Der König von Luxor
bemerkte seine Hilflosigkeit und daß sie zu weit gegangen war, und mit ausgestreckten Armen sagte sie lächelnd: »Komm, mein großer Junge!« Dann umarmte sie ihn und krallte sich mit ihren Fingern in Howards dunklen Haaren fest. Sie bedeckte sein Gesicht mit Küssen, bis beiden die Luft wegblieb. Dann ließ sie von ihm ab.
Vorsichtig wie ein Reiter, der zum ersten Mal im Sattel saß, kletterte Howard vom Schreibtisch.
»Miss Jones!« stammelte er, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte.
Sarah, die noch immer halb entblößt vor ihm lag, schien ihre Nacktheit zu gefallen, jedenfalls machte sie keine Anstalten, ihre Kleider in Ordnung zu bringen und sich zu bedecken. »Nenn mich nicht Miss Jones!« erwiderte sie heftig, aber mit einem Lächeln.
Als hätte er Sarahs Aufforderung überhört, wiederholte Carter: »Miss Jones! Ich liebe Sie.«
Sarah erhob sich. Auf ihre Ellenbogen gestützt, musterte sie den Jungen mit festem Blick, als wollte sie die Ernsthaftigkeit seiner Aussage prüfen. Dann aber blickte sie an Carter vorbei, und in ihrem Gesicht machte sich ein Lächeln breit.
»Sie lachen mich aus, Miss Jones. Ich liebe Sie wirklich.«
Sarah schüttelte den Kopf, daß sich ihr Haarknoten löste. »Aber nein«, meinte sie, »mir begegnete nur der strenge Blick des Barons hinter dir. Da mußte ich lachen.«
Howard drehte sich um, und Sarah nutzte den Augenblick, um sich vom Schreibtisch zu erheben und ihre Kleider zu ordnen. »Ich vermute, er hat sich in seinem Grab umgedreht«, antwortete Howard und wandte sich wieder Sarah zu.
Die legte ihre Arme um seinen Nacken und preßte erneut ihren Körper gegen den seinen. »Ich weiß auch nicht, was plötzlich über mich kam, Howard.«
»Also war das alles für Sie nur ein Spiel.«
»Ein Spiel? Du bist ein dummer Junge, Howard. Es war für mich nicht weniger aufregend als für dich. Das kannst du mir glauben.«
»Aber es war doch gar nichts. Ich meine…«
»Pst!« Sarah legte einen Zeigefinger auf seinen Mund. »Das ist schon gut so. Wahrscheinlich hätte es uns schon morgen leid getan.«
Da wurde Howard zornig, er riß sich von Sarah los und rief: »Ihnen vielleicht, Miss Jones. Mir gewiß nicht.«
»Sag so etwas nie wieder«, mahnte Sarah Jones mit ernster Stimme.
Aber Howard ließ sich nicht aufhalten: »Glauben Sie, ich wüßte nicht, was sich zwischen Ihnen und Chambers abspielt? Sie halten mich vielleicht für einen dummen Jungen, aber auch dumme Jungen haben Augen im Kopf.«
Sarah konnte ein leichtes Schmunzeln nicht verbergen: »Howard, du bist kein dummer Junge, das hast du gerade bewiesen. Und was Chambers betrifft: Ja, er hat mir einen Antrag gemacht, ich habe ihn jedoch zurückgewiesen.«
»Warum? Der Musikus wäre doch eine gute Partie!« Howard war noch immer sehr aufgebracht.
»He!« Sarah streckte dem Jungen die Hand entgegen, »du bist ja eifersüchtig, Howard.«
»Ich könnte ihn umbringen!«
»Ach was! Charles Chambers ist ein richtig netter Kerl; aber ein netter Kerl ist kein Mann zum Heiraten. Ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich meine.«
Howard war viel zu stolz einzugestehen, daß er keineswegs begriff, was Sarah damit sagen wollte, und deshalb nickte er verständnisvoll mit dem Kopf.
Sarah Jones hielt immer noch seine Hand. Die zog sie nun an sich heran und legte sie auf ihre Brust. Dabei blickte sie tief in Howards Augen, als sie sagte: »Was wir heute getan haben, habe ich noch nie mit einem Mann gemacht. Glaube mir, ich habe noch nie mit einem Mann geschlafen. Ich weiß nicht, warum ich dir das sage – es ist mir einfach ein Bedürfnis.«
Bei Howard löste diese Erklärung ein Feuerwerk an Gefühlen aus. Es kam ihm vor, als explodierten in seinem Innersten Feuerwerksraketen, als trügen sie ihn mit sich fort, und er herzte und küßte Sarah und war erfüllt von einer Sehnsucht, von der er ahnte, daß sie sein Herz mit unendlicher Wonne erfüllen würde.
Sarah genoß die stürmischen Zärtlichkeiten ihres jungen Liebhabers wie ein verbotenes Rauschgift. Als sie endlich voneinander ließen und in die Wirklichkeit zurückfanden, sagte sie: »Morgen ist der letzte Tag des Schuljahres. Es wäre gut, wenn wir uns dann ein paar Tage aus dem Wege gingen. Nur ein paar Tage, das verstehst du doch?«
»Ja, natürlich«, erwiderte Howard verstört. Er trat einen Schritt zurück und betrachtete Sarah, als wollte er sich für diese Tage jede Einzelheit ihres Körpers einprägen: ihr Gesicht, ihren Hals, die Wölbung
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