Der Kofferträger (German Edition)
keinerlei Einfluss auf die Entscheidungen in Berlin.“
„Einfluss hin und her“, zeigte Alberta seinen ungezügelten Zorn auf alles, das ihm nicht sofort zu Füßen lag, „ich weiß doch, warum ihr diese seltsamen Erbgeschichten mit einer Armee toter Bürger macht. Ihr braucht mich. Ich kann das Ganze blockieren und hochgehen lassen. Das ist mein Einfluss. Halten Sie ihre Hände raus.“
„Ich nehme Ihnen nichts weg. Ich denke eher, wir beide zusammen haben mehr Chancen. Wir sollten Partner sein.“
„Partner heißt teilen und teilen kommt nicht infrage.“
Atom wusste, dass sein Gegenüber bestechlich war.
„Partner heißt auch, zwei Leute schaffen den Erfolg herbei. Mit meinen Kontakten in Berlin wird die Angelegenheit erst richtig zum Laufen kommen.“
Nur mit Mühe konnte ihn Atom vor einigen unüberlegten Schritten bewahren. Der ungehobelte Mensch hockte in einem Sessel, als würde er jeden Moment aufspringen und ihm an die Gurgel gehen. Seine unbeherrschte Natur stellte eine ernsthafte Gefahr dar. Strahlen bestätigte ihm, niemand in Berlin wolle die alten Renten, die immer noch aus Deutschland an die dritte und vierte Generation gezahlt würden, streichen. Erst nach gutem Zureden sah Alberta den richtigen Weg ein und griff zu. Von nun an waren sie Partner. Er würde für seine weitreichenden Kenntnisse fürstlich entlohnt, beruhigte ihn der Deutsche. Er hätte keine Probleme mit Berlin, dennoch könnte er über genügend Geld verfügen. Albertas eilfertige Zustimmung bewies seine Dummheit. Durch diesen Umstand verschaffte sich Strahlen Luft zum überlegten Vorgehen. Der Glatzkopf erhob sich bald, sie verabredeten ein neues Gespräch. Als er aufstand, wechselte Maria in die Küche.
„Lassen Sie die Finger von der“, ermahnte Alberta seinen neuen Partner. „Die gehört mir“, dann verschluckte ihn die Stille der Nacht.
„Ein widerlicher Mensch“, ekelte sich Maria, als sie nach seinem Fortgang aus der Küche zurückkam. „Ich kann ihm noch nicht einmal die Hand geben.“
Alberta öffnete Atom von nun an willfährig alle Verbindungstüren und glättete mögliche Hürden. Der BND-Mann stand voll in den Diensten der herrschenden Partei in Deutschland und in seinen eigenen. Er wollte das Wissen seines glatzköpfigen Geschäftspartners so lange wie möglich nutzen. Aber auch nicht länger als unbedingt erforderlich dachte er. Die Lösung könnte er sich schon jetzt ausdenken. Selbst mit den Kumpanen, die meist nur Saufkumpel waren, verstand sich Atom bestens. Sie schätzen ihn als einen Compagnero. Nur noch, wenn Maria ihren Hausgast freundlich anlächelte oder den Alberta selbst in die Schranken wies, ließ dieser Halunke auch Atom gegenüber seiner Wut freien Lauf. Unzweideutig dachte er daran, Maria eines Tages samt Estancia zu übernehmen. Er plante stets, ohne sich Gedanken über die Absicht der Gegenseite zu machen. Das erwies sich als seine größte Schwäche. Was den Wettbewerb um Maria anbelangte, sah er in seinem Partner mit Recht einen Konkurrenten. Es konnte nicht ausbleiben, dass sich Maria und Atom schon allein wegen ihrer Lebensgemeinschaft unter dem gleichen Dach näherkamen.
So genoss der Geheimdienstler aus Deutschland das neue Leben zwischen Estancia und weiten Grasflächen. Ein sorgloses Dasein, unauffindbar für die hässlichen Steuerwölfe. Wo immer er sich aufhielt, der Duft der Frau umschwebte seine Sinne. Seine Umgebung in München war schon nach wenigen Tagen nichts anderes als ein verblassender Traum am neuen Lebensmorgen. Seine Vermutung, dass ihm die Steuerfahndung auf den Fersen war, bestätigte sich, wie er aus Berlin vernahm. Grund genug, sich versteckt zu halten, ohne sich zu Hause zu melden. Täglich lenkten ihn ausgedehnte Ritte über das weite Gebiet der Estancia. Er war kein geübter Reiter, Maria hatte ihm aber die notwendigen Grundbegriffe beigebracht und führte ihn jeden Tag ein bisschen mehr in diese Kunst ein. Auf Pferden groß geworden, zeigten sich selbst die Kinder als behände Lehrmeister und mit ihnen gemeinsam erforschte er die nahe Umgebung. Nach solchen schönen Ausritten kehrte er stets freudig erregt zurück, und die Kinder erzählten von ihren gemeinsamen Abenteuern. Maria hörte fasziniert zu, mit welcher Begeisterung ihre Rangen von ihrem neuen Freund berichteten. Sie lächelte. Ein Mann gehörte in dieses Haus. Ein Mann, der von den Kindern angenommen wurde, löste mehrere Probleme. Für sie galt: Sicherheit und Schutz im eigenen Haus
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