Der Koenig von Rom
die beiden verschwanden.
Der Künstler schwankte. Libanese stützte ihn. Der Künstler dankte mit einer Geste.
– Setzt dich hin, es fährt gerade ein.
Der Künstler schnippte mit den Fingern, lächelte, ging langsam die Treppe hinauf.
Libanese folgte ihm ins obere Stockwerk. Ein Gedanke ergriff von ihm Besitz. Der Künstler war steinreich, der Künstler war schwer drogensüchtig, der Künstler war vielleicht eine Goldmiene. Er musste ein paar Worte mit Puma wechseln. Plötzlich stand er in einem kleinen Saal, der aussah wie ein Pfarrsaal, in einer Art Privatkino, in dem es sogar eine Projektionskabine gab und wo man die Silhouette eines bärtigen Riesen sah. Auf einen Wink des Künstlers hin ging das Licht aus und auf der Leinwand erschien der Vorspann von Fellinis
La dolce vita
. Libanese machte sich davon und ließ den merkwürdigen Mann in seiner Drogenhölle zurück.
Mit methodischer Sorgfalt durchsuchte er das Haus. In diesem Chaos machte ohnehin jeder, was ihm passte, und nach der anfänglichen Euphorie interessierte sich keiner mehr für ihn. Er fand fünfzig Gramm Shit, drei Koksbriefchen, noch ein Stanniolbriefchen mit Heroin, und in einer Schublade eine Million in bar. Er steckte alles ein, streifte noch ein wenig durchs Haus, spielte ein paar Runden Poker mit ein paar Jungs, die sich für den lieben Gott hielten, in einer Spielhölle jedoch keine Minute überlebt hätten, und als er Giada begegnete, nahm er sie um die Taille und ging mit ihr nach Hause.
– Hast du dich sehr gelangweilt, Libano?
– Ich habe den Künstler kennengelernt!
– Wie hat er auf dich gewirkt?
– Er hat mich zutiefst beeindruckt, Giada.
XVIII.
Ja, der Künstler hatte ihn wirklich zutiefst beeindruckt. So sehr, dass er am nächsten Tag wieder hinging. Ohne Giada, die zu ihrer Mutter hatte laufen müssen, um sie wegen einer ihrer vielen eingebildeten Krankheiten zu trösten. In der Tasche hatte er den Stoff vom Vortag und zwei Röhrchen Koks, die er sich auf Kredit von Puma hatte geben lassen.
Für den Anfang reichte das.
Der Künstler war nervös. Er lief auf und ab, noch wortkarger als sonst, wie ein Gespenst. Die Genossen wollten sich unbedingt hilfsbereit zeigen, aber alle Bemühungen waren umsonst. Dem Künstler ging es nicht gut, der Künstler litt.
Der Künstler war krank. Libanese würde ihn mit viel und guter Medizin heilen.
Libanese wartete, bis er sich in sein Heiligtum beziehungsweise den Vorführraum zurückgezogen hatte, setzte sich neben ihn und bot ihm ein Röhrchen Koks an. Der Künstler seufzte. Libanese nickte. Der Künstler stand auf und ging aus dem Raum. Libanese blieb sitzen. In der Kabine hörte er den Vorführer kichern. Der Künstler kam nach ein paar Minuten zurück, leerte seine Taschen, und ein Haufen Banknoten landete in Libaneses Händen. Drei Millionen auf den ersten Blick. Libanese beschloss, sich großzügig zu zeigen und gab ihm auch noch das zweite Koksröhrchen und das Stanniolbriefchen. Der Künstler sah ihm direkt in die Augen. In seinen Augen blitzte die Dankbarkeit des Häftlings auf, dem der Kerkermeister gerade ein frugales Mal serviert hat. Wenn er könnte, würde er ihm allerdings gerne den Hals umdrehen.
Libanese wurde rot. Und widerwillig musste er den Blick zu Boden senken. Was, ich soll mich genieren? Ist doch dein Bier, wenn du süchtig bist, oder nicht? Was willst du von mir? Urteilst du gar über mich, Herr Maler?
Ein schwarzer Hass, ein bösartiger Hass stieg in ihm auf.
Er ging auf die Terrasse, um ihn mit einem guten Whisky hinunterzuspülen. Er betastete das Geldbündel, das seine Taschen ausbeulte. Geschäfte, nur Geschäfte. Ein erster Schritt, nur ein erster Schritt.
So begann sein Leben als offizieller Lieferant des Künstlers und seiner Entourage. Innerhalb eines Monats hatte er fünfzehn Riesen aufgetrieben. Unter dem Namen Pidocchios, eines Penners, den er mit einer Flasche Wein und einem Zehntausend-Lire-Schein zufriedengestellt hatte, mietete er eine Garage und deponierte dort die Waffen. Er übernahm wieder die „Verwahrung“ für diverse Banden. Weitere eineinhalb Riesen im Monat. Er zog zu Giada. Über Nembo Kid schickte er Pasquale eine Nachricht und bekam postwendend die Antwort: „An einem Abend im Mai.“ Er hatte also noch ein wenig Zeit. Er musste seine Aktivitäten aber erhöhen.
Er ließ ein paar Stücke aus dem Haus des Künstlers mitgehen. Kleinigkeiten, Bronzestatuen, Bilder, die man unter der Jacke verstecken konnte. Agnolotto
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