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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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mehr geputzt worden.
    Im Verlies war es dämmrig. An den Wänden brannten nur wenige Fackeln, und durch die winzigen Fenster ganz oben in Deckennähe drang kaum Tageslicht. Es roch nach abgestandener Luft, Ruß und angebranntem Getreidebrei. Irgendwo stöhnte jemand, doch die Stimme war Vela fremd. Gänsehaut überzog ihre Arme, und misstrauisch huschte ihr Blick in die dunklen Ecken. Hier wollte sicher niemand freiwillig bleiben.
    An einem durch ein blau gestrichenes Gitter abgedeckten Loch blieb der Mann stehen. Er deutete mit dem Daumen in die Dunkelheit unter dem Gitter, das ringsum mit vier massiven Schlössern gesichert war. Ein Schloss für jede Himmelsrichtung.
    »Na, willst du mal einen Blick in unser bestes Zimmer werfen? Der reinste Salon.« Er lachte wieder.
    Vorsichtig trat Vela an den Rand des Lochs. Es war kaum etwas zu erkennen, es musste wohl mehrere Meter in die Tiefe gehen.Von allein konnte jedenfalls niemand heraufklettern. Kein Tageslicht drang dort hinunter, der Boden schien nur grob
aus dem Felsen gehauen zu sein, und weder Bett noch Pritsche waren auch nur zu erahnen. Aber die Zelle schien leer zu sein.
    »Die ist für Hexen. Damit sie nicht auf dumme Ideen kommen, während sie hier sind. Die Dunkelheit und die Enge machen die Leute komisch im Kopf, da können sie sich nicht auf ihre Zaubersprüche konzentrieren. So einfach ist das. Schlau ausgedacht, was?«
    Vela konnte sich nicht vorstellen, dass irgendwer dort unten auch nur eine Woche aushielt, ohne verrückt zu werden.
    Der Mann zuckte mit den Schultern. »Aber es ist sowieso schon ewig her, dass da mal eine dringesessen hat. Sind schlau, diese Hexen, und halten sich von Marinth fern. Sie wissen ja, was ihnen hier blüht. Jetzt gibt’s hier nur noch das übliche Gesindel.«
    Sie sah auf und merkte, wie der Mann sie beobachtete. Die Bemerkung machte sie wütend. Als ob ihr Vater Gesindel wäre! Aber sie ballte nur stumm die Fäuste und reckte das Kinn. »Kann ich jetzt meinen Vater sehen?«
    »Von mir aus.«
    Er führte sie weiter den Gang entlang, hinter der nächsten Biegung stand ein weiterer Wächter, dem er kurz zunickte. Der Wächter besaß derart versteinerte Züge, dass sein Gesicht fast grau wirkte, obwohl es mit Sommersprossen übersät war und eine rote Narbe über seine linke Wange verlief. Er nickte Velas Begleiter kurz zu und nahm ihr dann schweigend den Hammer ab. Er deutete zu einer Zelle, die sich am Ende des Gangs befand, während sich die Palastwache neben ihn stellte und von den Tumulten erzählte, die oben im Schloss vor sich gingen. Dabei ließ der Mann immer wieder sein unfreundliches Lachen hören.
    Als Vela vor den schwarz verschmierten Gittern stand, konnte sie zunächst nichts erkennen, so dunkel war es in der fensterlosen
Zelle. Doch dann gewöhnten sich ihre Augen an die Finsternis, und sie erblickte ihren Vater, der auf einer schmalen Pritsche lag. Er hatte einen Arm über die Augen gelegt und ein graues Hemd an, wohl weil seines zerrissen war.
    »Paps«, rief sie leise, und dann noch einmal.
    Erst da bemerkte er, dass ihn jemand rief. Es dauerte einen Moment, bis er sie erkannte. Langsam erhob er sich und kam auf sie zu. Als er vor ihr stand, die Hände an die Gitterstäbe geklammert, kam er ihr kleiner vor, als sie ihn in Erinnerung hatte. Er sah müde aus und irgendwie genauso verblichen wie das grobe, weite Hemd, das sie ihm angezogen hatten.
    Sie hob die Arme und legte ihre Hände auf seine, die noch immer die Stäbe umfassten, und eine Weile sprachen sie nicht, sahen sich nur an, und Vela überlegte, was sie sagen könnte, um ihn aufzumuntern. Sicher nicht, dass Tom ihr nicht geholfen hatte, das konnte sie später immer noch berichten.
    Schließlich versuchte sie es mit: »Es geht mir gut, mach dir um mich keine Sorgen.«
    »Das ist gut«, antwortete er und schwieg wieder. Seine matten Augen ruhten auf ihr, doch Vela hatte das Gefühl, sie blickten ins Nichts. Sie sah sich nach dem Wächter um, der teilnahmslos einen Fleck von seinem Brustpanzer wischte, während der Mann, der sie hergebracht hatte, weiter auf ihn einredete.
    »Geht es dir auch gut?«, fragte sie, und ihr Vater nickte langsam. »Brauchst du irgendetwas? Vielleicht kann ich den Kanzler bitten, es dir zu bringen.«
    »Den Kanzler, pah!«, stieß er aus und schien zum ersten Mal aus seiner Lethargie zu erwachen. »Der ist so hilfsbereit wie eine Brunnenfigur aus Roststein. Lächelt ununterbrochen, aber rührt keinen Finger!«

    Nervös

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