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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Unterton.
    Carnarvon antwortete nicht. Er wurde blaß. Aber nicht aus Ärger über die Bemerkung seiner Tochter. Eine kleine Meldung in der Egyptian Gazette ließ ihn erstarren: »Flugzeugabsturz über dem Roten Meer. Kena. Bei einem waghalsigen Flug über das Rote Meer ist eine Maschine unbekannter Herkunft abgestürzt und in den Fluten versunken. Das Unglück wurde von mehreren Schiffen, die sich auf dem Weg zum Suezkanal befanden, beobachtet. Es ereignete sich zwischen Ziba in Arabien und dem ägyptischen Bur Safaga.«
    Wie von Sinnen schlug Lord Carnarvon die Zeitung zusammen und sprang auf. »Ich habe zu tun!« zischte er seiner Tochter zu und verschwand mit hastigen Schritten.
    Der Lord traf Spink im Garten seines Hauses. Es machte einen leicht verwahrlosten Eindruck, seit Spink aus Kostengründen über die Hälfte seines Personals entlassen hatte. Auf einem abgetretenen Rasenstück übte sich Spink in Crocket, indem er Holzkugeln mit einem langstieligen Hammer durch niedrige Tore trieb.
    Atemlos trat Carnarvon vor Spink hin und hielt ihm die gefaltete Egyptian Gazette entgegen: »Haben Sie die heutige Zeitung gelesen, Mr. Spink?«
    Breitbeinig auf seinen Crocketschläger gestützt, erwiderte Spink: »Nein, Mylord, aber wenn wirklich etwas Wichtiges drinsteht, werden Sie es mir sicher gleich sagen.«
    »Und ob!« Der Lord schnappte nach Luft, entfaltete die Zeitung und las mit schmalen Lippen die Meldung von dem Flugzeugabsturz vor.
    Als er geendet hatte, warf Spink seinen Schläger beiseite und nahm Carnarvon die Zeitung aus den Händen. Als wollte er das Gehörte nicht glauben, las er die Meldung selbst halblaut vor. Entgeistert ließ er das Blatt sinken und sah den Lord fassungslos an. Dann humpelte er kopfschüttelnd zu einer steinernen Parkbank und ließ sich nieder.
    »Damit konnte natürlich niemand rechnen«, sagte Spink leise, während er mit verschränkten Armen vor sich auf den Boden starrte. »Mein Plan war bestens eingefädelt. Es tut mir leid, daß er so enden mußte.«
    »Sie haben noch nicht davon gewußt?« Der Lord kam Spink hinterher.
    »Nein, Mylord. Ich warte seit gestern auf eine Depesche meines Agenten in Mekka. Wir hatten vereinbart, er solle ein Telegramm schicken ›Ladung eingetroffen‹, sobald das Flugzeug in Ziba gelandet wäre. Jetzt ist mir klar, warum das Telegramm bisher nicht eintraf.«
    Carnarvon nahm neben Spink auf der Parkbank Platz und stützte den Kopf in die Hände. »Wissen Sie eigentlich, welche Werte mir dadurch verlorengegangen sind?«
    »Nein«, erwiderte Spink, »wissen Sie’s?«
    »Mindestens eine Million Dollar.«
    Spink pfiff durch die Zähne.
    »Ich kann es noch immer nicht fassen«, bemerkte der Lord und verbarg sein Gesicht in den Händen.
    »Eine Million Dollar«, wiederholte Spink tonlos. »Trotzdem können Sie von Glück reden, daß Sie sich geweigert haben, in das Flugzeug zu steigen. Sonst wären Sie heute… Verzeihen Sie meine Direktheit.«
    »Schon gut«, wehrte Carnarvon ab, »aber wie es scheint, wollten die Götter der alten Ägypter mir einen Denkzettel verpassen, weil ich mir unrechtmäßig die Schätze des Tut-ench-Amun angeeignet habe.«
    »Glauben Sie wirklich an solchen Schabernack, Mylord?«
    »Warum nicht? Jedenfalls eher als an die frommen Heilslehren irgendwelcher Sekten des Abendlandes.«
    »Interessant, wenn ein gebildeter Mann wie Sie so etwas sagt.«
    »Wir wollen uns hier nicht über Religion unterhalten«, brach Carnarvon das Thema plötzlich ab. »Ich habe Ihnen fünfzehntausend Dollar bezahlt für eine Leistung, die Sie nicht erbracht haben, Mr. Spink. Ich darf wohl damit rechnen, daß Sie den Betrag zurückzahlen.«
    Carnarvon hatte erwartet, daß Spink auf seine Forderung wütend reagieren und sich darauf herausreden würde, höhere Gewalt habe die Ausführung seines Auftrages verhindert. Zu seiner Verwunderung zeigte sich Spink jedoch einsichtig und sicherte zu, den gesamten Betrag in den nächsten Tagen zurückzuerstatten.
    Der Lord war irritiert. Auf so viel Entgegenkommen hatte er nicht zu hoffen gewagt.
     
     
    Seit Carters Entdeckung waren beinahe drei Wochen vergangen, und das Jahr 1922 neigte sich dem Ende zu. Wie immer um diese Zeit fand sich in Luxor der europäische Hochadel ein, Könige und Großfürsten vom Kontinent, Lordschaften aus England, reiche Fabrikanten oder deren nicht weniger begüterte Witwen aus Amerika, Opernstars, aber auch Filmschauspieler, die man aus den Kinematographentheatern kannte, die auch

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