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Der Koenig von Rom

Der Koenig von Rom

Titel: Der Koenig von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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Straße verteidigen, sie, die von der Straße keine Ahnung hatte? In den Büchern war die Revolution ja vielleicht eine schöne Sache, aber die Straße, ja die Straße war ein hässliches Tier. Und als er auf dem Heimweg den Sender der Bewegung einstellte, wurde die Unruhe zu Panik.
    Scrocchia neben ihm schüttelte verärgert den Kopf.
    – Hast gehört, Libano? Die wollen ’nen Bürgerkrieg anzetteln.
    Ja, es sah schlecht aus. Eine Nachricht folgte auf die andere, in einem aufgeregten Crescendo. Die Genossen warteten darauf, festgenommen zu werden. Die Genossen warteten darauf, massakriert zu werden. Auf dem Campo de’ Fiori lag das Epizentrum der Zusammenstöße. Dort, wo man diesen Mönch, Giordano Bruno, verbrannt hatte. Offensichtlich brachte die Piazza Unglück.
    Auf der Portuense trennte er sich von Scrocchia und fuhr entschlossen Richtung Zentrum. Die Revolution war ihm scheißegal, Giada jedoch nicht.
    Er fand sie auf der Via dei Balestrari. Die Bullen von der Einsatzpolizei gingen gerade zum Angriff über. Sie schlugen zu wie verrückt, und die Genossen flohen wie verschreckte Mäuse. Niemand achtete auf Libanese. Diesmal war seine Verbrechervisage ein Vorteil.
    Giada war festgenommen worden. Zu zweit schleppten sie sie zu einem Auto mit Panzerglasfenstern. Sie wehrte sich und trat um sich, beschimpfte die beiden Bullen auf unflätige Weise. Hinter ihr wurde weitergeprügelt. Libanese verspürte einen beißenden Geruch und musste husten. Tränengas. Er musste sich beeilen, bevor ihn die Wolke außer Gefecht setzte. Er zückte die Klinge und stürzte los. Er packte den ersten Bullen von hinten, stach zu, oberflächlich, nur ein kleiner Kratzer am Rücken, um ihm Angst zu machen. Dann stürzte er sich auf den anderen, der sich bereits überrascht umgedreht hatte, und streckte ihn mit einem Kniestoß in den Unterleib nieder. Giada war plötzlich frei.
    – Komm!
    Er nahm sie an der Hand, und sie begannen zu laufen.
    Anders als erwartet, gab es zu Hause weder Dank noch Liebe. Er musste sich vielmehr bei Giada bedanken, denn endlich hatte er verstanden, sie hatte ihm die Augen geöffnet. Endlich hatte er die ersten Schritte auf dem Weg der Revolution gemacht. Ein Scherz!
    Sie stritten die ganze Nacht lang wie ein altes frustriertes Ehepaar. Giada spielte die Rolle der Marxismuslehrerin, und Libanese schwankte zwischen Schlaf, Wut und Enttäuschung. Schließlich gab er sich zum Schein geschlagen.
    – Schon gut, du hast mich überzeugt. Wir stehen auf derselben Seite.
    Erst jetzt küsste sie ihn, endlich zufrieden. Und endlich gingen sie miteinander ins Bett.

XIX.
    Libanese wartete, bis die Damen für kleine Mädchen gingen, dann schnitt er das Thema an.
    – Und?
    – Was und, Libano? Is’ ein schöner Abend, oder nicht?
    Libanese hatte in Fiumicino bei
Bastianelli al Molo
einen Tisch bestellt. Endlich hatte er Giadas Drängen nachgegeben. Er würde ihr seine Freunde vorstellen. Das gehörte sich so, immerhin waren sie schon eine Zeit lang zusammen.
    Dandi wollte sich nicht konkret äußern, Bufalo stopfte Linguine mit Hummer in sich rein. Eh alles ganz normal, oder nicht? Aber kommt schon! Libanese waren die Blicke nicht entgangen, die sich seine beiden Freunde im Laufe des Abends zugeworfen hatten, die übertriebene Höflichkeit, der leise Spott, der in Dandis Bemerkungen lag.
    – Sie gefällt euch nicht, oder?
    – Wer denn?
    – Hör damit auf, Dandi.
    Dandi goss sich den letzten Tropfen Champagner ein, dann hielt er den Kellner auf, um die vierte Flasche zu bestellen. Oder war es schon die fünfte? Er hatte den Überblick verloren. Bufalo kämpfte indessen lautstark mit dem Hummer.
    – Wo hast du sie aufgerissen?
    – Unterwegs.
    – Tja, was soll ich sagen. Sie ist nicht so wie die anderen …
    Dandi sprach den Satz nicht zu Ende. Er wischte sich einen Krümel aus dem Mundwinkel und warf einen mitleidigen Blick auf Bufalo. Dandi, Bufalo, seine Brüder. Ihm zu Ehren hatten sie sich herausgeputzt. Dandi trug einen weißen Leinenanzug mit Schlaghose, ein rosa Seidenhemd, einen Gürtel aus Krokodilleder mit Nieten, Wildledermokassins, die er bei Boccanero im Testaccio gekauft hatte, und eine Rolex, die sogar echt wirkte. Bufalo trug zum ersten Mal in seinem Leben, allerdings widerwillig, eine Krawatte. Aber Dandi spannte das Sakko an den Schultern und am Bauch, und Bufalo sah aus wie ein Erhängter mit der Schlinge um den Hals. Herausgeputzt, aber dennoch Vorstadtwichser. Genau darum ging es. Die beiden

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