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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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bezahlte diese mit der heimischen Anthrazitkohle aus Aldan. Mercedes war froh über das Kompensationsgeschäft, das von der Debis International Trading in Berlin abgewickelt wurde, garantierte es doch den Verkauf der Lkw gegen einen Rohstoff weit unter Weltmarktpreis, für den die Gesellschaft bereits einen Abnehmer hatte. Weil Alexander für das Geschäft keine Devisen benötigte, kam von Moskau auf schnellstem Weg die Genehmigung und die Zusage, in ähnlichen Fällen gleichermaßen positiv zu reagieren. Zehn Lkw erhielt der Bund als Vermittlungsprovision.

    Ähnlich wie Alexanders Geschäfte wuchsen, wuchs auch Larissas Bauch. Runder und runder wurde sie, das Baby strampelte wie wild. Deshalb, so scherzte sie, könne es nur ein Junge werden.
    Trotz all seiner Aktivitäten nahm sich Alexander Zeit für seine Familie, Privatlehen und Business entwickelten sich hervorragend. Während er das Geschäft noch kraft der Logik steuern konnte, war er über seinen gefühlsmäßigen Wandel erstaunt.
    In ihm aber schlummerte immer noch der Hass. Eigenständig und mit einem großen Potential versehen, war er konserviert und abrufbereit, und es bedurfte nur eines kleinen Anlasses, um ihn zu aktivieren. Alexander interessierte nicht, ob sein Hass nach so vielen Jahren noch auf Staat und Apparat zurückzuführen war, oder ob es sich schlicht um die Fähigkeit handelte, ein solch extremes Gefühl zu erzeugen. Seine emotionelle Schattenseite duldete allerdings Zuneigung für Larissa und die Menschen um ihn herum. Mit diesem Arrangement konnte er leben.

    Alles hätte gut gehen können, wie so oft in seinem Leben, als ihm wieder einmal ein Ereignis einen Nackenschlag versetzte.
    Zwei Pkw rollten abends vor die Holzvilla, in ihnen saßen insgesamt sechs Männer: drei von der Miliz und drei in Zivil. Man verhaftete ihn, brachte ihn nach Kirensk, und am Tag darauf ging es weiter nach Bratsk, das verwaltungsmäßig zu Irkutsk gehörte. Alexander wurde in eine Zelle gesteckt, ohne dass man ihm mitteilte, wessen man ihn beschuldigte.
    Er war längst nicht mehr der Alexander, der Einzelhaft gewohnt war und dem sie fast nichts ausmachte. Inzwischen gab es Menschen, die auf ihn angewiesen waren, und es gab seine schwangere Frau Larissa. Deshalb kam ihm die Woche so lange vor wie früher ein halbes Jahr. Als er Besmertisch gegenübersaß, ahnte Alexander Schlimmes. Der Dicke, ein siegessicheres Lächeln verzog seine feisten Wangen, schickte die anderen Männer hinaus und legte demonstrativ langsam eine Mappe auf den Tisch. »Ja, so ändern sich die Zeiten«, philosophierte er. »Jetzt bin ich am Drücker.«
    Alexander, besorgt wegen der Entwicklung, antwortete nicht.
    »Es wird dich mehr kosten als zehntausend, mein Lieber.«
    Immer noch schwieg Alexander.
    »Es kostet dich deinen Kopf, Alexander Gautulin.«
    Er kennt meinen richtigen Namen! Alexander spürte die Klammer um seinen Brustkorb und hatte den Eindruck, als sei er nun in ein Eisloch gefallen, so wie damals der Verräter Jakub, den Nikolai nach jakutischem Recht bestraft hatte. Für einige Sekunden war er unfähig, sich zu rühren. Besmertisch registrierte das mit unverhohlener Schadenfreude. Mehrmals setzte Alexander zum Sprechen an. »Seit wann weißt du es?«
    »Seit drei Wochen.«
    »Warum so spät die Verhaftung?«
    »Musste noch einiges arrangieren.«
    »Und wie bist du darauf gekommen?«
    Besmertisch fühlte sich wohl in der Position der Stärke, und das ließ ihn gesprächig werden. »Schon als ich dich zum erstenmal sah, gewann ich den Eindruck, der Kerl hat einiges auf dem Kerbholz. Wolgadeutscher, angeblich schon länger bei Nikolai beschäftigt, der dich vorher aber nie erwähnt hat, dann die schnelle Nachfolge. All das gab mir zu denken. Also sagte ich mir, mache dich schlau. Schließlich will man wissen, mit wem man es zu um hat.«
    Alexander atmete schwer. »Es hat doch nichts auf Gautulin hingedeutet.«
    Besmertischs Gesicht spiegelte seinen Triumph. »Die Einladung. Du und deine spätere Frau. Erinnerst du dich?«
    »Natürlich.«
    »Das Glas Champagner.«
    Alexander griff sich an den Kopf. »Meine Fingerabdrücke. Moskau, KGB.«
    Besmertisch nickte.
    »Wann werde ich nach Moskau gebracht?«
    Besmertisch stand auf und ging hinaus, ohne ein Wort zu sagen. Alexander wurde wieder in seine Zelle geführt. Besuch durfte er nicht empfangen und weder einen Brief schreiben noch telefonieren.
    Wie Tiger im Käfig wanderte er in der Zelle umher. Er rüttelte an den

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