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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Selbst nachts gab es immer irgendwelche Geräusche - die Schritte des Nachtwächters, das Grölen der Betrunkenen oder das Schnarchen eines Gastes. Zwischen den Mauern der Stadt und auf der belebten Straße bis zum Gasthof hinaus kannte er sich aus, er wusste, dass der Boden fest und eben war, wo die Jugendbanden lauerten und vor welchen Gesellen man sich in Acht nehmen musste. Er wusste auch, wann der Bäcker seine Abfälle hinters Haus warf, in denen ab und zu noch ein halber Brotlaib lag, der eigentlich noch ganz gut war. Aber hier war alles neu für ihn, und es war gleichzeitig aufregend und beunruhigend.
    Einmal kamen sie an einer Silberbuche vorbei, deren Stamm so dick war, dass sie ihn zu dritt mit ausgestreckten Armen nicht
halb umfassen konnten. Das Unterholz war überall dicht, und Äste, Nadeln und auch altes Laub lag auf dem Boden, auch auf ihrem Pfad. Er war nicht gepflegt, aber begehbar, nur manchmal musste Urs mit seinem Schwert einen allzu sperrigen Ast abhacken.
    Cephei sah ein paar Insekten, sogar einen Käfer von der Größe seines Daumens, doch kaum andere Tiere. Nur das Zwitschern der Vögel hörten sie, und ab und zu ein Rascheln im Laub der Bäume und im Unterholz. Fast immer bewegte sich das Rascheln von ihnen weg, Tiere auf der Flucht, keine Jäger, die sich anschlichen. Bald war ihm das Rascheln vertraut, und Cephei griff nicht mehr jedes Mal nach seinem Dolch.
    Der Weg führte sie in Schlangenlinien, jedoch stetig nach Süden, wenn Urs sein Richtungssinn nicht trog. Es gab kaum Erhebungen, nur manchmal mussten sie ein paar Schritte steigen, um dann wieder nach unten zu laufen. Abwechselnd suchten ihre Blicke in den Baumwipfeln nach Nestern großer Vögel, aber sie sahen nichts.
    In einer Kuhle neben drei geraden hohen Bäumen mit großen gezackten Blättern und rauer Rinde, die Urs nicht benennen konnte, hatte sich besonders viel Laub angesammelt. Es ging Urs fast bis ans Knie, als er mit seinen kurzen Beinen hindurchstapfte, und knirschte unter seinem schweren Tritt. Mit einem vorsichtigen Schritt folgte Vela ihm, dann tat sie zwei Sprünge voran, um möglichst schnell wieder auf festem Boden zu stehen, aber irgendwo musste sie hängen geblieben sein, denn mit einem dünnen Schrei stürzte sie.
    Und dann ging alles ganz schnell.
    Etwas bewegte sich im Laub, zwischen den Ästen. Blitzschnell schoss es auf Vela zu. Cephei riss seinen Dolch heraus und sprang
ohne nachzudenken zu ihr. Vela stützte sich auf die Hände, um aufzustehen, doch etwas hielt sie fest. Keine Schlange, sondern Finger, Finger aus Holz und totem Laub.
    Die Blätter und Ästchen formten sich zu einem langen, dünnen Arm, viel länger als der eines großen Mannes. Die Äste an den Fingern hatten spitze Dornen und drangen durch die Haut, als sie Velas Bein umklammerten. Die Erde knirschte, sie riss zwischen den Wurzeln des Baums auf. Ein riesiger Mund mit mahlenden Zähnen aus grauen Steinen.
    Vela schrie und wand sich im Griff des Arms, Cephei schrie ebenfalls und hackte nach dem Arm, um ihr zu helfen, aber er streifte ihn nur, glitt an ihm ab und traf Velas zappelndes Bein. Es fing an zu bluten, und Vela schrie lauter, während Cephei starr stehen blieb. Irgendwas bewegte sich zwischen seinen Füßen, schabte über die Haut unter der hochgerutschten Hose. Und plötzlich war Urs da.
    Er hackte nach dem Arm aus pflanzlichem Abfall, hatte beide Hände am Schwertgriff und schlug mit aller Kraft. Der Arm wurde auseinandergerissen, aber das Laub und die Äste raschelten wieder, sie bewegten sich und versuchten sich neu zu formieren. Dicker diesmal und mit einer gigantischen Faust.
    »Lauf, Cephei!«, schrie Urs und packte sich Vela unter den linken Arm. Mit dem Schwert hieb er weiter auf den neuen Arm ein, aber der wurde dicker und größer, und Urs konnte ihn kaum beschädigen, so fest er auch zuschlug.Cephei sprang aus der Kuhle heraus, rannte den nächsten Abhang hoch und drehte sich erst nach zwanzig langen Schritten um. Urs war auf halben Weg zu ihm, er trug Vela noch immer, doch er kämpfte nicht mehr. Eine vielfingrige Faust, die größer war als er selbst, hing drohend in der Luft, raste hinab und prallte dann auf den Boden.
Weit hinter dem fliehenden Bären, doch so fest, dass selbst der Boden unter Cephei noch bebte.
    Bei ihm angekommen, ließ Urs Vela herunter. Schwer atmend setzte er sie ab und holte einen Verband aus seinem Rucksack. Dann säuberte er die Wunde mit Wasser und verband sie.
    »Das sieht nicht so tief

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