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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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den Orden, den man mir verliehen hat.«
    »Wieso das?« Der Direktor, seine Reaktion schwankte zwischen Empörung und Angst, wischte sich das Blut aus dem Gesicht.
    »Du mieses Schwein. Bestellst Material, man liefert es dir auch, aber du verschiebst es an einen illegalen Betrieb. Über einen Strohmann hast du ihn gegründet, vergibst Aufträge zu überhöhten Preisen und steckst den Gewinn ein, während deine Leute wegen mangelhafter Ausrüstung in den Stollen krepieren. Dich sollte man ...«
    Der Direktor rappelte sich hoch, er sah blass aus. »Ich werde dich umbringen.«
    »Dazu wirst du keine Gelegenheit mehr haben. Die Arbeiter wissen von deinen Praktiken. Rette deinen Hals, mach ihnen ein Angebot.«

    Alexanders nächste Station war ein Sägewerk im Dreieck der Flüsse Vgyatta und Wiljui. In kurzer Zeit wurde er Spezialist im Einstellen des Sägegatters. Seine Maschine hatte die wenigsten Ausfallzeiten, weil er nicht so hohe Umdrehungen fuhr. Andere Kollegen waren der Auffassung, Plansollerhöhung ginge einher mit schnellerem Gattertempo und höherer Vortriebsgeschwindigkeit des Holzstammes, wodurch allerdings die Zähne schnell stumpf wurden oder abrissen. Beides reduzierte Alexander, und belohnt wurde er mit weit weniger Reparaturen und Standzeiten.
    Nach einigen Wochen hörte er zum ersten Mal vom Bau der Baikal-Amur-Magistrale, der den Experten nach um etliches schwieriger sein sollte als der der 'Franssibirischen Eisenbahn vor mehr als 60 Jahren. Aber noch habe man nicht damit begonnen, zuerst richte man überall Stützpunkte ein und fertige Stichbahnen, um das Material kostengünstig an Ort und Stelle zu transportieren.
    »Meinst du, die suchen Arbeiter?«
    »Bei solchen Projekten suchen die immer Arbeiter. Zwar melden sich auch Tausende von Komsomolzen, macht sich gut, falls man in der Partei nach oben will, aber das sind alles keine Männer.«
    Damit stand für Alexander fest, er würde an dieser Bahn mitbauen und bis dahin im Sägewerk östlich von Mirnyj bleiben oder durch das unendliche Jakutien ziehen.
    Aber er hatte ein Problem. Seinen richtigen Namen durfte er nicht nennen, doch auch den Ausweis von David Delkowitsch nicht weiter benutzen. Er musste aber etwas Amtliches vorweisen können, wenn er sich weiter südlich in einem Staatsbetrieb oder an der BAM bewarb.
    Diskret sprach er einen Arbeitskollegen an, einen gewieften Burschen, der unter der Hand die Schwellen an den Meistbietenden verschob. Das konnte unter Umständen auch ein staatlicher Betrieb sein.
    »Sag mal, Boris, ich brauche deinen Rat«, begann er vertraulich. »Komm, lass uns einen dabei trinken.«
    Sie saßen auf grob zusammengezimmerten Bänken an einem Tisch und kippten den Schnaps runter.
    »Ein Bekannter von mir hat seinen Ausweis verloren. Wo kann er einen neuen bekommen?«
    Boris sah Alexander schräg an. »Auf jeder Behörde, bei jedem Dorf-oder Stadtsowjet. Und bei der Miliz.«
    Alexander nickte, als sei ihm das als Antwort genug. »Aber mein Bekannter möchte einen anderen Namen haben. Verstehst du?«
    Boris verstand. »Was hat er denn ausgefressen?«
    »Och eigentlich nichts. Nur einen anderen Namen.«
    Boris massierte sein stoppeliges Kinn. Provozierend langsam schob er die Mütze aus der Stirn. »Einen anderen Namen, sagst du?«
    »Ja.«
    »Aber echt muss alles aussehen.«
    »Selbstverständlich.«
    Boris bestellte noch mehr Schnaps und dazu ein paar saure Gurken. Die würden den Alkohol neutralisieren, meinte er. »Kannst du das arrangieren?«
    Boris nickte. »Bis wann?«
    »In drei oder vier Wochen. Was will er ausgeben?«
    »Kann nur hundert Rubel zahlen, höchstens zweihundert.«
    »Vollkommen neuer Name oder der eines Toten? Ich kenne da jemanden, der macht beides.«
    Alexander überlegte. »Wie, er macht beides.«
    »Von ihm erhält dein Bekannter einen echten Ausweis, und er erledigt gleich der denjenigen mit, dem der Ausweis gehört.«
    Alexander, obwohl abgebrüht und durch nichts mehr zu erschüttern, erschrak. »Sag nur, der bringt jemand wegen eines Ausweises um.«
    »Nein, wo denkst du hin«, wehrte Boris ab und zwinkerte mit den Augen. »Aber ich frage dich: Was zählt schon einer von uns?« Der untersetzte Mann hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. In seinem Gesicht bemerkte Alexander keine Regung. »Unfall oder so. Das kommt ja immer mal vor, nicht? Und die Leiche verschwindet für immer. Ein echter Ausweis hat ungemeine Vorteile, kann ich dir nur sagen. Du bist überall registriert, man kann

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