Der König von Sibirien (German Edition)

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Autoren: Edwin Klein

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deutete auf eine Waldlichtung, die der Pilot ansteuerte. Alexander erkannte eine Hütte, der Helikopter schwebte tiefer, berührte fast die Baumwipfel und versank in einer riesigen Schneewolke auf dem Landeplatz aus Baumstämmen. Während die vier Insassen ihr Gepäck zu der urigen Hütte schleppten, entschwand der Hubschrauber schon wieder.
    In der Blockhütte wartete ein weiterer Jakute, Geriak stellte ihn als Lekke vor, in einem Verschlag nebenan bellte ein Hund. An den Wänden des großen Hauptraumes, grob zusammengenagelte Holzbohlen bildeten den Boden, hingen verschiedene Jagdrequisiten, darunter die frische Decke eines ausgewachsenen Braunbären.
    »Ich habe ihn besiegt«, verkündete Geriak stolz und baute sich vor dem erlegten Tier auf. Im Näher gehen bemerkte Alexander mehrere Löcher im Fell. Aus den Augenwinkeln schielte er auf Geriaks Waffe: eine halbautomatische, zehnschüssige Kalaschnikow, Kaliber 7,62. Die beiden anderen Jakuten benutzten Flinten und selbst gefertigte Messinggeschosse.
    »Was wollen wir jagen?«
    Geriak zuckte mit der Schulter. »Dies und jenes.«
    Bereits in der kommenden Nacht wurden sie durch lautes Bellen geweckt. Die Männer kleideten sich hastig an, tranken heißen Tee, den Lekke zubereitet hatte, und folgten dem wild an der Leine zerrenden Hund.
    Nach wenigen hundert Metern standen sie vor einer Höhle, in die sich ein Bär zum Winterschlaf zurückgezogen hatte. Der Hund verbellte das große Tier, das sein Lager zu verlassen suchte, doch Geriaks Begleiter streckten den Bären mit acht Schüssen nieder. Während die Helfer die Jagdbeute zur Hütte schleiften, wollte Geriak von Alexander wissen, wie man mit einem Mann umgehen solle, der schuld am Tod eines anderen sei. Nein, es handele sich nicht um Mord, sondern um Feigheit und Fahrlässigkeit.
    Was denn die Jakuten für einen solchen Fall vorsähen, fragte Alexander ausweichend, und Geriak schilderte ihm die Lage.
    »Wenn das alles zutrifft, dann müsste der Betreffende nach sowjetischem Recht für mindestens zwei Jahre ins Gefängnis.«
    »Gut, dass du es so siehst, das kommt nämlich unserer Auffassung entgegen. Vorab noch eine andere Frage: Wenn jemand wegen einer Straftat erschossen oder hingerichtet warn, dann verliert er sein Leben und seinen Körper. Zwei Jahre Gefängnis, da verliert er aber nur Zeit.«
    »Und einen Teil seines restlichen Lebern.«
    »Jedoch nichts von seinem Körper.«
    Und als Alexander nichts entgegnete: »Aber wir haben für unser Volk keine Gefängnisse. War haben Schamanen und die Überlieferung, nach der wir handeln. Deshalb mochten wir ihn nicht der sowjetischen Verwaltung aushändigen.«
    In der Hütte angekommen, bot der Jakute ihm einen Selbstgebrannten an, der wie starker Kräuterschnaps schmeckte.
    »Da unser Mann nicht einen Teil seiner restlichen Lebenszeit verliert, möchte ich von dir erfahren: Was entspricht zwei Jahren Gefängnis, auf den Körper umgerechnet.«
    Alexander überlegte. »Ich verstehe dich nicht.«
    »Nun, die Todesstrafe kostet das Leben, den ganzen Körper. Zwei Jahre, was kosten sie?«
    Alexander sah den Jakuten prüfend an. Er wusste inzwischen, dass Geriak stolz auf seine mongolische Herkunft war. Durch das Vermischen seiner Volksgruppe mit den an der Lena ansässigen Rassen, besonders den Giljaken und Keten, hatte sich Geriaks Sippe dem Bärenkult, der Lehre von der Seelenwanderung und den Herren-und Besitzgeistern verschrieben. Der Herr des Lichts und der des Waldes - damit auch der Bär als sein Abgesandter - wurden besonders verehrt. Im Gegensatz dazu jedoch stand das Jagderlebnis vor einigen Stunden und die wenig waidmännische Art, wie man das Tier erlegt hatte.
    Der Jakute unterbrach Alexanders Überlegungen. »Einen Finger, eine Hand, ein Bein? Was meinst du?«
    »Geriak, das kann man so nicht sehen.«
    »Du kannst das so nicht sehen. Wir haben da keine Probleme.« Alexander versuchte eine Antwort zu umgehen.
    »Nun, den Kopf darf es nicht kosten, denn dann wäre er tot.« Alexander nickte.
    »Und ein Finger entspricht auch nicht einem Zeitraum von zwei Jahren, wenn man es auf den ganzen Körper umrechnet.«
    »Mag sein«, meinte Alexander zögernd.
    »Käme eine Hand ungefähr hin?«
    »Aus deinem Blickwinkel betrachtet, möglicherweise.«
    »Mit einer Hand also wärest du einverstanden.«
    Alexander, dem die sonderbare Rechnung nicht behagte, stimmte schließlich zu.
    »Gut. Dann bitte ich dich, im Anschluss an unseren Ausflug zur Verhandlung zu