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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Landausflüge beschränkten sich auf eine Entfernung von kaum mehr als zehn Meilen vom Hafen. Aber wie man liest, scheint Ihre Entdeckung von außerordentlicher Bedeutung zu sein, Mr. Carter!«
    Howard machte eine Handbewegung, als wollte er antworten: Nicht der Rede wert. Doch Keedick erwiderte: »Sir, noch nie in der Geschichte der Menschheit hat ein Ausgräber ein unversehrtes Grab eines Pharaos entdeckt. Mr. Carter ist der erste, und vermutlich wird er auch der einzige bleiben.«
    »Ich verstehe«, erwiderte der Kapitän nachdenklich. »Dann sind Sie also von besonderem Glück verfolgt.«
    Carter grinste beinahe verächtlich: »Könnte man meinen, Sir John; ich würde es eher als Hartnäckigkeit bezeichnen. Wissen Sie, es gibt die unterschiedlichsten Arten von Glück, unverdientes, das einem in den Schoß fällt, zufälliges, das jeden von uns treffen kann, und jenes, das man sich hart erkämpft. Ich glaube, mein Glück ist das letztere. Aber vermutlich ist es bei Ihnen nicht anders. Um Kapitän eines Schiffes wie der ›Berengaria‹ zu werden, braucht man nicht nur Glück. Man braucht auch Durchsetzungsvermögen.«
    Reynolds hob die Schultern und blickte indigniert zur Seite. »Ich will Ihnen ein Geheimnis anvertrauen, Mr. Carter. Viel lieber wäre ich Kapitän auf der ›Aquitania‹ oder der ›Mauretania‹ als auf einem Bastard wie diesem.« Bei diesen Worten traten seine Augen aus den Höhlen hervor.
    Carter, Phyllis und Keedick sahen sich verwundert an. Der Amerikaner fragte: »Wie soll ich das verstehen, Sir John? Sie nennen die ›Berengaria‹ einen Bastard?«
    Sir John strich sich über seinen kurzgeschorenen Backenbart, dann neigte er sich über den Tisch zu Keedick, der ihm gegenübersaß, und sagte geheimnisvoll: »Haben Sie sich schon einmal die Wasserhähne auf diesem Schiff näher angesehen?«
    Keedick hatte sich, in Erwartung ein bedeutendes Geheimnis zu erfahren, ebenfalls über den Tisch gelehnt, damit ihm kein Wort des Kapitäns entginge. Nun ließ er sich enttäuscht auf seinen Stuhl zurückgleiten und suchte bei Carter Hilfe, was Reynolds wohl meinte.
    »Bestes poliertes Messing«, bemerkte Howard, und kleinlaut fügte er hinzu: »Nur die kleinen Schilder ›Warm‹ und ›Kalt‹ sind in deutscher Sprache gehalten. Seltsam auf einem englischen Schiff.«
    »Sie sagen es, Mr. Carter, seltsam, höchst seltsam!« Sir John zuckte unruhig mit den Augenlidern. Wie es schien, vertrug er weniger Champagner als seine Gäste. Jedenfalls steigerte er sich mit einem Mal in eine wütende Rede: »Die ›Berengaria‹ war ursprünglich ein deutsches Schiff und trug den Namen ›Imperator‹ als Verbeugung vor dem deutschen Kaiser. Nach dem Krieg ging sie als Beute in englischen Besitz über und erhielt den Namen ›Berengaria‹ – wenn das kein Bastard ist? Im übrigen können die Deutschen ohnehin keine Schiffe bauen, jedenfalls keine anständigen mit angemessenem Seeverhalten. Die meisten vertragen gerade noch sechs Windstärken, dann beginnen sie zu rollen und zu schlingern wie ein südamerikanischer Bananendampfer. Und dieser Kahn« – Reynolds klopfte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte – »dieser Kahn macht da keine Ausnahme. Leider muß ich Ihnen sagen, daß unsere Wetterprognosen nicht die besten sind.«
    Ängstlich ergriff Phyllis Carters Arm: »Howard?«
    Sir John lachte breit: »Keine Bange, Miss Phyllis, die ›Berengaria‹ hat noch jedes Mal pünktlich ihr Ziel erreicht. Fragt sich nur wie! Ha, ha, ha!«
    Keedick, der die Angst in Phyllis’ Augen erkannte, wechselte das Thema: »Sir John«, meinte er höflich, »würden Sie mir den Gefallen erweisen und mir in die Passagierliste Einsicht gewähren?«
    Sir John brummelte unwillig vor sich hin und meinte: »Ihr Amerikaner wollt immer alles ganz genau wissen.«
    »Gewiß«, erwiderte Keedick, »gewiß. Es geht mir nur darum, zu erfahren, welche anderen prominenten Persönlichkeiten an Bord sind. Ich möchte nicht, daß irgend jemand Mr. Carter die Schau stiehlt, wenn er in New York von Bord geht. Sie wissen ja, die Reporter stürzen sich meist auf den ersten besten, und die übrigen haben das Nachsehen.«
    »Sollen Sie haben«, erwiderte Reynolds, »der Steward wird Ihnen die Passagierliste unter der Kabinentür durchschieben.«
     
     
    Das Captains-Dinner endete gegen elf und ziemlich unerfreulich, weil sich Sir John Reynolds, beflügelt von Sherry, Champagner und dem nachfolgenden Whisky, in lange Monologe über die christliche

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