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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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vielgenannten Namen angelockter Finanziers bescherte, rüstete ein Schiff mit Waffen und Munition aus und stach am dreißigsten Juni in See. Anfang August wurde er, eine halbe Tagereise nach der Straße von Gibraltar, von Spaniern aufgebracht, die ihn nach Oran eskortierten und die Ladung beschlagnahmten. Am neunzehnten kam er durch ein Edikt der spanischen Krone frei und durfte nach Sardinien weiterreisen, von wo er schließlich unverrichteter Dinge nach Holland zurückkehrte.
    Im Februar des folgenden Jahres landeten französische Truppen unter dem Befehl des Marquis de Boissieux auf Korsika. Nach allem, was Theodor zu Ohren kam, wüteten sie dort schlimmer, als die Genueser es je getan hatten, es ging das Gerücht von Massakern und Brandschatzungen, und irgendwo auf der Insel befand sich nach wie vor Friedrich, sein Neffe und Sohn.
    Im Oktober dann war Theodor, nach einem Aufenthalt in Florenz, einen Tag lang auf seiner Insel. Giafferi und Paoli mußten ins Exil und berichteten, das korsische Volk stehe hinter ihm, aber im Moment sei es illusorisch, das Königreich wieder etablieren zu wollen. Viel dringlicher war es Theodor ohnehin, seinen Frédéric zu retten, der sich mit ein paar Freischärlern in der Macchia versteckte und den Soldaten De Boissieux’ verlustreiche Scharmützel lieferte. Theodor hatte ein Schreiben des Generals Wachtendonk dabei, der die habsburgische Garnison der Toskana befehligte. Der Brief war für das französische Oberkommando
bestimmt und forderte freies und ehrenvolles Geleit für den jungen Trévoux.
    Im Februar ‘39 starb De Boissieux und wurde vom Marquis de Maillebois ersetzt, einem sehr viel verständigeren Mann, der mit Diplomatie und Höflichkeit reüssierte, wo sein Vorgänger mit Mord und Terror die Korsen zwar in Bann gehalten, aber nicht befriedet hatte. Von Florenz aus, wo Theodor seinen Neffen schließlich wieder in die Arme schloß und ihm eine Obristenstelle im Regiment Wachtendonks vermittelte, von Venedig, dann erneut von Amsterdam, verfolgte Theodor die Politik Maillebois’ mit wachsender Panik. Jede Garantie, die der Marquis gab, jede Konzession, die er einzugehen versprach, zähmte die kampfesmüden Korsen und nahm weitere von ihnen für die französische Hoheit ein, auch weil die Genueser strikt nichts mehr zu sagen hatten und es den Insulanern keine geringe Freude bereitete, bei ihren neuen Herren gegen ihre alten zu intrigieren und schlecht zu reden.
    Wie fünf Jahre zuvor organisierte Theodor von Venedig und Florenz aus den illegalen Handel der Rebellen, beriet, ermutigte sie, korrespondierte mit ihnen, um die Legitimität nicht zu verlieren, die er nach wie vor beim Volk genoß und die das einzige war, was von allen seinen Anstrengungen übriggeblieben war. Nur so konnte er gegenüber Banken, Handelshäusern, unentschiedenen Regierungen weiterhin im Namen der Korsen sprechen, als deren reisender Königsdarsteller er durch Europa zog.
    Er war vom lorbeergekrönten Monarchen zum Amsterdamer Gefangenen herabgesunken und dem Fegefeuer der Erniedrigung als leicht gerupfter Phoenix entronnen, unempfindlicher geworden, was seine persönliche Würde und Hoheit anging. In seinen Schreiben und Auftritten fand er einen Ton, in dem das Bittende und das Fordernde, der Geist der Hoheit und des Geschachers sich miteinander verbanden und ineinander verschmolzen.

    Die Rückgewinnung des Throns wurde eine fixe Idee, und Theodor, dem dabei nicht wohl war, spürte doch, daß es zu spät sei, jetzt noch davon abzulassen. Ich habe nie alles auf eine Karte gesetzt zuvor, dachte er, weil ich wußte, daß genau dies dabei herauskommt: Jeder Tag, der vergeht, ist ein verlorener Tag für alle anderen Unternehmungen und Lebensalternativen und ein weiterer Tag enttäuschter Hoffnung in der einen, einzigen Sache, deren Erfolg immer notwendiger wird, je länger er ausbleibt.
    Den Gedanken, Korsika jemals von innen heraus, an der Spitze der Bevölkerung, selbst zu befreien, hatte er aufgegeben. Er suchte, die europäische Diplomatie studierend, sondierend, Zeitungen verschlingend, politische Astrologie und Geometrie und Kaffeesatzleserei betreibend, nach einer Möglichkeit, die Hilfe einer Großmacht zu gewinnen, um seine Ansprüche auf den Thron durchzusetzen, wobei die Insel selbst in seinem Kalkül sich zum Faustpfand wandelte.
    Die Windmühlenflügel des Propagandalebens, das er zu führen gezwungen war, kreisten ruhelos, aber er selbst saß darin wie das Drehlager, mußte warten und

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