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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Ihre Erfahrungen vom Kontinent nicht auf Korsika übertragen... Don Teodoro, Sie machen sich ein falsches Bild...

    Können Sie sich jetzt vorstellen, Sir, fragte Upworth eines Abends anzüglich, was Ihr Cousin Georg tagtäglich mit dem Parlament zu ertragen hat?
    Theodor verlor die Beherrschung und fuhr den Journalisten an: Zum Teufel, Jeremiah, wollen Sie nicht lieber einen Pub suchen gehen?
    Oft auch vergaßen sie Theodor und die Verfassung und wurden untereinander laut: Ich spreche nicht mit Verrätern... Wessen Familie hat denn mit den Besatzern paktiert?... Mit Korsen von jenseits der Berge, aus dem Süden, aus dem Norden, aus der Balagna ist keine Verständigung möglich... Du willst nur die Privilegien nicht verlieren, die dir die Genueser verschafft haben... Ein Korse, der zu lange auf dem Festland war, ist kein richtiger Korse mehr...
    Abends schloß sich Theodor in der Zelle des Priors ein, blickte durch das vergitterte offene Fenster auf den schmalen Streifen Himmel zwischen den Bergen, hörte den Nebel im Laub tröpfeln und dachte: Ich will fort von hier, ich will das nicht mitmachen, warum habe ich mich auf diesen Irrsinn eingelassen... Aber sobald es Morgen wurde und der Lärm auf der Straße anhob, mußte er wieder handeln und verhandeln, damit etwas übrigblieb von seiner Königswürde.
    Er setzte durch, sich und seine eventuellen Nachkommen, sofern sie im Lande residierten, dynastisch auf dem Thron zu installieren, er behauptete seinen Plan, die korsische Bevölkerung durch den Zuzug Fremder zu bereichern, gegen die sich an den Griechen festmachenden Widerstände, mußte aber akzeptieren, daß kein Ausländer ein Amt oder eine offizielle Position bekleiden dürfe.
    Die Korsen verlangten eine Diät aus vierundzwanzig Patriziern, ohne deren Zustimmung der König weder Entscheidungen über Steuern noch über Kriege fällen konnte. Wenn es Theodor gelang, die Aufstellung einer Leibgarde seiner Wahl zu erwirken und fremdländische Truppen und
Milizen engagieren zu dürfen, dann erkaufte er sich dieses Vorrecht durch die Einschränkung, jeder fremde Soldat habe nach dem Sieg über die Republik das Land zu verlassen, und dem Versprechen, alle Genueser auszuweisen, vor allem jedoch mit ökonomischen Privilegien und Steuervergünstigungen für die einheimischen Besitzenden, die in ihrem Absolutheitsanspruch schon kindisch waren.
    Als sei Theodor ein Händler, mit dem man über den Preis seiner Ware, derer man nicht unbedingt bedurfte, über alle Grenzen des Schicklichen hinweg feilschen könne, steigerten einige der Verordneten ihre Anliegen ins Absurde, Unverschämte, ja Phantastische.
    Der König darf keine Transportsteuern erheben! Die Kopfsteuern dürfen nicht höher als drei, nein, zwei Livres pro Familie sein! Der Halbpart der Witwen und Waisen muß abgeschafft werden! Das Salz, das der König dem Volk zur Verfügung zu stellen hat, bleibt unter zwei Seini pro Scheffel! Es ist Pflicht des Königs, dafür zu sorgen, daß die korsische Universität dieselben Privilegien genießt wie alle anderen europäischen Universitäten und einen ebenso hohen Ruf! Aber keinem Ausländer darf gestattet werden, hier in unserem Land zu lehren und eine staatliche Pension dafür zu kassieren!
    Sie begannen sich in Dinge zu mischen, von denen sie nichts verstanden: Militärstrategie, Im- und Export, Geldwirtschaft, Moral und Landreform: Nie werde ich zulassen, einen Fußbreit des Bodens, der seit zwanzig Generationen meiner Familie gehört, einem Fremden abzutreten oder zu verkaufen, der ihn schändet, unseren heiligen korsischen Boden...
    Es war der zehnte April. Mit den Worten: Meine Herren, ich glaube, ich habe mich getäuscht, stand Theodor auf. Ich wollte Korsika zur Freiheit verhelfen, ich habe versprochen, eure Waren zu exportieren und euch Waffen und Munition zu bringen. Ich habe mein Versprechen gehalten.
Aber ich habe nicht den Eindruck, ihr wollt das eure erfüllen. Ihr kennt die Devise der Neuhoffs: Ubi libertas, ibi patria . Soll ich ein gefesselter Prometheus sein, ist mein Platz nicht hier. Sprach’s und verließ den Saal.
    Niemand rührte sich, aber schon auf der Treppe, wo er einen Moment innehielt, hörte Theodor, wie es losbrach. Er war sehr ruhig, gelassener als je, seit er den Fuß auf diese Insel gesetzt hatte, denn er begriff, daß er innerlich mit der Idee, der König dieser Menschen werden zu wollen, abgeschlossen hatte. In zwei Tagen konnte er auf einem Schiff nach Livorno sein, oder nach

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