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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Freundlichkeit Galeazzi Marias eisig geworden war.
    Nur Giafferi selbst und seine Kumpane reagierten anders: Don Teodoro, wir stellen uns unter Ihren Schutz, sagte der runde kleine Stier, als er blinzelnd ans Licht trat, so laut, daß jedermann es hören konnte, und dann stellte er sich auf die Zehenspitzen und gab Theodor einen schmatzenden Bruderkuß auf beide Wangen, ebenso wie
nach ihm die steifen, förmlichen Ceccaldi und Raffalli, die im Gefängnis offenbar nur Knoblauch zu essen bekommen hatten.
    Die Rückreise gestaltete sich, ohne daß Theodor etwas dagegen hätte tun können, zu einem Triumphzug, dem immer mehr exilierte Korsen sich anschlossen, denen Giafferi durch die Kutschenfenster die Hände schüttelte und die sich komödiantisch tief, aber todernst und mit gezogenem Hut vor Theodor verneigten.
    Die beinahe täglichen Besuche Giafferis und seiner Leute in der Residenz fielen ihm auf die Nerven und schmeichelten zugleich seiner Eitelkeit. Man fragte ihn um Rat, man wollte seine Meinung, man profitierte vom Schatz seiner Erfahrungen. Bei aller Abwehrhaltung viel zu entzückt, sich zu verweigern, stellte Theodor mit nicht unbeträchtlichem Stolz fest, was er alles an vernünftigen Dingen zu sagen wußte, litt dabei aber zugleich unter dem Stachel des Zweifels, seine Weisheit womöglich an Unwürdige zu verschwenden.
    Wäre es nicht angemessener und ratsamer gewesen, die Genueser zu unterstützen? Aber weder Maria noch Doria, noch Veneroso, noch Gripello oder Rivarola hatten ihn je darum gebeten. Was für ein Bild gab er ab als Berater der korsischen Rebellen, die überall eher als lästig und lächerlich denn als ernstzunehmende Größe galten?
    Und hätte ich nur, dachte er, wenn er sich schlaflos und schwitzend in seinem Bett herumwälzte, irgendeine wirkliche Meinung und Überzeugung zu alledem. Der Versuch, den eigenen Grund auszuloten, ergab eine beängstigende Bodenlosigkeit, und da sein Senkblei auf nichts Festes stieß in diesen drückenden Nächten und er sich diesmal nicht einer Krankheit überlassen wollte, sprang er aus dem Bett und flüchtete in ein verschwiegenes Haus in Florenz.
    Dort versteckte er sich im Schutz des süßlich schwül duftenden Halbdämmers, der schweren dunklen Samtvorhänge
und der weichen Ottomane, wo das einzige Geräusch das Blubbern der Wasserpfeife war, an der er sog, vor dem peinigenden Zwang, Entscheidungen fällen zu müssen.
    Mehr als alles andere brauchen Sie Geld, hatte er Giafferi gepredigt. Sie müssen die Früchte Ihrer Insel exportieren, Sie müssen Waffen kaufen, Munition, Uniformen, Lebensmittel. Sie müssen sich organisieren, Mann, sonst bleibt alles bei lächerlichen Scharmützeln. Sie müssen ernsthaft auftreten, nicht nur der Republik gegenüber. Und hören Sie auf, nach Madrid oder Wien zu schielen. Von da kommt keine Hilfe. Die Großen unterstützen nur Bestrebungen, die sich auch ohne sie durchsetzen können, und das auch erst dann, wenn die Entscheidung zu ihren Gunsten bereits gefallen ist. Was wir zu allererst brauchen, Don Teodoro, kam darauf die Antwort, ist jemand, der uns eint. Ein Führer, ein erfahrener Mann, dem alle vertrauen können, weil er nicht in unsere Streitigkeiten verwickelt ist, und von dem niemand glauben kann, er wolle sich auf Kosten einer der Familien bereichern. So jemanden brauchen wir.
    Stille. Sie sahen einander an. Theodor brach das Schweigen als erster. Wo wollen Sie so jemanden finden? Giafferi wandte sich ab. Ich weiß es nicht...
    Hatte er sich in seinem Leben denn nicht bereits mehr als genug entschieden? Er mußte an eine Geschichte denken, die Larbi ihm auf der Flucht von Stralsund erzählt hatte: Der Großwesir kommt in heller Verwirrung zum Kalifen gelaufen und bittet um Urlaub nach Basra, er sei auf dem Markt dem Tode begegnet, der ihn bedrohlich angeblickt habe, gewiß um ihn zu holen, er wolle um sein Leben laufen. Das wird ihm stattgegeben. Kurze Zeit darauf trifft der Kalif selbst den Tod und stellt ihn zur Rede. Nichts habe ihm ferner gelegen, entgegnet der, als Angst einzujagen. Nur Erstaunen habe in seinem Blick gelegen, den Knecht heute hier in Bagdad zu sehen, wo er doch morgen in Basra mit ihm verabredet sei.

    Theodor saugte an der Opiumpfeife, als könnte ein einziger Zug alle Erinnerungsbilder auslöschen.
    Zu schwach, die Hand zur Faust zu ballen, lag er auf der Ottomane. Schmale, kindliche Gestalten näherten sich, halfen ihm, sich seiner Überkleider zu entledigen, hüllten ihn in einen

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