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Der Koffer

Der Koffer

Titel: Der Koffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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ist schon alle.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, fragt Ezekiel.
    »Kleiner Unfall«, sagt Sonnie.
    »Du auch?«, fragt Ezekiel zu Chola gewandt und betrachtet mitleidig ihren Mund.
    »Ich hol’ ma neuen Booze«, sagt Chola.
    Sie steht auf. Sie bewegt sich gen Grocery Store. Mit Hut. Im Kleid. Auf Stöckelschuhen. Leicht schwankend.Sonnie und Ezekiel sehen ihr nach. Ezekiel setzt sich neben Sonnie und legt den Arm um ihre Schulter. Sie fängt sofort an zu weinen.
    »Hey, Angel«, sagt er. »Nee, sag mir ruhig, wer das gemacht hat. Ich verdresch den.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Das Veilchen steht dir aber gut«, sagt Ezekiel. »Und der Kopfverband sieht richtig verwegen aus.«
    Er drückt ihre Wange gegen seine stachelige, stinkende.
    »Ist doch herrlich, so ein Abend im Park«, sagt er.
    Sonnie versucht ein Lächeln. Der Bruder, den sie nie hatte.
    »Lass mal«, sagt sie. »Erzähl was. Irgendwas. Ich hab heut Geburtstag.«
    »Hey, Glückwunsch! Irgendwas … irgendwas, okay … Weißt du, dass es gar kein Apfel war? In der Bibel? Da steht nämlich nur Frucht. Adam gibt Eva eine Frucht.«
    »Hast du was zu rauchen?«
    »Ja, klar, ich bin ein Rastamann, Angel. Hab immer was zu rauchen.«
    Ezekiel baut einen Joint.
    Mit schmutzigen Pranken.
    Einen Riesenjoint, groß und schief wie der Turm von Pisa.
    »Erst vor fünfhundert Jahren ist der Apfel in Bibelübersetzungen aufgetaucht. Vielleicht war es ja auch eine Kiwi.«
    Sonnie zieht heftig am Joint. Er steigt ihr wie Lachgas ins Hirn.
    »Oder ein Kohlrabi«, sagt sie leise und sieht denGroßvater und sieht Rhett. Ob es ein Sohn ist, mit dem sie schwanger ist? Ob er nach ihrem Großvater kommt? Nach ihrem Vater? Nach Rhett?
    »Oder eine Backpflaume.«
    Ezekiel lacht. Sonnie lacht.
    »Eine Frucht vom Backpflaumenbaum der Erkenntnis«, sagt Sonnie.
    Lustig, denkt sie. Ich rauche. Ich saufe. Ich bin schwanger. Wie lustig!
    »Hast du mal geliebt, Ezekiel?«
    »Geliebt, hä? Auch. Auch geliebt, ja. Unglücklich geliebt, jaja. Wer nicht? Man kann sagen, es war kein Apfel und keine Kiwi und keine Melone. Eher ’ne Handgranate.«
    Das Hasch reizt Sonnie wieder zum Lachen. Ezekiel lacht gutmütig mit und schüttelt seine grauen Rastazöpfe, in denen Herbstlaub hängt.
    »Frauen«, sagt er. »Furchtbar und wunderbar.«
    »Das Gleiche gilt für euch«, sagt Sonnie. »Kannst du dich noch an den besten Sex erinnern, den du hattest?«
    »Klar«, sagt Ezekiel, »da kommt er.«
    Beide Köpfe wenden sich nach links
    »Na, ihr Kiffer«, ruft Chola und schwenkt drei neue Sixpacks und eine Hand voll brauner Papptüten.
    Sonnie ist entgeistert. »Ihr hattet mal was?«
    »Na und?«, sagt Chola, »wir hatten ja auch mal was.«
    »Ach, ihr hattet mal was?«, fragt Ezekiel und grinst breit. Zu Sonnie gewandt: »Warum hatten wir eigentlich nichts?«
    »Was nicht ist, kann ja noch werden«, sagt Sonnie. Nassforsch. Bekifft.
    »Gib mal ’n Zug«, sagt Chola und greift nach dem Joint.
    Aus dem Nichts setzt ein Hagelschauer ein.
    »Scheiße«, sagt Chola und springt auf.
    »Wir müssen uns unterstellen«, sagt Sonnie.
    »Ihr mit euren verwöhnten Köpfchen«, sagt Ezekiel und zeigt auf die öffentliche Toilette, die einen Vorbau hat, unter dem bereits einige Penner Schutz gefunden haben.
    Chola wirft ihren Mantel über Sonnies und ihren Kopf. Sie greifen die Sixpacks und rennen zum Dach. Ezekiel begrüßt die anderen Penner mit Händeringen, Faustkick und Schulterschlag. Lässig.
    »Ich war auch bei einer Wahrsagerin«, sagt Sonnie, die Penner im Blick, zu Chola.
    »Echt?«
    »Na, hast du doch selbst empfohlen! Wegen dem Koffer.«
    »Und?«
    »War gruselig. Eine richtige Hexe. Sie hat den Koffer haben wollen. Es war wie, als hätte sie auf ihn gewartet. Als hätte sie auf mich gewartet. Sie hat ihn eingetauscht. Gegen meinen.«
    »Deinen?«
    »Ich hab auch einen Koffer gehabt. Den hab ich in New York verloren. Bei einer Zwangsräumung. Und sie hatte den. Alle herrenlosen Koffer landen bei ihr. Sie hatte hunderte von Koffern, die Leute verloren haben.« »Gibt’s ja nich«, sagt Chola. »Wahnsinn. Aufregend! Bei dir iss ja ganz schön was los! Was iss’n drin im Koffer?«
    »Sachen aus meiner Kindheit. Erinnerungen. Nicht wirklich wertvoll, aber … weißt schon, wertvoll.«
    »Der gute alte ideelle.«
    »Genau. Leider hab ich ihn gleich wieder verloren.«
    »Was? Wo denn?«
    »In Harlem. Vielleicht auf der Straße. Oder in diesem Rumba-Schuppen. Oder bei dem Schwarzen, mit dem ich Sex

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