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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Pulverdampf hing wie Weihrauch über der Menge. Theodor mußte an die Berichte über die Wilden in Amerika denken, die auch sofort in die Luft zu schießen begannen, reichte man ihnen eine Flinte.
    Der erste Auftritt war standesgemäß verlaufen, Theodor zog sich in ein bereitgestelltes Haus zurück, aber der Verdruß sollte bereits am kommenden Tag beginnen – als Giafferi ihm nämlich mitteilte, daß im vom flüchtigen De Mari verlassenen Bischofspalast von Cervioni eine consulta abgehalten werde, um die Konstitution zu erarbeiten, unter der die freien Korsen ihn zum König wählen wollten – und sich danach kontinuierlich steigern.
    Theodor stutzte, von einer Konstitution war bisher nicht die Rede gewesen, er spürte sich ihm in den Weg stellende Widerstände. Und die empfand er wie üblich als gegen seine Person, sein Wesen selbst gerichtet. Sie waren ihm widerlich, so daß er sich ihnen am liebsten durch Flucht in den freien Raum entzogen hätte.
    Das war aber diesmal nicht möglich, es sei denn, er wollte sich zum Gespött der Welt machen, die in Gestalt von Upworth und Sweeney sowie eines über Livorno angereisten Korrespondenten des »Journal des Scavants« jede seiner Gesten kontrollierte und verfolgte.
    Ceccaldi, Gaffori, Paoli, Aitelli, Luca Ornano und der Dr. Costa schlossen sich ihnen in Aleria an, der Kanonikus Orticoni, Casacolli, Raffalli, Fabiani, Arrighi und andere reisten direkt nach Cervioni. Auch Ludwig Overbeck, der Dichter, hatte ihn am Hafen empfangen, sich vorgedrängt und ein Huldigungsgedicht verlesen:
    Das Glücke kann uns nicht die wahre Hoheit geben.
Denn dieses goldne Vlies erfordert eigne Müh
Die Kron’ erhöht uns nicht; nein! wir erhöhen sie,
Indem wir ihre Last auf unser Haupt erheben.
    Es hatte zwölf Strophen, die im Gehen vorgetragen wurden und bis in die Eingangshalle des Palazzos dauerten und die niemand verstand, da sie natürlich auf deutsch verfaßt waren. Sweeney und Upworth machten sich lautmalend über die Sprachmusik des Hofpoeten lustig und glucksten und kollerten wie ein ganzer Bauernhof, so daß auch Overbeck gezwungen war, immer brüllender zu deklamieren und sich im Gehen in die Brust warf, was eine Art schiefen Hochhüpfens ergab.
    Da es nicht übers Meer ging und der Weg bis Cervioni sich in der Hand der mécontents befand, wie der französische Journalist die Freiheitskämpfer abwiegelnd nannte, wollte auch der Lyriker die Reise mitmachen.
    Die Küste entlang ritt Theodor verstockt und schweigsam auf seiner arabischen Schimmelstute, ab und zu schloß Giafferi zu ihm auf und ließ sich nach ein paar Worten über die Landschaft und die Reise wieder zurückfallen.
    Erst auf dem gewundenen Maultierpfad der Castagniccia, der sich, dichte Kastanienwälder durchquerend, um die Berge schraubte, fand Theodor seine innere Ruhe wieder, die Landschaft drängte sich in seine Augen und zwang seinen Blick aus der Vagheit und Blindheit der Gedanken ins Konkrete, Naheliegende.
    Über der Nordseite der Täler hing bläulicher Nebel, der die fetten Frühlingsfarne türkis und violett schimmern ließ. Sobald die Sonne durchkam, glitzerten die Tautropfen auf den Blättern wie gläserne Rosenkranzperlen. Schlehen, Weißdorn und Stechpalmendickichte säumten den Weg. Die Kastanien besaßen lanzettspitze, stachlige Blätter, und der aufgerückte Dr. Costa erklärte ihm, getrocknet seien sie ein ideales Heilmittel gegen Husten.
    Die bewohnten Täler glänzten silbrig vom im Wind flakkernden Laub der Olivenhaine. Schwarzgekleidete Frauen verneigten sich tief vor der langsam vorüberziehenden Reisegruppe mit ihren Wimpeln, Standarten, klappernden
Säbeln und der hinterdrein zockelnden Kolonne der Packesel.
    Auf einer Anhöhe blieb Theodor stehen und blickte die grünen Hügelkaskaden hinunter, über die Waldrücken hinweg, auf den schmalen Streifen tintenblauen Meers tief in der Ferne. Dies ist mein Land, sagte er sich. Er mußte lächeln, er konnte es selbst nicht glauben.
    Upworth und Sweeney gingen neben ihm.
    Beautiful landscape, isn’t it? bemerkte der kleinere der beiden, der korpulente, schwer atmende Upworth.
    Cervioni lag in einem engen Tal, die gelben, eng verschachtelten Häuser schmiegten sich an die Bergflanken. Über dem Ort hingen wie geraffte Seidenvolants die Nebelschwaden, in denen es anfing zu funkeln und zu glitzern, sobald die Sonne über den Kamm stieg. Dann, als der Dunst sich auflöste und Licht das Tal überschwemmte, explodierten die Farben in den

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