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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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Gegner ständig zunimmt, entbrennt ein harter Konkurrenzkampf, und die Wahl der Waffen ist wenig schmeichelhaft. Ich möchte nicht wissen, wie viele schon deswegen umgebracht worden sind.«
    »Natürlich ist das kein typisch sowjetisches Phänomen. Allerdings besteht ein großer Unterschied: Die im Westen haben eine Gesellschaftsform, die dieses Verhalten provoziert und legitimiert. Alles wird dort vom Geld bestimmt, vom Profit, vom Vorteil und von Cleverness. Jeder weiß das, die Spielregeln sind bekannt, man akzeptiert sie. Und was tun wir?« Kämpferisch sah sie ihn an. »Verdammen die Kapitalisten, ihre Praktikern, die unmenschlichen Auswüchse, das dekadente System und werden nicht müde, unseren Sozialismus zu loben. So weit so gut, wenn es ehrlich wäre. Und genau das ist die größte Lüge aller Zeiten. War sind noch viel schlimmer, weil wir die Verfehlungen heimlich begehen, die Vorteile nur einer dünnen Schicht zugute kommen, wir permanent Solidarität heucheln und obendrein unser Volk um seine Ideale betrügen.«
    Alexander fühlte sich an ihre Neu Jahrsdiskussion erinnert. »Larissa, gerade hast du die Erklärung geliefert, warum unsere Führung von einem Ring von Duckmäusern und Jasagern ohne Rückgrat umgeben ist. Und die Konsequenz: Misswirtschaft, Bestechung, Protektion.«
    »Leider hast du Recht. Nicht die Fähigsten sind gefragt, sondern Anbiederer und Heuchler, wie Besmertisch, die dafür sorgen, dass die Macht des Staates, damit also auch ihre eigene, erhalten bleibt. Und keiner der Schwachköpfe merkt, dass er sich dadurch dem System ausliefert.«

    Nikolai überraschte den Jüngeren mit einer seltsamen Einladung: Er möge bitte mit ihn in die Tundra reisen. Allen Fragen, was er denn vorhabe, wich Nikolai aus. Allerdings drängte er Alexander sehr, so dass sie schon am folgenden Tag flogen. Der Pilot setzte sie auf Anweisung von Nikolai an einer Flussgabelung ab, und sie verabredeten sich für vier Tage später am selben Ort.
    Alexander befürchtete, Nikolai könnte den Strapazen nicht gewachsen sein, dem sie wanderten stundenlang umher. Aber Nikolai tat es nicht ohne Ziel oder ohne Grund. Er war auf der Suche, verriet jedoch nicht, wonach.
    Am zweiten Tag wurde er fündig. Auf ein Feld mit abgerundeten Steinen, manche ähnelten vergrabenen Kamelhöckern, steuerte er zu. Die Steine glichen denen, die Alexander auf seiner Flucht nach Salechard bemerkt hatte. Zum Teil waren sie wie seinerzeit in einem für ihn unerklärlichen Muster aus unterschiedlich großen Kreisen angeordnet.
    Immer auf der Schattenseite der Rundlinge hielt Nikolai nach etwas Ausschau. Hier und da zupfte er Stängel einer verblühten Grassorte, die er in einem Beutel verschwinden ließ. Gegen Abend hatte er offenbar genügend zusammen. Sie schlugen ihr Zelt auf, und Nikolai erwärmte Wasser. Gut zehn Minuten kochten die Stängel, anschließend ließ er das Gebräu eine Stunde auf schwacher Flamme ziehen. Zwei Becher füllte er, einen reichte er an Alexander weiter.
    »Was ist das?«
    »Eine Verbindung fürs Leben und darüber hinaus.« »Und wofür ...«
    »Trink«, unterbrach ihn Nikolai.
    Sie stellten die leeren Becher ab, und Nikolai forderte Alexander auf, sich mit ihm ins Zelt zu legen.
    »Vor vielen Jahren entdeckten die Lamuten dieses Kraut der Bruderschaft, das allerdings fast ausschließlich ihren Schamanen vorbehalten blieb. Es wächst, wie du gesehen hast, nur an ganz bestimmten Stellen. Den Nomaden, so wird erzählt, war das seltsame Verhalten der Rentiere aufgefallen, wenn sie davon gefressen hatten. Sie bewegten sich leicht, fast tänzelnd und wiegten immerzu den Kopf, als hörten sie eine unbekannte Melodie. Hörst du sie auch schon?«
    »Nein.«
    »Fühlst du dich leicht?«
    »Nur etwas sonderbar im Kopf, als wäre ich benommen.« »Gut, es beginnt zu wirken.«
    In den kommenden Stunden tat sich Alexander eine Welt auf, wie er sie nur aus seinen Träumen kannte. Obwohl es allmählich dunkel wurde, schleuderte der Himmel Lichtblitze zur Erde. Die Wolken waren nicht weiß oder grau, sondern in unterschiedlichen Farben, die oft ins Violette wechselten. Alexander sah sich über die Tundra laufen, leicht sein Schritt und ledernd. Als er nach unten schaute, bemerkte er, dass er den Boden überhaupt nicht berührte. Er kam an Sträuchern, Birken und Rentieren vorbei. Bei den Ewenken angekommen, legte er sich auf einen Stapel Felle. Er sah Tarike auf sich zukommen und ihn behandeln. Sie begutachtete seinen Fuß mit

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