Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
Sie kennenzulernen.“ Sie lächelte. „Meine Augen sind ausgesprochen schlecht. Könnten Sie bitte den Bügel wieder in den Verschluss der Handgranate stecken und das schreckliche Ding sichern?“ Vorsichtig nahm er den Bügel aus ihren Fingern und führte ihn wieder ein. Maria drückte ihm die gesicherte Granate in die Hand und umarmte dann lange und herzlich ihre Enkeltochter. „Meine kleine Zoé“, hörte Parker sie sagen, während er unschlüssig mit der Handgranate in den Händen neben den beiden Frauen stand. Jemand tippte ihm von hinten auf die Schulter. Als er sich umwandte, schaute er in die ernste Miene des alten Mannes mit dem Schrotgewehr, das nun locker in seinem Arm ruhte. „Je suis Paul“, sagte er und streckte ihm die Hand entgegen. Parker ergriff sie und stellte sich ebenfalls vor.
„Kommt, lasst uns ins Haus gehen“, sagte Maria. „Niemand darf wissen, dass wir hier sind.“
Kapitel 41
Parker saß in einem schweren Ledersessel in der weiträumigen Bibliothek, die das erste Obergeschoss des Chateau beherrschte. Obwohl die Sonne noch hoch am Himmel stand, waren die Fensterläden geschlossen. Kaum ein Schimmer drang durch die Ritzen in den Raum. Nur im flackernden Widerschein der brennenden Kerzen vermochte er die Einrichtung zu erkennen. Sein Blick schweifte ziellos über die massiven Wandschränke, die die Wände fast vollständig verdeckten – über vier Meter hoch und gefüllt mit fein säuberlich aufgereihten Büchern aus mehreren Jahrhunderten. Gerne hätte er ein oder zwei Tage auf der Insel verbracht, nur um in den Regalen zu stöbern. Überhaupt brauchten sowohl Zoé als auch er dringend eine Ruhepause. Er fühlte, dass die Anspannung der letzten Tage langsam nachließ. Mit der Entspannung kamen die Schmerzen zurück. Sein Brustkorb fühlte sich mittlerweile an, als ob jemand ein Feuer darauf entzündet hätte, und war blau und rot angelaufen. Jede Faser seines Körpers tat ihm weh, und das düstere Halbdunkel des Raums verstärkte seine bleierne Müdigkeit noch. Er streckte die Beine aus und lehnte sich im Sessel zurück.
„Paul fährt euer Boot in den Schuppen“, sagte Maria, während sie ein Tablett mit drei Porzellantassen und einer Teekanne auf den Bibliothekstisch stellte. „Und danach klettert er wieder auf den Turm, um das Meer nach unliebsamen Gästen abzusuchen. Das macht er mehrmals am Tag. So sind wir halbwegs sicher.“
Zoé hatte allen Tee eingeschenkt und nahm neben ihrer Großmutter auf einem großen Sofa Platz. Verstört blickte sie Maria an. „Vor wem habt ihr Angst, Oma?“
Langsam drehte Maria an dem dreifachen Goldring, den ihr Zoés Großvater geschenkt hatte. „Vor Thalbergs Männern.“ Ihr Gesicht hatte sich auf einmal in Stein verwandelt. „Deshalb haben wir die Fensterläden und die Tür geschlossen, um jedem Besucher den Eindruck zu vermitteln, wir seien geflohen. Mit dir haben wir natürlich nicht gerechnet.“ Sie deutete in den Raum. „Die Bibliothek ist das einzige Zimmer, das wir zurzeit bewohnen. Am Abend verdunkeln wir es vollständig, um hier Licht machen zu können, ohne dass es nach draußen scheint.“
Zoé hatte bereits die dicken Vorhänge und Decken bemerkt, die zusammengefaltet auf dem Boden lagen – offenkundig um nachts vor die Fenster gehängt zu werden. Jetzt fiel ihr auf, dass auch der große Kamin rechts neben dem Sofa nicht brannte, sondern elektrische Heizkörper zwischen den Sesseln für Wärme sorgten.
„In der Nacht halten wir uns im Schloss versteckt.“
Zoé nickte und musste daran denken, wie sie als kleines Mädchen die vielen verborgenen Kammern und Gänge des alten Gemäuers erkundet hatte, in einem ständigen Wechselspiel aus Angst und Neugier.
Und dann hatte Maria wissen wollen, warum Zoé mit Parker auf die Insel gekommen war. „Ihr seid doch nicht zufällig hier.“ Und einer jähen Ahnung folgend hatte sie ungläubig hinzugefügt: „Hat es auch etwas mit Thalberg zu tun?“
Der Name hatte Zoé nichts gesagt, aber sie hatte eine Ahnung. Das Bild des alten Mannes, der sie in Falkenhayns Chalet überrascht hatte, stieg vor ihr auf. „Adlernase, Scheitel und Zigarette?“
Maria nickte besorgt.
„Oma!“ Sie hatte tief Luft geholt. „Dieser Mann ist auch hinter uns her.“
Als Maria ihr daraufhin einen erstaunten Blick zugeworfen hatte, waren die Worte aus Zoé nur so herausgesprudelt. Mit mal ungläubiger und mal erschrockener Miene hörte sich Maria Zoés und Benjamins Erlebnisse an. Als sie
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