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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Posten bezogen und sich vorgenommen, auszuharren, bis die Geliebte zurückkehrte – und wenn es bis Mitternacht dauerte.
    Liebende haben eine seltsame Ahnung, was das Verhalten des angebeteten Wesens betrifft, oder besser: sie glauben eine Ahnung zu haben, denn oft genug erweisen sich derartige Empfindungen als ein beklagenswerter Trugschluß. So auch diesmal, denn Carter zog aus der unerwarteten Begegnung falsche Schlüsse, eine verhängnisvolle Entscheidung – wie sich zeigen sollte.
    Natürlich hatte er Chambers trotz der Dunkelheit sofort erkannt, und eine grenzenlose Wut erfaßte sein Innerstes. Er war wütend auf Chambers, aber mehr noch auf Sarah Jones, die mit ihm spielte, ihn wie einen kleinen Jungen behandelte. Er haßte sich, weil er ihr auf den Leim gegangen war. Wie konnte er! Wie konnte er zu der Auffassung gelangen, daß Miss Jones, eine stattliche Frau von bewundernswerter Schönheit, sich ausgerechnet in ihn verliebt haben sollte, in ihn, einen mittelmäßigen Zeichner, der gerade den Kinderschuhen entwachsen war!
    Howard wartete, bis im oberen Stockwerk Licht entzündet wurde. Tränen der Wut rannen über sein Gesicht. Mit einem Feuerzeug setzte er die Petroleumlampe am Lenker seines Fahrrads in Betrieb. Dann stieg er auf und fuhr auf der London Street in Richtung Brandon. Es war dies eine jener Stunden, die ihm nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal im Leben begegneten, in denen er lieber tot sein wollte.

K APITEL 9
     
     
     
    Alljährlich, wenn der Sommer zu Ende ging, gab Lord William George Tyssen-Amherst in Didlington Hall ein großes Fest, das im Breckland seinesgleichen suchte. Was Rang und Namen hatte oder sich durch wirtschaftlichen Erfolg ins Gespräch gebracht hatte, wurde nach strengen Regeln, über die Lady Margaret mit Argusaugen wachte, zu diesem Fest geladen, und nicht selten spielten sich in Kreisen der besseren Gesellschaft oder jenen, die sich zugehörig fühlten, Dramen ab, weil an den einen eine Einladung erging, während man selbst, trotz beachtenswerter Meriten, unberücksichtigt blieb.
    Hundert Fackeln flackerten an den Fenstern des Herrenhauses und zu beiden Seiten der langen Auffahrt, als die Gäste in ihren Phaetons, Landauern, Victorias und Coupés vorführen.
    Zu einem Ereignis besonderer Art wurde die Anfahrt von Mr. Alfred McAllen, dem schwerreichen Transportunternehmer aus Swaffham, der, begleitet von seinen beiden Töchtern, in einem hustenden, spuckenden, heftige Explosionen erzeugenden Fahrzeug ohne Pferde des Weges kam, das, wie man später erfuhr, französischer Herkunft war und die Leistung von sechs Pferden erbrachte, obwohl man keines sehen konnte. Getreu den Gesetzen des Landes lief dem Automobil, so wurde das wundersame Fahrzeug bezeichnet, ein strammer Jüngling voraus, um entgegenkommende Pferdekutscher und anständige Straßenbenutzer zu warnen, und McAllen versicherte, der Junge sei dieser Aufgabe auf dem Weg von Swaffham nach Didlington Hall zur vollsten Zufriedenheit nachgekommen.
    Nur wenige beherzte Männer wagten es, sich dem Ungetüm, welches zum Leidwesen englischer Patrioten in Deutschland erfunden worden sein sollte, auf mehr als fünf Schritte zu nähern, während die Maschine noch lief, die entgegen englischer Tradition nicht mit Dampf, sondern mit Petroleum oder anderen gefährlichen Essenzen betrieben wurde.
    Während Alicia die McAllen-Töchter in Empfang nahm, deren vornehme Kleider von Ruß und Straßenstaub gezeichnet waren, agierte der Fuhrunternehmer wie ein Magier im Varieté, indem er die höllische Maschine mit einem kleinen Hebel zum Stillstand brachte, so daß man nur noch das Zischen der messingpolierten Kutscherlaternen vernahm, die mit einer Mischung aus Wasser und Karbid betrieben wurden und die Szene in ein seltsam fahles Licht tauchten.
    McAllen, ein jugendlich wirkender Mittvierziger, stammte aus obskuren Verhältnissen, allein sein staunenswerter Reichtum machte ihn für die feine Gesellschaft des Breckland hoffähig. Doch seine ganze Reputation verspielte er an diesem einzigen Abend, als er in Gesellschaft mehrerer Lordschaften verkündete, das Pferd habe ausgedient und werde vom Automobil abgelöst werden. In fünfzig Jahren sei das Pferd ausgestorben. Das Automobil sei die wichtigste Erfindung des Jahrhunderts und die Ingenieursleistung der Deutschen Daimler und Benz bedeutsamer als die Konstruktion der Brücke über den Firth of Forth, oder des Turmes, den die verrückten Franzosen in Paris errichtet

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