den Fischhafen. Und es war schon Tag, als er zum Schrottplatz für Karosserien und Alteisen kam. Zwei riesige Lastwagen luden gerade neuen Schrott ab. Über einen Weg, den er gut kannte, betrat er den Platz. Der halb durchgerostete Container erwartete ihn. Rey betrachtete ihn liebevoll. »Mein Häuschen … Was für ein Glück, hier habe ich meine Ruhe«, sagte er sich. Hier fühlte er sich wohl. Sehr wohl. Und er warf sich auf ein paar halb verrottete Kartons. Er war wie ein junger Wolf in seinem Bau.
Als er aufwachte, fühlte er sich wie neugeboren. Er hatte Hunger und sagte sich: »Auf nach Regla, Rey, da gibt es kaum Polizei, und du hast jetzt Geld. Also kein Gebettel und keine Santería. Diese Santería geht mir eh am Arsch vorbei.« Und er setzte sich in Bewegung. Es war schon dunkel, und er spürte ein wenig die Kühle. Als er nach Regla kam, fand im Park ein Fest statt. Auf einem großen Schild stand: »Ein glückliches neues Jahr«, und auf einem anderen: »Willkommen 1998, mit noch mehr Kraft werden wir unsere Errungenschaften verteidigen.«
»Ach, verdammt noch mal, am siebten Januar werde ich siebzehn. Am besten feiere ich heute das neue Jahr und meinen Geburtstag, und wenn sie mich morgen verhaften, mein Tänzchen können sie mir nicht mehr wegnehmen, wie Großmutter immer sagte.« Er kaufte Bier. Kurz darauf traf er eine kleine tiefdunkle Schwarze mit gutem Arsch und guten Titten. Sie war sehr heiter und ausgelassen, mit viel Puder aus zerstoßenen Muschelschalen auf Brust und Rücken, um das Böse abzuschrecken. Als Rey die dreißig Dollar aus der Tasche zog, um das Bier zu bezahlen, sah ihm die kleine Schwarze verstohlen zu und sagte sich: »Die Nacht ist gerettet.« Doch Rey zeigte ihr die Scheine und dachte: »Schon hast du angebissen, du kleine Nutte, heute Nacht besorg ich es dir bis hoch zu den Ohren. Die Perle will Fleisch.«
Und so geschah es. Sie tanzten ein Weilchen und befummelten einander. Rey kaufte ihr noch ein Bier. Er nahm sie mit sich in eine enge Gasse hinter der Kirche, und in der Dunkelheit ließ er sie blasen, und ihm ging der Erste auf ihre Brust ab und besudelte ihre Titten – der Samen mehrerer Tage, viel Samen. Und er sagte zu ihr: »Wisch ihn nicht ab. Lass ihn antrocknen. Das ist das Zeichen von Rey, dem König von Havanna. So bringst du die Motoren auf Hochtouren.«
Letztlich begann das Jahr 1998 für Rey sehr gut. Er gab seine dreißig Dollar für Rum, Bier und eine gute Paella aus, tanzte und vögelte die ganze Nacht. Und um sechs Uhr morgens schlief er erschöpft, mit einer Flasche Rum in der Hand und den Kopf auf ihre Oberschenkel gebettet, ein. Auf seinen Lieblingsstufen am Meer, gegenüber der Kirche von Regla, sah er zu, wie es Tag wurde. »Heute ist schon der erste Januar. Wie sehr habe ich mich verändert. Ich kann sogar tanzen und mag Musik.« Er war fröhlich und zufrieden mit seinem kleinen Fest. Er lehnte sich zurück und schlief ein. Als er erwachte, stand die Sonne hoch und brannte heiß. Links von ihm kam gerade die Passagierfähre über die Bucht. Die
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