Der Kofferträger (German Edition)
sich und traf selbst seinen Retter am Kopf. Die Gelegenheit war günstig, den Waffenhändler endgültig aus dem Verkehr zu ziehen. Er könnte ihn absaufen lassen. Schütz versetzte dem Kämpfenden einen Faustschlag ans Kinn. Kampfunfähig ließ sich der Mann jetzt retten. Ihr Ruderboot trieb einige Meter weiter hinter ihnen. Es war noch nicht einmal gekentert, wie ein Blatt Papier tanzte es auf den Wellen. Mit kräftigen Beinschlägen trieb sich Schütz hinter ihm her. Als er es erwischte, hielt er sich mit einer Hand am Bootsrand fest. Schweiger war inzwischen aus seiner kurzen Ohnmacht erwacht. In panischer Angst hielt er sich selber am Rand fest. Schütz rief ihm gegen das Jaulen des Windes zu, er wolle zur anderen Seite schwimmen, um ein Gleichgewicht zu bekommen. Die aufgerissenen Augen verrieten ihm Todesnot.
Schon bald tauchte ein Rettungsschiff auf. Zwei Männer versuchten mühevoll, den tropfnassen Nichtschwimmer in das kleine Motorboot zu hieven. Schütz schob ihn verzweifelt gegen das Rettungsschiff. Als sie es endlich geschafft hatten, warfen sie eine Decke um den Geretteten. Blankes Entsetzen zeichnete ihn im Gesicht. Schweiger glich in seiner Decke und mit dem Entsetzen im Gesicht einer alten Squaw.
Ein Matrosenanzug, etwas zu klein aber trocken, wurde Jürgen Schütz übergezogen. Schweiger hockte ihm auf einer Bank gegenüber. Zitternd wie ein kleines Kaninchen. Mit einem „Hoho“, bedachter er dennoch den durchtrainierten Körper seines Ruderers. Das Hemd klebte an dem Sportsmann wie der Body an einer schönen Frau. Wegen einer Prellung am Hinterkopf transportierte die Rettungsmannschaft den Geschäftsmann in ein Krankenhaus.
Schütz konnte es noch immer nicht fassen, als er das kleine Büchlein aus seiner durchnässten Jackentasche angelte. Vorsichtig, wie ein Schatzkästlein trocknete er es an seinem engen Hemd und steckte es in seine Hosentasche. Kaum an Land kehrte er in sein Hotel.
Zurück . In seinem Zimmer widmete er sich eingehend dem in Leder gebundenen Kalender. Im Badezimmer blies er mit dem Haartrockner heiße Luft in die Blätter. Vorsichtig löste er sie voneinander. Einige der mit Tinte eingetragenen Notizen waren vollständig verlaufen. Sie ließen keinen Schluss auf die wirkliche Botschaft zu. Die meisten Tagebuchseiten des gläubigen Kapitalisten waren erhalten geblieben. An dem Hotel eigenen Kopierer lichtete Schütz sorgfältig Seite für Seite der Bestechungsbibel ab. Dann kehrte er in sein Zimmer zurück. Bevor er den in Leder gebundenen und durchgetrockneten Terminkalender schloss, entnahm er seiner Brieftasche einen Kreditkarten großen, flachen Spiegel. Ihn heftete er mit einem Klebstreifen an ein blaues Band, das Schweiger als Lesezeichen diente. Nach einer halben Stunde war er am Krankenbett des Patienten. Der Dicke lachte schon wieder und zog bedauernd seine Schultern hoch, als er seinen Retter entdeckte. Er lobte ihn überschwänglich mit Tränen in den Augen. Seine Treue zu seinem Schützling war damit ins Unermessliche gewachsen. Das hatte schon Winnetou gelehrt. Noch hatte er seinen Terminplaner nicht vermisst. Als ihm der junge Freund den Lederband mit den Worten „Den habe ich aus dem Wasser gefischt“ aushändigte, kannte die Dankbarkeit des Händlers keine Grenzen mehr.
„Ohne diesen Planer haben viele meiner strategischen Zukunftspläne keinen Sinn mehr“, meinte er.
Schütz scherzte „Ich habe ihn noch vor Ihnen gerettet“, und fügte hinzu, „weil er meinen Weg kreuzte. Im Hotel habe ich ihn etwas mit Heißluft angeblasen. Sie sehen, er hat sich ganz gut gehalten. An ihre Lesezeichen habe ich einen dünnen flachen Spiegel geheftet. Sie können sich darin ab und zu selber betrachten. Manchmal ist die Vergewisserung angebracht, ob sie es noch selber sind, der da seine Geschäfte betreibt. Ich kann ihn aber wieder herausnehmen, wenn Ihnen das zu albern ist.“
Beide lachten über die Bemerkung. Schweiger nahm das Büchlein noch einmal genauer in die Hand und betrachtete sich in dem Spiegel. Dann nickte er und zeigte sich mit dem kleinen Geschenk einverstanden.
„Lächerlich das Ganze“, Schweiger konnte sich über sein Missgeschick nicht beruhigen. „Ich betrachte es als Warnung von oben. Wissen Sie, über manche Dinge schweigt man besser. Unabhängig davon, was Sie über die Firma Intercom wissen, sollte ich mich an meinen Treueschwur halten und nicht darüber reden.“
Peng, das war es, ärgerte sich Schütz. Ich war so nahe daran.
„Zumal
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