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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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des Pharaos außer Landes zu schaffen. Er selbst habe das Gespräch der beiden Männer belauscht.
    »Spink und Carnarvon?« Carter hielt entsetzt inne. »Das hätte ich dem Lord nie zugetraut! Aber es wird ihm nichts nützen, denn das neue Antikengesetz verbietet jede Ausfuhr von Kunstschätzen.«
    »Mag sein, Carter-Effendi. Spink hat sich jedoch einen teuflischen Plan ausgedacht. Heute nacht ist ein Flugzeug in der Wüste, hinter dem Tal der Könige gelandet. Ich selbst habe nur den Lärm gehört, aber Othman, mein Freund aus el-Kurna, hat mit eigenen Augen gesehen, wie ein Doppeldecker in der Wüste niederging.«
    »Mitten in der Nacht?«
    »Wir haben Vollmond, Carter-Effendi, da sieht man in der Wüste ein Kamel aus einer halben Meile Entfernung.«
    »Was hat Othman beobachtet?«
    »Vier Männer haben ungefähr zehn Kisten herbeigeschleppt und in das Flugzeug verladen. Nach etwa einer Stunde flog die Maschine nilabwärts davon.«
    »Hast du eine Ahnung, wohin?«
    »Ja, Carter-Effendi. Bei dem Gespräch zwischen Lord Carnarvon und Mr. Spink, das ich im Park des Hotels belauscht habe, erwähnte einer der beiden, der Flug solle nach Arabien gehen.«
    »Wirklich gut ausgedacht, Mr. Spink! Erst versuchte er es mit mir, und als ich mich weigerte, seine dunklen Machenschaften zu unterstützen, probierte er es bei Seiner Lordschaft. Aber wenn es um Geld geht, verliert selbst ein Lord sein Gesicht. Ich muß sofort hinüber ins Tal der Könige.«
    »Sehen Sie nur, Carter-Effendi, meine Arme!« Sayyed schwenkte seine Armprothesen hin und her und war außer sich vor Freude. »Ich habe wieder zwei Arme«, rief er begeistert.
    »Aber nicht zum Stehlen!« mahnte Carter lachend. »Und jetzt komm!«
    In der Halle begegneten die beiden dem Botengänger. Carter faßte ihn am Ärmel und zeigte auf Sayyed: »Nanntest du ihn vorher nicht einen Krüppel? Sieh ihn dir genau an!«
    Der Botengänger bekam große Augen. Ungläubig starrte er auf Sayyeds Arme. Dann rief er entgeistert: »Mahschallah, ein Wunder, Allah hat ein Wunder vollbracht!« Und als würde er von einem Wespenschwarm verfolgt, rannte er davon.

K APITEL 29
     
     
     
    Mit einem Mal war alles anders. Voller quälender Gedanken, was inzwischen in »seinem« Grab geschehen sein mochte, verließ Howard das Hotel. Aber dieser Vorgang, der noch wenige Tage zuvor nicht die geringste Beachtung gefunden hätte, wurde zum Spießrutenlauf. Merton erwartete ihn vor der Drehtüre und stieß die Reporter beiseite, die sich ihnen mit Fragen und Bitten in den Weg stellten und sich wie lästige Fliegen an ihre Fersen hefteten.
    Mehr als ein Dutzend Balgen neumodischer Photographenapparate waren auf ihn gerichtet, als er mit Merton eine Dahabija bestieg, die ihn zum anderen Nilufer brachte. So also ist es, berühmt zu sein, dachte Carter, während er den Blick von den Reportern abwandte, die ihm in zwei anderen Booten folgten.
    Beim Aussteigen sah sich Carter einer Kinematographenkamera gegenüber, an der ein Mann in Knickerbockern und mit einer Ballonmütze auf dem Kopf eine Kurbel drehte. Dabei machte er ein ernstes Gesicht, und Howard zeigte dem Kameramann, der jede seiner Bewegungen durch ein Guckrohr verfolgte, die kalte Schulter.
    Merton rief eine Kutsche herbei und drängte Carter in das zweisitzige Gefährt. Es war der einzige Wagen weit und breit, und auf diese Weise gelang es, die Reportermeute zunächst einmal abzuschütteln.
    »Wie lange soll dieser Rummel andauern?« erkundigte sich Howard bei Merton, während der Kutscher mit anfeuernden Rufen sein mageres Pferd zu größerer Eile antrieb.
    Merton verdrehte die Augen. »Das kommt ganz darauf an, was Sie noch in dem Grab des Pharaos entdecken, Mr. Carter.«
    »Und wenn ich mich weigere, noch irgend etwas zu entdecken, weil mir das alles auf die Nerven geht? Wenn ich den Eingang einfach zuschütten lasse?«
    »Glauben Sie ernsthaft, der Lord würde das zulassen? Der Artikel in der Times hat eine Lawine ausgelöst. Morgen erscheint ein weiterer. Nein, Mr. Carter, dieser Vorgang läßt sich nicht mehr aufhalten. Und sind es nicht Sie, der diese Aufgabe übernimmt, dann tut es ein anderer.«
    Schon von weitem erkannte Howard den Trubel, der um den Grabeingang herrschte. Lautes Geschrei hallte durch das Tal der Könige. Reporter balgten sich um die besten Plätze, um einen Blick auf die Mauer am Eingang zu erhaschen. Auf Bitten Carnarvons hatte der Polizeivorsteher Hamdi-Bey eine Truppe bewaffneter Polizisten abgestellt, die

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