Der König Von Korsika
selbst aufblicken könnt.
Die Frage ist, meldete sich Paoli zu Wort, was können wir einem solchen Mann bieten, gesetzt, es gäbe ihn.
Die Krone, antwortete Theodor leichthin. Korsika braucht einen König.
Und Sie meinen, Don Teodoro, fragte Giafferi ebenso beiläufig, ein solcher Mann, gesetzt, er existierte, gäbe sich nicht mit weniger zufrieden als der Königswürde?
Ich meine, ein Mann, der die Fähigkeiten mitbrächte, die den Korsen Achtung vor ihm einflößten, und die Beziehungen, die sie benötigen, ein solcher Mann wüßte auch, daß er nur mit dem Titel und der Autorität eines Monarchen seine Gaben in Taten umsetzen kann.
Gibt es diesen Mann, Don Teodoro? fragte Giafferi flehend.
Wenn es ihn gibt, wird er sich euch nicht andienen. Ihr werdet ihn bitten müssen.
Da hatte Theodor sich gefährlich weit vorgewagt – noch ein wenig weiter, das wußte er, und die Rollen hätten sich vertauscht. Vergiß um Himmels willen nicht, daß sie etwas von dir wollen, nicht umgekehrt. Es war aber beinahe zu schwer, so sehr dröhnte ihm der Kopf vom Klang des Wortes »König«.
Bei ihrem folgenden Zusammentreffen konnte Theodor sich noch bezähmen, auch als Giafferi selbst die Frage an ihn richtete: Don Teodoro, könnten Sie nicht der Mann sein, der uns eint und hilft, uns von den Usurpatoren zu befreien? Er mußte sich wortwörtlich die Hand vor den Mund halten, um nicht loszuplappern und Dinge zu versprechen,
die ihn hinterher zum Gespött der ganzen Welt machen würden.
Aber eine Antwort war er ihnen schuldig, also legte er ihnen aus dem Stegreif dar, wie die wirtschaftliche Einschnürung Genuas zu durchbrechen sei. Das nächste Mal hatte er vorgearbeitet und breitete seine Pläne aus, ohne die betretenen Gesichter zu bemerken. Als der Sherry kam und Theodor in seinen Ausführungen unterbrach, gestanden sie es ihm. Ohne ihr Wissen, ohne das Wissen der Noblen Zwölf – oder zumindest der Hälfte von ihnen – war der Kanonikus Orticoni, derselbe Orticoni, der für Theodor ein Memorandum über die Geschichte und Situation des Landes verfaßt hatte, als offizieller Emissär einer Patrizierfraktion nach Spanien unterwegs, um den Bourbonen die Insel anzubieten, sofern die sie von der genuesischen Herrschaft befreiten.
Giafferi und seine Männer saßen da wie geprügelte Schuljungen, entehrt, zu Tode beschämt, getäuscht und übergangen von ihren eigenen Landsleuten, und gezwungen einzugestehen, wie es um die Einigkeit der Korsen tatsächlich bestellt war.
Theodor sah sie an, verächtlich, mitleidig auch, aber seine Gedanken gingen völlig andere Wege, als seine selbsternannten Schutzbefohlenen glaubten, und in seinem Innern brodelte es.
Er sah den Zwischenfall keineswegs als rettendes Warnsignal, sich aus den korsischen Zwistigkeiten herauszuhalten, er sah allein Orticoni am Bug seines Schiffes auf dem Weg nach Spanien mit einem Empfehlungsschreiben Alberonis, das ihm alle Türen öffnen würde, und mit seinen, Theodors, augenöffnenden strategischen Visionen im Gepäck und rechnete seine Chancen hoch. Und die standen gut. Was war da zu tun? Ruhe bewahren, aber das ging über seine Kraft.
Sie starrten ihn an, und Theodor lächelte ihnen zuversichtlich
zu und sagte: Reüssiert der Kanonikus, dann sind ja all eure Probleme gelöst. Mißlingt seine Mission, dann will ich euch von der Herrschaft der Republik befreien und eurer Insel die Unabhängigkeit und das Glück erkämpfen als euer König, als König von Korsika.
Da war es heraus, und Theodor, der wie üblich zuerst die Worte äußerte, derer, sein Mund voll war, und erst in ihrem Nachklingen, bei ihrem Erblühen daran ging, sie in den Humus von Gedanken zu pflanzen, zuckte kurz vor sich selbst zusammen, redete aber weiter, ohne daß die Pause auffiel, um zu überspielen, daß nun doch er es gewesen war, der sich anbot, anstatt eine offizielle und womöglich schriftliche Wiederholung von Giafferis Bitte abzuwarten.
Aber war dieses Wort denn nicht die logische Konsequenz all ihrer Diskussionen des vergangenen Jahres? In seinem Banne wiederholte Theodor alles noch einmal, was er ihnen schon immer gesagt hatte, nur waren jetzt die Nebel von der Spitze des logischen Dreiecks gewichen, und oben als Gipfelkreuz strahlte das Wort und verlieh seiner Rhetorik Flügel, auf denen er Giafferi, Paoli und die übrigen mit hinauftrug.
Zugleich jedoch wiegelte Theodor, erschreckt von seinen Ansprüchen, oder eigentlich davon, sein Geheimnis ausgeplaudert zu haben und
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