Der Koenig von Rom
aus der Via del Pellegrino, ein bewährter Hehler von Kunstgegenständen, zahlte einen guten Preis dafür. Als er zwanzig Millionen beiseite gelegt hatte, beschloss er, das Schicksal herauszufordern. Nicht am Spieltisch, denn damit, schwor er sich, hatte er abgeschlossen, sondern beim Pferderennen. Scrocchia beschaffte ihm einen Kontakt. Er gewann einen beträchtlichen Betrag. Die Dinge kamen in Schwung, allerdings noch immer zu langsam.
Ende März überfielen die Faschisten die Universität, und die Roten wollten ihnen in nichts nachstehen und gaben in der Nähe der Poliklinik ein paar Schüsse ab. Ein Genosse und ein Bulle lagen auf dem Pflaster, nicht tot, aber fast. Giada kam erst im Morgengrauen nach Hause, nach einer Versammlung, die die ganze Nacht gedauert hatte. Sie war bleich, stinksauer, roch nach Schweiß. Sie erinnerte nur noch entfernt an die Giada, die er kannte.
Sie erzählte ihm, dass sie nur mit Mühe den Knüppeln zweier tobender Polizisten entkommen war.
– Hast du sie beworfen?
– Nein. Ich habe nur protestiert. Das ist unser Recht.
– Schon gut, es ist gut ausgegangen, vergiss es. Ich würde jetzt ein schönes Bad nehmen, vielleicht zu zweit …
Nichts zu machen. Stunde X war angebrochen. Giada zog sich in aller Eile um, stürzte ein paar Tassen Kaffee hinunter und verkündete, dass die Bewegung wieder auf die Straße ging.
– Alles Gute, sagte Libanese trocken.
Sinnlos, mit der Verrückten zu streiten.
– Warum kommst du nicht mit?
– Und was soll ich dort?
– Du kannst uns helfen.
– Ich glaube, das sind eure Angelegenheiten …
– Offenbar bist du dir der Lage nicht bewusst. Die Faschisten werden Tag für Tag arroganter. Der reaktionäre Staat beschützt sie. Wir haben die Pflicht …
Bei dem Wort „Revolution“ schaltete Libanese auf Autopilot und hörte ihr nicht mehr zu. Wenn Giada dieses Wort aussprach, wurde sie eine andere. Veränderte sich. Ihre Züge wurden hart, die Stimme spröde, manchmal sogar zischend, und sie nahm seltsame Wörter in den Mund. Das sinnliche, sexy Mädchen verwandelte sich in eine steife und ewig schlecht gelaunte Kommunistin.
Allein das war ein Grund, um dem Kommunismus zu misstrauen: Er machte hässlich.
Am liebsten hätte er zu ihr gesagt: Ekelt dich wirklich so vor dem Geld deines Vaters? Bist du wirklich bereit, für diese Revolution alles wegzuwerfen? Was für eine Revolution überhaupt? Erklär das mal einem, der in einem Sozialbau aufgewachsen ist, wo man sich am Vormittag vor dem Gemeinschaftsklo anstellen musste und dessen Mutter sich abgerackert hat, um Wäsche für die feinen Herrschaften zu waschen. Tausche deine elegante Privatschule gegen einen Hort, wo sie mit dem Finger auf dich zeigen, weil du in Lumpen gekleidet bist und stinkst. Versetz dich mal in die Lage des bösen Kindes, das dich aus reinem Hass an den Haaren zieht. Aus Hass auf das, was du bist und darstellst, auf das, was das Kind niemals erreichen wird.
Er zog die Jacke an, küsste sie mit spöttischer Miene und ging zum Pferderennen. Scrocchiazeppi wartete schon auf ihn.
Sie hatten viel Glück an diesem Nachmittag, und zwar bis zum letzten Rennen, ein traumhaftes Crescendo. Das war das Verdienst Scrocchiazeppis und seines Kontaktmannes Turco, eines alten Haudegens, der in das Geheimnis der Rennen eingeweiht zu sein schien. Im Augenblick arbeitete Turco für den Baron Rosellini, einen steinreichen Adeligen, der eine Leidenschaft für Pferde hatte. Turco kassierte fünfzehntausend, bei einem von dreißig Rennen gab er dem Baron dreißigtausend ab. In den restlichen neunundzwanzig Rennen teilte er sich den Gewinn mit Terribiles Jungs (nicht schon wieder!). So blieb das Geld im Milieu, und der Baron Rossellini zappelte an der Angel. Turco, dem ein Ruf als Schwuler vorauseilte, hatte eine Schwäche für Scrocchia, und so gab er ihm bei Gelegenheit die richtigen Tipps.
– Ach, heute habe ich mir einen Monat Unabhängigkeit verdient.
Auch nach dem Abzug von Turcos Anteil blieb genug, um eine Zeit lang würdevoll zu leben. Scrocchia rieb sich die Hände. Er strahlte vor Glück.
– Und was ist in einem Monat?, entschlüpfte es Libanese, der noch immer vom Ruhm träumte.
– Tja, schnaubte Scrocchia. Fürs Erste kauf ich mal ein Geschenk für meine Freundin.
Ja, ja, die Freundin. Trotz des Gewinns war Libanese noch immer schlecht gelaunt. Es war der Gedanke an Giada, der ihn unruhig machte. Er hätte sie nicht gehen lassen dürfen. Wie sollte sie sich auf der
Weitere Kostenlose Bücher