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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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in Genua selbst in die Hand zu bekommen oder Korsika dem Reich zu gewinnen und die Insel zu einem strategischen Stützpunkt im Mittelmeer auszubauen, was immerhin, stand ein neuerlicher Krieg gegen Frankreich bevor, seine Logik gehabt hätte.
    Wie sollte man einem Herrn dienen, der nicht wußte, was er wollte? Abgesehen davon, daß es Theodor nicht in den Sinn gekommen wäre, sich tatsächlich als Staatsdiener zu fühlen, der seinem Auftraggeber Loyalität auf Gedeih und Verderb schuldet. Aber die Tatsache, daß diese Insel alle möglichen Kräfte beschäftigte, ohne einen Willen zu binden, gab zu denken.

    Genuas Polizeiaktionen haftete, schien es Theodor vor allem nach den Gesprächen mit Herrn Galeazzi Maria, etwas Prinzipienreiterisches an, etwas von einem lästigen Pensum, das man erfüllte, um den Buchstaben des Gesetzes, der Ehre und Tradition Genüge zu tun. Die Situation Genuas hatte etwas Verranntes, aber das sind ja bekanntermaßen die am schwersten zu lösenden.
    Schon vor den Unterhaltungen mit Maria und den Korsen hatte Theodor sich gefragt, ganz gegen seinen Ehrgeiz, angelsächsische Diplomatie zu treiben, wer ihm wohl sympathischer sein werde. Die Vorstellung, unparteiisch zu handeln und sich wie eine marmorne Justitia die Standpunkte der Feinde anzuhören, um dann einen faulen Kompromißvorschlag nach Wien zu depeschieren, langweilte ihn zu Tode.
    Irgendeinen Effekt mußte seine Intervention ja haben. Nur ein Stein im Bach zu sein, an dem die Fluten vorüberspülten, beleidigte sein Selbstgefühl. Wenn ein Theodor von Neuhoff sich schon in diese lästigen Streitigkeiten einmischte, dann doch wohl, um mitzuerleben, wie sie sich, so oder so, entschieden.
    Insgeheim ahnte er bereits, daß er derjenigen Partei zuneigen würde, die sich seiner Präsenz und Person gegenüber am freundlichsten und dankbarsten erwiese. Hier ein guter Rat, dort ein guter Rat, und wer sich darum nicht scherte, der hatte sein Wohlwollen verscherzt. Eine wirkliche Meinung zu dem Problem Korsika besaß er nicht, sondern machte wie üblich alles von den emotionellen Eindrücken abhängig. Theoretische Rechte und Forderungen, Paragraphen und Gesetze waren eines, angenehme oder unangenehme Menschen aber verliehen diesem Gerippe erst Fleisch und ein Gesicht, und nur dafür interessierte Theodor sich.
    An Galeazzi Maria, der ihn herrschaftlich empfing und sogleich auf französisch und englisch mit ihm zu reden begann,
mißfiel ihm, ein Spiegelbild vorgehalten zu bekommen, das er naturgemäß als verzerrt und stockfleckig empfand, als eine Grimasse, eine Verhöhnung seines eigenen Wesens. Der genuesische Beamte bediente sich nämlich der gleichen einfühlenden Taktiken wie sein Gesprächspartner, versuchte einen Gleichklang des Tons zu erreichen, ein Unisono der Worte und Gesten, auf welcher Basis dann eine übereinstimmende Meinung um so leichter herbeizuführen wäre. Theodor schauderte bei dem Gedanken, auch er selbst könne sein Leben lang so durchsichtig gewirkt haben und so schmierig erschienen sein.
    Gegen die Überzeugungen Marias jedoch, eines hochgewachsenen, soignierten Patriziers, war nicht das Geringste einzuwenden, das Argumentieren mit Rechtstiteln ließ keinen Einspruch zu. Theodor, in dessen Innern es seit jeher viel zu sehr gebrodelt hatte, als daß er in der äußeren Welt nicht strikten Konservatismus und die Treue zu überkommenen unveränderlichen Verhältnissen vorzog, war im Prinzip ganz einverstanden mit der Meinung, die ewigen Revolten der Korsen seien staatsrechtlich unannehmbar, politisch unerträglich und müßten ein für allemal niedergewalzt werden.
    Der freche Zynismus, mit dem Maria, der im übrigen nie einen Fuß auf die rebellische Insel gesetzt hatte, die Zwistigkeiten und die Inkonsequenz der sich ewig selbst aufs Haupt schlagenden Korsen kommentierte, nahm Theodor wieder für den Mann ein: Über ein Problem spotten und lachen zu können stand ihm viel näher als alles trockene Beharren auf welcher Position auch immer.
    Das Zusammentreffen mit den korsischen Unterhändlern hätte sich nicht unterschiedlicher gestalten können. Ceccaldi und Raffalli empfingen ihn in ihrem Kontor im Hafen von Livorno, einem rechtlich betrachtet illegalen Ort, an dem sie im Schutz der beiden geschlossenen Augen des Großherzogs Gian-Gastone und der ewig janusköpfigen
Habsburger an den genuesischen Behörden vorbei von der Insel geschmuggelte Produkte verkauften.
    In den kühlen Gewölben, in denen man nach dem hellen

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