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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Samen des Königs, der in diesem Augenblick in der geräumigen Schlafzelle des Bischofs den Höhe- und Schlußpunkt einer Art sexueller Amtshandlung setzte, der heiße Siegellack des Theodorus Rex im Schoß des unbekannten Mädchens.
    Das war seit der Krönung nicht aus Cervioni verschwunden, stand in jeder Menschenmenge, besuchte jede Audienz, lehnte an der nächsten Mauer, sobald Theodor auf die Straße trat, ja, hatte es so sehr darauf angelegt, dem König beizuwohnen, daß Theodor sich viel zu geschmeichelt fühlte, um abzulehnen, trotz des finsteren Blicks Paolis, trotz der alleruntertänigsten Bedenken Giafferis – wir kennen die Frau doch überhaupt nicht, Don Teodoro, bitte, das ist womöglich eine Hure aus Bastia, jedenfalls ist sie nicht von hier – trotz des schmallippigen Orticoni, der, wie Theodor genau spürte, hinter ihm das Kreuz schlug.
    Aber wenn er schon nicht nach Florenz reisen konnte, um darüber zu sprechen, daß er König sei, wenn es gänzlich undenkbar war, dem Ereignis durch seine Präsenz in Europas Hauptstädten Wirklichkeit zu verleihen, dann wollte er zumindest nicht darauf verzichten, seine Erhöhung in der Intimität ekstatischer Augenaufschläge beglaubigen zu lassen.

    Denn die kleine Angelina, die vor Aufregung schwitzte, als die Tür des Schlafgemachs sich hinter ihnen schloß, war neben einer schwarzgekleideten triefäugigen Alten, die nach der Krönung vor ihm auf die Knie gesunken war, seine staubigen Stiefel geküßt und gekrächzt hatte, sie habe ihre zwei Söhne im Befreiungskampf verloren und jetzt habe die Heilige Jungfrau ihn geschickt, den König, den Erlöser, das Land zu befreien – eine peinliche Szene, fand er im nachhinein – der einzige Mensch, der ihn und den König so sehr als ein und dasselbe Wesen sah, daß Theodor selbst erschüttert und lachend, kopfschüttelnd und triumphierend sagen konnte: Ja, ich bin es. Ich muß es wohl sein.
    Dieser kopfschüttelnde Triumph, dieses erschütterte Gelächter über das Königspalimpsest auf seiner Haut veränderte Theodors Liebespraxis grundlegend. Wo blieb der Moment des Taumels, die Schwäche in den Gliedern, die Erblindung? Wohin hatte sich sein Gefallen an den Umwegen und Tangenten, den Ellipsen und Umlaufbahnen der Erotik verflüchtigt? Was war aus seiner Vorliebe für die ins Grüne führenden Saumpfade gegenüber den Königswegen der offiziellen Pilgerstraßen geworden, die immer in direkter Linie zu den Grotten, Kathedralen und Tempeln führten, wo der Obolus in den Opferstock gesteckt werden mußte?
    Es herrschte Tageslicht, von der doppelten Unterwerfung der bewundernden Augen und des trophäengierigen Schoßes provozierte Lust, mit der Majestätsverliebten zu verfahren wie mit einem Untertanen. Beiläufig ehrte Theodor das Mädchen mit seinem Szepter, indem er es beglückte, oder beglückte es, indem er es ehrte, und Angelina wog, wie der König fern von Erblindung und Taumel konstatierte, die Reichsäpfel in kennersicheren Kaufmannshänden.
    Es war eine männliche Lust, wie er sie vor Jahren kopfschüttelnd und befremdet an Jakob Sternhart beobachtet
hatte, eine Erotik bar jeglicher Selbstironie, welche ihren Ursprung in einem religiösen Staunen, einer vertraulichbangen Ehrfurcht vor dem Mysterium hat, dem man entgegentreten sollte wie der Kapitän eines kleinen Schiffes dem Sturm: seine Seele Gott empfehlend und ein wenig, aber nicht zu sehr darauf vertrauend, ein guter Schwimmer zu sein.
    Weniger wie ein König, mehr wie ein Zauberlehrling, der zum ersten Mal den Stab des Meisters schwingt, hatte er dekretiert: Ich möchte nicht, daß du in diesem Raum Kleider trägst, und seither zog Angelina sich wortlos aus, sobald sie einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, und floh in gespieltem Entsetzen vor ihm rund um das Bett, hielt sich an den vier gedrechselten Pfosten fest und quietschte atemlos, den Blick starr auf seinen nackten Leib gerichtet: Du Satyr!
    Selbstverständlich duzte sie ihn sonst nicht, aber in solchen Momenten war er nicht kleinlich, dachte vielmehr an antike Vasen- und Wandbilder der Nymphenjagd, und der Gedanke, sich in diese Tradition viriler Lebendigkeit einzureihen, verschaffte ihm ebensoviel Genugtuung wie das tatsächliche Geschehen.
    Mit einer Willfährigkeit, zu der ohne Einbußen am Gefühl, sein eigener Herr zu sein, nur ein Herrscher fähig ist, brachte er dem blinden, ewig hungrigen Gott mehrmals am Tag ein lebendiges Opfer, das angenommen, verspeist und dann schließlich

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