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Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)

Titel: Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Weiss
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ausharren sollten.“ Ärgerlich verzog sie das Gesicht. „Thalberg wusste ganz genau, was mir gedroht hätte, wenn ich lebend in die Hände der russischen Soldateska gefallen wäre, aber es hat ihm nichts ausgemacht.“ Sie hielt einen Augenblick inne. „Nur Fritz ist bei dem Gedanken schier verrückt geworden. Aber für ihn galt: Befehl ist Befehl.“ Mit leicht zittrigen Händen nahm sie ihre Teetasse auf und trank mit abwesendem Blick einen winzigen Schluck. „Schon damals hätten wir uns gegen Thalberg auflehnen sollen.“ Wieder kurze Stille. „Doch dann, als Fritz und ich schon völlig verzweifelt waren, geschah das Unerwartete. Thalberg erschien nicht am verabredeten Tag in der Stadt, und auch an den darauffolgenden Tagen nicht. Zugleich wurde die Lage in Königsberg immer prekärer, so dass wir handeln mussten.“ Mit einer energischen Bewegung strich sie ihre Schürze glatt. „Das war meine Chance. Fritz hat mich schließlich gefragt, ob ich ihn anstelle von Thalberg begleite.“
    Zoé glaubte, einen besonderen Glanz in ihren Augen zu sehen. „Das war zwei Tage vor der Abfahrt. Zwei Tage, in denen ich den Herrgott angefleht habe, dass die Russen Thalberg erschossen haben und dass er nie mehr auftauchen würde. Und endlich, in der Nacht zum 24. Januar 1945, sind Fritz und ich raus aus Königsberg, zusammen mit dem Bernsteinzimmer. Eisbrecher hatten den Seeweg nach Pillau wieder geöffnet, so dass unser kleines Schiff dem Frachter Emden durch den Seekanal folgen konnte und schon am Morgen die Ostsee erreicht hat.“ Sie nahm noch einen Schluck Tee zu sich. „Erinnern kann ich mich allerdings nicht mehr daran. Ich dämmerte die ganze Fahrt über halb bewusstlos in der Kajüte des Kapitäns. Fritz hat meine Wunden versorgt und mich gepflegt, bis wir in Schweden ankamen.“ Eine Träne löste sich aus ihrem Augenwinkel und verharrte am Wangenknochen.
    Benjamin warf Zoé einen fragenden Blick zu, wollte Maria aber offensichtlich nicht unterbrechen. Auch sie selbst war verblüfft über die Enthüllungen, die nicht mit Falkenhayns Angaben übereinstimmten. Der Abtransport des Bernsteinzimmers war zwar über das Meer erfolgt, aber gerade nicht im Laderaum der größeren Transporter Pretoria oder Emden, wie die Foch’sche Raubsammlung und die Leichname der Hindenburgs, sondern auf einem kleinen Frachtschiff. Und die Fahrt ging auch nicht nach Deutschland, sondern nach Schweden.
    „Das Bernsteinzimmer ist nicht auf die Pretoria verladen worden?“, fragte sie erstaunt.
    „Nein. Thalberg und Fritz haben Anfang Januar einen Kapitän aufgetan, der über ein kleines Transportschiff verfügte, das auf dem Seekanal eingesetzt wurde. Als Fritz ihm anbot, die notwendigen Papiere zu beschaffen, um Königsberg zu verlassen, hat er uns bereitwillig geholfen – es war auch seine letzte Chance, vor den Russen zu fliehen. Jedenfalls hat er keine Fragen bezüglich der Ladung gestellt.“
    „Und euer Ziel war Schweden? Nicht Deutschland?“
    „Wir fuhren nach Schweden. Thalberg und Fritz haben nächtelang darüber diskutiert, ob das Bernsteinzimmer nicht doch besser direkt nach Bayern oder Thüringen verbracht werden sollte. Aber am Ende erschien es allen als viel zu gefährlich, mit den kostbaren Bernsteintafeln durch das Kriegsinferno zwischen Elbe und Rhein zu reisen.“ Sie schaute Zoé nachsichtig an. „Du kannst dir das nicht vorstellen, mein Kind. Das Deutsche Reich kollabierte damals endgültig. Die Straßen waren verstopft mit Soldaten und Flüchtlingen. Die großen Städte wurden noch immer bombardiert, obwohl die Wehrmacht schon geschlagen war. Und die Tiefflieger machten Jagd auf alles, was sich bewegte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Das Risiko, das Bernsteinzimmer zu verlieren, war viel zu hoch. Das hat selbst Thalberg eingesehen. Deshalb haben wir Kurs auf Schweden genommen, wo Fritz über Gewährsleute ein Versteck für das Bernsteinzimmer gefunden hatte.“ Marias Miene hellte sich auf. „Glücklicherweise war auch ein vertrauenswürdiger Arzt vor Ort, der mich versorgt hat. Ich blieb über ein Jahr in Schweden.“
    Zoé sah zu Benjamin herüber, der ihr einen vielsagenden Blick zuwarf, aber weiterhin schwieg.
    „Wann ist das Bernsteinzimmer denn nach Deutschland gekommen?“
    „Erst viel später, als sich die FHO schon wieder konsolidiert hatte. Das muss im Jahr 1956 gewesen sein …“
    „… in dem Jahr, als der Bundesnachrichtendienst gegründet wurde“, ergänzte Zoé.
    Marias Augenbrauen

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