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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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erleichtert. »Die Meute ist abgezogen. Komm, mein Kind!«
    Trotzig entfernte sich Evelyn, nicht ohne Howard einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen. Der Lord folgte ihr, aber nach kurzer Zeit kam er wieder zurück und näherte sich Carter, als hätte er ein schlechtes Gewissen.
    »Sie haben vielleicht bemerkt, daß einige Stücke aus dem Grabschatz fehlen, Mr. Carter, und vermutlich haben Sie sich Ihre Gedanken gemacht.«
    Er hält dich für einen Idioten, dachte Howard. Aber in seinen Augen sind wohl alle Menschen niederen Standes Idioten. Schweigend und mit zusammengekniffenen Augen sah er Carnarvon an.
    Der fuhr fort: »Sie wissen selbst, wieviel Geld mich dieses Abenteuer gekostet hat. Ich halte es nicht für ehrenrührig, wenn ich ein paar der besten Stücke veräußere, um meine Ausgaben zu begleichen.«
    Und ich dachte, Sie hätten es aus Liebe zur Wissenschaft getan, wollte Howard sagen. Aber er schwieg, er schwieg, weil er wußte, daß sie in dieser Hinsicht Welten trennten.
    »Und Sie«, begann der Lord aufs neue, »Sie sollten sich auch das eine oder andere Stück beiseite legen. Sie haben es sich verdient, Mr. Carter.«
    Da platzte Howard der Kragen, und mit sich überschlagender Stimme brüllte er Carnarvon an: »Das mag Ihre Auffassung von Archäologie sein, Sir, meine ist eine andere. All diese Schätze gehören weder Ihnen noch mir, auch nicht der ägyptischen Regierung, sie gehören der ganzen Menschheit, denn sie sind Zeugnisse unserer gemeinsamen Vergangenheit. Ihr Verhalten finde ich abscheulich, andererseits habe ich nichts anderes erwartet. Und wenn ich Ihnen überhaupt noch eine Form von Achtung entgegenbrachte, dann habe ich sie heute verloren. Und jetzt entschuldigen Sie mich.«
     
     
    Vor Beginn der Pressekonferenz im »Winter Palace« nahm Merton Carter beiseite und ermahnte ihn, auf alle Fragen der Reporter nur allgemein zu antworten und möglichst keine konkreten Informationen preiszugeben. Das gebiete der zwischen Seiner Lordschaft und der Times abgeschlossene Exklusivvertrag. Im Zweifelsfall werde er, Merton, die Fragen in angemessener Form beantworten.
    Frisch gebadet und in einem tadellosen Anzug erschien Howard Carter im Ballsaal des Hotels, wo er von über hundert Journalisten erwartet wurde. Magnesiumblitze zischten und pufften Rauchwolken in die Luft, als Howard und Carnarvon links und rechts von Arthur Merton an der Breitseite eines langen, weißgedeckten Tisches Platz nahmen. Die Wochenschauen »Universal News«, »British Paramount« und »Pathe News« hatten elektrische Scheinwerfer auf sie gerichtet, so daß Carter, vom Licht geblendet, die Fragesteller im Ballsaal kaum erkennen konnte.
    James Molony von der Evening Post eröffnete die Fragestunde: »Mr. Carter, wie sind Sie überhaupt auf das Grab gestoßen?«
    Noch bevor Howard auf die Frage eingehen konnte, erwiderte Merton: »Ihre Frage wird in der Times vom 30. November beantwortet. Es steht Ihnen frei, uns zu zitieren.«
    Carter schüttelte unwillig den Kopf: »Die Wahrheit ist: Eine große weiße Katze hat mir den Weg gewiesen. Ich nannte sie Bastet. Aber eines Tages verschwand sie, und ich habe sie nie mehr gesehen.«
    »Mr. Carter, mein Name ist Georges Jalabert, vom Pariser Figaro.
    Meine Leser möchten von Ihnen erfahren: Woher wußten Sie, daß dieser Pharao Tut-ench-Amun im Tal der Könige begraben ist?«
    Howard grinste überlegen in das Scheinwerferlicht. Dann antwortete er: »Er hat mich jede Nacht gerufen. Ich brauchte nur seinem Ruf zu folgen.«
    Betretenes Schweigen. Selbst Merton starrte ausdruckslos vor sich hin.
    Da erschien die Frage von Valentine Williams, dem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Reuters Ltd. erlösend: »Mr. Carter, wie hoch würden Sie den Wert der Schätze in der Vorkammer des Pharaonengrabes beziffern?«
    »Sie sind keinen Shilling wert, Mr. Williams, weil sie nie zum Verkauf stehen werden. Auch die Tower Bridge hat keinen Preis, weil sie unverkäuflich ist.«
    »John Peet von der British Broadcasting Company. Wir senden für 36000 Radiohörer. Wieviel Geld bekommen Sie von Lord Carnarvon für Ihre Entdeckung?«
    »Für einen Ausgräber reicht es zum Leben. Aber um eine Frau aus Adelskreisen zu ernähren, wäre es zweifellos zuwenig.«
    Gelächter. Auch Lord Carnarvon rang sich ein Lächeln ab, obwohl er genau wußte, daß diese Spitze gegen ihn gerichtet war.
    Richard Baines vom Observer wollte wissen: »Mr. Carter, würden Sie Lord Carnarvon als Freund bezeichne?«
    Für einen

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