Der König von Luxor
Leitungen zusammengebrochen. Vier Stunden habe weder ein Telegramm noch ein Telephongespräch Luxor erreicht.
Carnarvon folgte Mansours Worten nur mit halbem Ohr. Ihm kam da eine Idee: »Mr. Mansour«, unterbrach er den Mann in seinem Redeschwall, »alle Telegramme, die in Luxor eintreffen, gehen doch über Ihren Schreibtisch?«
»Nicht alle, Mylord. Nur die in englischer und französischer Sprache. Sie verstehen, man kann von einem einfachen ägyptischen Postbeamten nicht verlangen, daß er Englisch und Französisch spricht.« Dabei fuhr er mit dem Zeigefinger über seinen Oberlippenbart und lächelte verlegen.
Carnarvon nickte verständnisvoll. »Und wie viele fremdsprachige Telegramme bearbeiten Sie pro Tag?«
»Nun, vierzig bis fünfzig werden es wohl sein, die jeden Tag ankommen oder rausgehen, Mylord. Ich wünschte, Sie hätten das Grab des Pharaos nie entdeckt.«
»Kein sehr frommer Wunsch«, meinte der Lord, und eher beiläufig fügte er hinzu: »Hat Mr. Spink in den letzten Tagen ein Telegramm erhalten?«
Mansour sah Carnarvon mit großen Augen an, als habe der Lord eine höchst unangebrachte Frage gestellt, schließlich legte er seine Hände auf die Brust und erwiderte entrüstet: »Mylord, ich würde nie eine solche Frage beantworten. Sie unterliegt dem Post- und Fernmeldegeheimnis, und ich würde mich strafbar machen, wenn ich Ihnen darauf antwortete.«
»Ich verstehe.« Umständlich zündete sich Carnarvon eine Zigarette an, doch geschah dies weniger aus Genußsucht, als um Zeit zu gewinnen. Nachdem er eine Rauchwolke in die Luft gepafft hatte, meinte er gelassen: »Welchen Betrag müßte ich aufwenden, damit Sie die Strafbarkeit Ihrer Aussage vergäßen?«
Mansour schüttelte heftig den Kopf: »Geben Sie sich keine Mühe, Mylord. Ali Mansour ist nicht bestechlich.«
Da lachte der Lord und verschluckte sich am Zigarettenrauch, daß er sich die Lunge aus dem Leib hustete. »Das glaube ich nicht, Mr. Mansour. Man sagt, sogar ein König ist bestechlich. Alles ist nur eine Frage des Preises.« Er griff in die Innentasche seines Jacketts, zog eine Banknote hervor, faltete sie wie eine Ziehharmonika und ließ den schmalen Streifen in seiner Faust verschwinden. »Fünfzig englische Pfund?« meinte er fragend und streckte seinem Gegenüber die Faust entgegen.
Mansour blickte sichtlich nervös nach allen Seiten. Wie alle Ägypter versetzte ihn der bloße Anblick eines Geldscheins in Unruhe. Trotzdem antwortete er mit einem Kopfschütteln.
Ein Mann wie Carnarvon, der über ausreichende Menschenkenntnis verfügte, ließ sich durch einen abschlägigen Bescheid wie diesen nicht entmutigen. Er zog seine Faust zurück und ließ sie in der Hosentasche verschwinden. »In Ordnung. Sollten Sie sich jedoch noch anders entscheiden, ich bleibe bis gegen elf Uhr. Man sieht sich.« Mit diesen Worten ließ er den Postbeamten stehen und wandte sich den anderen Gästen zu, als sei ihm die Sache gleichgültig.
Kurz vor elf, bevor Carnarvon sich anschickte, den Empfang im Hotel »Luxor« zu verlassen, trat Mansour wie zufällig neben den Lord hin und sagte verhalten und ohne ihn anzusehen: »Die Antwort auf Ihre Frage ist ja.«
Also doch! Carnarvon wurde von Unruhe erfaßt. Scheinbar teilnahmslos, so als rede er mit sich selbst, blickte der Lord geradeaus. »Erinnern Sie sich noch, woher das Telegramm kam und an den Inhalt?«
Der Leiter des Telegraphenamtes rieb sich die Hände, und Carnarvon verstand sehr wohl, die Geste zu deuten. Lässig ließ er seine rechte Hand in der Hosentasche verschwinden, und als sie wieder zum Vorschein kam, war sie zur Faust geballt. Mansour drehte sich etwas zur Seite und streckte Carnarvon rückwärts die offene Linke entgegen.
»Ich erinnere mich deshalb sehr genau«, redete Mansour durch die Zähne, »weil die Depesche aus Mekka kam, von wo nur alle heiligen Zeiten ein Telegramm eingeht, und zum anderen ist mir der Wortlaut gegenwärtig, weil er nur zwei Worte umfaßte: Ladung erhalten.«
Dieser Spink hat dich auf übelste Weise betrogen! schoß es Carnarvon durch den Kopf. Ich hätte es wissen müssen! Mein Gott, Porchy, was bist du für ein Idiot. Läßt dich mit einem Gauner ein. Der Lord hörte nicht, wie Mansour sich höflich verabschiedete, er sah nicht, wie er eilends verschwand, Carnarvon war mit nichts als der Frage beschäftigt, wie er die Schätze aus dem Grab des Pharaos zurückbekommen konnte.
Hatte Spink eine falsche Zeitungsmeldung lanciert? War das Flugzeug gar nicht
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