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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Eindringlingen.
    Carter machte sich durch Rufen bemerkbar, und nach kurzer Zeit trat eine junge Frau aus der Türe. Sie trug eine graue Galabija, aber ihr Gesicht ließ keinen Zweifel aufkommen, daß es sich um eine Europäerin handelte. Und weil sie zudem ausnehmend schön war, und weil Petrie sie gerade so beschrieben hatte, sagte Howard: »Mein Name ist Carter. Und Sie sind gewiß Mrs. Naville.«
    »So ist es, Marguerite Naville.« Sie streckte ihm ihre Hand entgegen. »Sie sind Engländer, Mr. Carter? Willkommen in Kurna!«
    Jetzt wußte er, wo Mohammed die englische Sprache gelernt hatte. Mrs. Naville sprach im gleichen Tonfall wie Mohammed.
    »Ich komme aus Amarna«, antwortete Carter, »ich habe die letzten zwei Jahre bei Flinders Petrie gearbeitet, und jetzt suche ich nach einer neuen Beschäftigung. Wo finde ich Mr. Naville?«
    Marguerite hob den linken Arm und zeigte nach Westen in Richtung der Bergkette. Lachend sagte sie: »Wo wird er schon sein um diese Zeit, in Der-el-Bahari! Mohammed wird Sie hinbringen, Mr. Carter.«
    Howard bedankte sich für die Auskunft, bestieg seinen Esel, und der Treiber schlug die westliche Richtung ein.
    »Aber machen Sie sich nicht allzugroße Hoffnungen, Mr. Carter!« rief ihm Mrs. Naville hinterher. »Am besten, Sie verschweigen, von wem Sie kommen!«
    Carter nickte und winkte zurück: »Danke für den Tip. Ich weiß Bescheid, Mrs. Naville!«
    Nach ein paar hundert Metern durch sandigen Boden stießen sie auf schmale Geleise, die schnurgerade auf die Felswand zuführten.
    »Hat Mr. Naville bauen lassen!« bemerkte Mohammed voll Stolz. »Damit wird Schutt weggebracht von Mr. Navilles Tempel. Hat keine Lokomotive, aber jede Menge Menschen zum Schieben.« Dabei lachte der Eseltreiber und freute sich wie ein Kind.
    Im Näherkommen sah Howard, wie viele Arbeiter an der Grabungsstelle beschäftigt waren. Es mochten fünfhundert sein. Mindestens zehn Helfer bewegten die Loren, mit denen der Schutt abtransportiert wurde. Am Fuße der gewaltigen Geröllhalde – viel mehr war von der Grabungsstätte nicht zu sehen – war ein großes Sonnensegel gespannt. Darunter saß Naville vor einem Tisch mit Plänen und Karten wie in einer Kommandozentrale. Als er Howard kommen sah, kam er ihm aus dem Schatten seines Arbeitsplatzes entgegen.
    Naville trug einen weißen Anzug und einen Stehkragen mit Schleife, als könnte ihm die Hitze nichts anhaben. Von mittelgroßer Statur und affektierten Bewegungen, war er im Wüstensand eine allzu elegante Erscheinung. Sein rötlich-blondes Haar und die fliehende Stirn verliehen ihm etwas Unnahbares. Nein, von einer sympathischen Erscheinung konnte man wirklich nicht sprechen, und damit stand er im krassen Gegensatz zu Flinders Petrie.
    Nachdem Howard sich vorgestellt und sein Anliegen vorgetragen hatte, nahm Navilles Gesicht noch strengere Züge an, und mit überheblichem Tonfall, so als sei ihm der ungebetene Besucher lästig, sagte er, während er die Arme vor der Brust verschränkte: »Und womit haben Sie bisher Ihre Zeit totgeschlagen, Mr. Carter?«
    Howard schluckte. Er zweifelte, ob er jemals mit diesem Mann warm werden könnte. Im selben Augenblick ging ihm durch den Kopf, ob er unter diesen Umständen seinen Lehrmeister nennen sollte. Aber früher oder später würde Naville es ohnehin erfahren. Deshalb erwiderte er: »Sir, ich habe zwei Jahre mit Flinders Petrie in Amarna gegraben.«
    »Ah, dann sind Sie der Protege von Lord Amherst.«
    »Wenn Sie es so nennen wollen, Sir.«
    »Er nennt eine respektable Sammlung sein eigen, aber für die Wissenschaft hat er nichts übrig. Und was Petrie betrifft: Er hat durchaus seine Meriten, aber ich kann nun einmal Wissenschaftler in Hemdsärmeln und Sandalen nicht ausstehen.«
    Carter blickte an sich herab. Seine abgetragene Kleidung war in der Tat wenig geeignet, bei Naville Eindruck zu machen.
    Naville bohrte weiter: »Und worin bestand Ihre Aufgabe bei Petrie, Mr. Carter?«
    »Ich habe einen Stadtplan von Achetaton erstellt. Eigentlich wollte ich Ihnen meine Arbeit zeigen. Aber man hat mich auf dem Schiff bestohlen. Ein Mann namens Brugsch, dem ich sie zur Aufbewahrung gab, hat sie mir gestohlen.«
    »Emil Brugsch?«
    »Genau dieser, Sir!«
    »Gratuliere, dann haben Sie Ihre Pläne dem größten Antiquitätenschieber in die Hände gespielt. Ich hoffe nur, Ihre Pläne sind nicht allzu genau, sonst hat der Gauner ein leichtes Spiel.«
    »Sie meinen, Brugsch läßt in Amarna gezielt und auf eigene Rechnung

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