Der Königsberg-Plan: Thriller (German Edition)
verleiten sollte, den Schutz des Unterholzes zu verlassen und sich auf die offene Fläche hinauszuwagen.
Wir müssen hier weg! Weg von der Wiese, weg von der Hütte und zurück in den Wald. Sofort!
Doch Zoé schien in keiner Weise beunruhigt zu sein. Erhobenen Hauptes rannte sie auf das dunkle Holzhaus zu. „Zoé!“, schrie er, aber die dicke Wollmütze über ihren Ohren schluckte jeden Laut. Er lief, so schnell er konnte, um sie einzuholen, und der Abstand zwischen ihnen verringerte sich jetzt deutlich. Noch zwei, drei Meter, dann hatte er sie.
Er konnte sie fast am Arm packen, als ein Schuss durch die Stille der Berge peitschte.
Zoé ging im gleichen Augenblick zu Boden, und auch er landete hart auf dem vereisten Schnee. „Zoé?“, rief er und robbte in ihre Richtung. Sein Blick wanderte von rechts nach links, ohne den Schützen ausmachen zu können. Zoé schien in eine Schneemulde gefallen zu sein. Nur noch die Umrisse ihrer blauen Jacke waren zu sehen. „Zoé!“, rief er nochmals.
„ iQue cabrón! “ Sie hob ihren Kopf. „Dieser Dreckskerl! Warum schießt der auf uns?“
„Lassen Sie den Kopf unten!“
Wütend blickte sie sich um und wollte sich erheben, doch da war er schon bei ihr und riss sie herunter. Sein Herz schlug fast bis zum Hals, aber er war erleichtert, sie unverletzt in den Armen zu halten. Fieberhaft spielte er ihre Fluchtmöglichkeiten durch, die allesamt hoffnungslos waren. Die Senke bot ihnen keinen Schutz gegen den heimtückischen Schützen, der irgendwo im Verborgenen lauerte. Parker blickte sich um. In jeder Richtung lagen ungefähr hundert Meter Almwiese – ohne jede Deckung. Ein Fluchtversuch war völlig aussichtslos. „Sprechen Sie mit ihm“, flüsterte er Zoé zu. „Aber halten Sie den Kopf unten!“
Sie nickte und holte tief Luft. „Ich bin es, Zoé Velázquez!“ Ihre Stimme hallte über das Gelände, dann herrschte wieder Stille. „Hören Sie mich? Wir waren verabredet! Ich komme aus Berlin!“ Ihre Augenbrauen bildeten ein zorniges V, als sie den Kopf hob. „Verdammt noch mal! Zeigen Sie sich endlich!“
Als Antwort hallte eine tiefe Stimme über die offene Fläche. „Sie haben sich nicht an die Abmachung gehalten!“
Parker schaute Zoé an. „Was meint er damit?“
Sie errötete leicht und erwiderte zerknirscht seinen fragenden Blick. „Ich musste unserem Phantom hoch und heilig versprechen, dass ich niemandem etwas von seiner Existenz verrate und allein zum Treffen komme.“ Mit der rechten Hand wischte sie Schnee vom Jackenärmel. „Ich wollte Sie nicht noch weiter beunruhigen, deshalb habe ich Ihnen nichts davon erzählt.“
Sei lagen dicht beieinander, und er spürte die Wärme, die von ihrem Körper ausging. Sie schaute ihn mit großen Augen an und seufzte. „Ich hätte nie gedacht, dass wir in so eine Situation geraten. Bitte glauben Sie mir. Ich wollte Sie nicht gefährden. Es tut mir leid, es war ein Fehler.“
Parker nahm aus den Augenwinkeln eine Veränderung an der Hütte wahr. Er drehte den Kopf in die Richtung, und Zoé folgte seinem Blick. Beide erstarrten. „Ein ziemlich großer Fehler, fürchte ich“, raunte er.
Vor dem Gebüsch, das sich links an das Haus anschloss, stand nun ein Mann in einem grünen Militärmantel. Seine Füße steckten in braunen Lederstiefeln. In der rechten Hand hielt er lässig ein Gewehr, dessen Lauf eindeutig auf sie gerichtet war. Das Gesicht war durch eine schwarze Wollmütze verdeckt, in der sich zwei ausgefranste Augenschlitze befanden. Langsam setzte sich der Bewaffnete in Bewegung. „Hinknien und Hände hinter den Kopf!“
Parker half Zoé auf. Kniend und mit erhobenen Armen schauten sie gebannt auf den näher kommenden Mann. Ungefähr fünf Meter vor ihnen blieb er stehen.
„Wer ist das?“ Mit dem Lauf der Büchse zielte er direkt auf Parkers Kopf.
„Mein Name ist Benjamin Parker …“
„Seien Sie still, verdammt! Nur das Mädchen soll reden!“ Der Lauf wanderte zu Zoé. „Na los!“
„Professor Parker hat mir geholfen hierherzukommen. Er ist auf unserer Seite. Sie können ihm vertrauen.“ Die letzten Worte hatte sie mit viel Gefühl betont, und nun blickte sie mit erwartungsvoller Miene dem Mann ins maskierte Gesicht.
„Lügnerin!“, schrie der. „Zum zweiten Mal schon lügen Sie mich an! Erst die Anwältin und jetzt dieser Professor. Es war abgemacht, dass Sie niemandem von mir erzählen. Niemandem!“ Wild fuchtelte er mit dem Gewehr vor ihnen herum.
Zoé klappte der Kiefer
Weitere Kostenlose Bücher