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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Ausgrabungen nach Hause bringt, vom ausgestopften Krokodil bis zum Goldbecher aus Mykene.« Marvin betrachtete den Blumenstrauß, den er noch immer in seinen Händen hielt.
    »Das klingt so, als wäre bei diesem Geschäft nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.«
    »Ich bitte Sie, Miss Jones!« Marvin tat entrüstet. »Der Baron hat jede Lieferung korrekt bezahlt. Darunter befanden sich auch kostbare Stücke.«
    »Ich weiß.« Die Worte rutschten Sarah heraus. Kaum hatte sie sie ausgesprochen, da war ihr bewußt, daß sie einen Fehler gemacht hatte.
    »Also sind die Objekte noch vorhanden?« erkundigte sich James Marvin aufgeregt.
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Nun ja, Baronin von Schell war nicht bereit, nach dem Tod ihres Mannes auch nur ein einziges Stück zu veräußern. Aber für Sie, Miss Jones, sind die Dinge doch ohne Bedeutung. Ich möchte sogar sagen, für Sie sind einige Objekte gefährlich.«
    »Das müssen Sie mir erklären!«
    Als sei er verlegen, zupfte Marvin an dem Blumenstrauß herum, und ohne Sarah Jones anzusehen, erwiderte er: »Wissen Sie, Madam, nicht alles, was Baron von Schell im Laufe der Jahre angehäuft hat, wurde ganz legal erworben.«
    »Wußte der Baron davon?«
    »Natürlich nicht. Aber er war der ideale Abnehmer! Man konnte sicher sein, daß die Kunstgegenstände in seiner Sammlung verschwanden und nie wieder auftauchten.«
    »Auch die Statue der Aphrodite?«
    Marvin schien wie elektrisiert. »Sie ist also noch hier?«
    Sarah antwortete nicht.
    »Es ist nämlich so«, begann der fremde Mann, »ich habe einen Interessenten für das Objekt. Bedenken Sie, geraubte Kunstgegenstände von dieser Bekanntheit sind praktisch nicht zu verkaufen, es sei denn an einen Verrückten. Selbst wenn Sie vorhätten, die Aphrodite dem rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben, hätten Sie gewisse Probleme. Kein Mensch würde glauben, wie die Statue in ihren Besitz gelangt ist.«
    »Wer sagt denn, daß ich die Statue überhaupt besitze?« Sarah schien sich ihrer Sache ziemlich sicher, und sie hatte nicht vor, sich in irgendwelche dunklen Geschäfte verwickeln zu lassen. Freilich hatte sie nicht mit der Hinterlist des fremden Mannes gerechnet.
    Denn dieser reichte Sarah den Blumenstrauß, und als Sarah ihn fragend ansah, hob er die Karte vom Boden auf und reichte sie ihr ebenfalls. »Beides lag vor Ihrer Türe, Miss Jones. Sie scheinen einen glühenden Verehrer zu haben – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
    Sarah Jones las die Karte. Der Text rührte sie zutiefst. Aber gleichzeitig fühlte sie sich von dem Unbekannten ertappt. Sie spürte, wie sie errötete. »Ein guter Freund!« meinte sie beschwichtigend und schlug mit der Karte auf die flache Hand.
    »Ich weiß«, erwiderte Mr. Marvin scheinbar verständnisvoll. »Ich beobachte ihn seit ein paar Tagen.« Und mit einem süffisanten Lächeln zog er ein messingfarbenes Fernglas aus der Tasche seines Sakkos. »Ist der junge Mann nicht etwas zu jung für eine Frau Ihres Alters, Miss Jones? Wie ich in Erfahrung bringen konnte, handelt es sich um einen Ihrer Schüler.«
    »Was wollen Sie damit sagen?« Sarahs Aufregung wuchs.
    »Nun ja, Sie sollten künftig die Fenster schließen, wenn Sie sich einem Ihrer Schüler hingeben – auch wenn es noch so heiß ist. Die Lärchen auf der Rückseite des Schulgebäudes bieten einen hervorragenden Einblick in alle Räume.«
    »Hinaus! Verschwinden Sie auf der Stelle!« rief Sarah Jones aufs äußerste erregt. »Sie sind ein Schwein, Mr. Marvin, hinaus!«
    Marvin kam der Aufforderung ohne Zögern nach. Es schien sogar, als habe er damit gerechnet. Doch im Gehen machte er noch die Bemerkung: »Verstehen Sie mich nicht falsch, Miss Jones, Ihr Privatleben geht mich nichts an, und warum sollen Sie nicht mit einem Ihrer Schüler schlafen. Aber die Gesellschaft hat nun einmal altmodische Moralvorstellungen. Von meiner Seite haben Sie jedenfalls nichts zu befürchten, wenn Sie sich in gewisser Weise erkenntlich zeigen.«
    »Hinaus!« schrie Sarah noch einmal, und weil er das Zimmer noch immer nicht verlassen hatte, packte sie Marvin am Ärmel und zerrte ihn zur Türe. »Lassen Sie sich nie mehr hier blicken!« rief sie ihm wütend hinterher. Dann ging sie zum Schreibtisch, auf dem die Blumen lagen und Howards Karte, und sie schluchzte wie ein kleines Mädchen.

K APITEL 7
     
     
     
    Für Mittwoch war Carter bei Lord Amherst in Didlington Hall einbestellt. Auch in der Nacht hatte es sich kaum abgekühlt, und

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