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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Koch
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Winterland focht ich ganze fünf Wochen!«
    »Fünf Wochen? Respekt, mein Herr, Respekt.«
    Schon ließen sie wieder die Schwerter auf den anderen niedersausen.
    »Fünf Wochen? Wahnsinn.« Auch Cephei war tief beeindruckt.
    Vela hingegen baute sich vor ihm auf und schrie: »Wahnsinn? Ja, das ist wahnsinnig!« Dann griff sie sich ihren Rucksack und machte drei Schritte in Richtung Stadt.
    Cephei sah sie an, wie sie mit vorgeschobener Unterlippe dastand und bereit war, allein weiterzuziehen, um ihren Vater zu retten. Er war mitgekommen, um Urs’ Knappe zu werden, aber jetzt brauchte Vela seine Hilfe wohl nötiger, und ein Ritter musste immer den Schwachen helfen. Natürlich war er kein Ritter und auch einen halben Kopf kleiner als Vela, doch wenigstens konnte er mit dem Dolch umgehen. Allein hätte sie keine Chance. Und wie sagte Urs immer? Man musste kein Ritter sein, um sich ritterlich zu verhalten.
    So gern Cephei Geschichten von ehrenvollen Rittern hörte, in den Gassen der Königsstadt hätte sich niemand wie Urs und Herr Solbert verhalten. Vela wollte ihr Leben für ihren Vater
riskieren, und das erschien ihm mit einem Mal viel ehrenhafter, als er ihr in das trotzige Gesicht sah. Sie hatte ihn oft von oben herab behandelt, wie eine ältere Schwester, doch jetzt lag in ihren Augen keine Arroganz, sondern nur die Hoffnung, er würde sie begleiten.
    »In Ordnung«, brummte er und griff sich sein Gepäck. »Es geht weiter.« Ein paar Schritte mussten sie wieder nach Sanjorkh hinein, um unter die Brücke zu gelangen. Noch einmal blieben Vela und er stehen und drehten sich zu den Kämpfenden um.
    »Wir werden jetzt gehen, Urs, auch ohne dich, wir haben einfach keine Zeit für so etwas. Wenn du uns begleiten willst, dann komm jetzt!«
    »Gleich, gleich«, rief Urs und parierte einen Hieb, aber es war klar, dass es keinen Sinn hatte, auf ihn zu warten. Er war zu vertieft in das Duell, wollte sich unbedingt dem Ritter stellen, und was sie ihm zuriefen, spielte keine Rolle.
    »Und dafür habe ich auch noch bezahlt«, sagte Vela wütend und ging weiter.
    Mit gesenktem Kopf folgte Cephei ihr. Urs würde sie schon finden, wenn er hier fertig war. Hoffentlich noch rechtzeitig.
    Allmählich wurden die Kampfgeräusche hinter ihnen leiser. Cephei schritt mit gezogenem Dolch voran in die Düsternis. Nichts war zu sehen, kein Laut zu hören. Leise setzten sie Fuß vor Fuß, aber alle Vorsicht war überflüssig. Sie erreichten das Ende der Brücke, ohne irgendeinem Lebewesen zu begegnen.
    So leise wie möglich kletterten sie unter die Brücke, dann liefen sie unter ihr wieder in Richtung Stadtrand. Sie überquerten zwei verschüttete Straßen und eine schwarze Fläche mit rostigen Gestängen dazwischen und einer dreckig grünen Bank aus einem glatten Material, das Cephei nicht kannte. Sie
hörten Schwerter auf Schilde schlagen, immer lauter, stolperten über eine letzte Straße und aus der Finsternis der grauen Wolke hinaus.
    Bald waren sie unter Urs und Herrn Solbert, die weiter stur aufeinander einschlugen. Sie kraxelten eine Aufschüttung aus Erde und grauen Steinen empor und hatten Sanjorkh endgültig verlassen. Draußen dämmerte es bereits, doch dieses Dämmern war viel freundlicher als die Dunkelheit in Sanjorkh.
    Eine ganze Weile liefen sie noch, immer wieder sah sich Cephei um, aber Urs folgte ihnen nicht, und Vela lief auch nicht langsamer, um auf ihn zu warten. Wahrscheinlich war sie noch wütend auf ihn. Aber auch Cephei war es recht, wenn sie so viel Abstand wie möglich zwischen sich und die verfluchte Ruinenstadt brachten.
    Als die Nacht hereinbrach, suchten sie sich ein großes Gebüsch, unter dem sie ihre Liegestatt aufbauten. Feuer machten sie an diesem Abend nicht, und während sie auf mageren Wurzeln herumkauten, hing das Schweigen schwer zwischen ihnen. Urs fehlte ihnen schon jetzt, nicht nur seine Stärke, auch seine Geschichten. Die Nacht schien auf einmal bedrohlicher als zuvor.
    Vela drehte sich auf ihrem Lager unruhig hin und her, bis Cephei ausrief: »Jetzt lieg doch endlich still!«
    Einen Moment blieb sie regungslos liegen, dann seufzte sie. »Ich wollte noch sagen … na ja, du weißt schon. Danke. Dafür, dass du mitgekommen bist.«
    »Schon gut«, brummte er verlegen. Er wünschte sich nur, dass Urs noch immer bei ihnen wäre.
    Vela zappelte wieder.
    »Was ist denn nur mit dir los? Ich kann ja verstehen, dass dir
Urs fehlt, aber du treibst mich noch in den Wahnsinn. Wenn du zappelst wie ein Fisch,

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