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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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hinter den Bäumen wie in einem Nebel verblasst und untergetaucht.
    Nur kurz konnte er mit seiner Vertrauten , Corinna darüber sprechen. Trotz aller Aussagen der Abhörsicherheit seines Handys glaubte er nicht mehr an die Sicherheit dieser Telefonverbindung. Die gleichen Entwickler, die dieses Gerät auf den Markt gebracht hatten, könnten längst von entsprechenden Stellen gekauft und zu Gegenentwicklungen gebracht worden sein. Seine Möglichkeiten wurden enger, seine Sohlen heiß. Darin hatte Karlheinz recht. Noch einmal versuchte Schütz sein Glück.
    Könnte er noch in Ruhe weiterforschen , oder stünden seine Signale schon auf Stop?

35 Heulende Sirenen
     
     
     
    Ihn beunruhigte die Frage, was diese neue Aktion bringen würde.
    Die letzten Kilometer von Müllrose über den Schifffahrtskanal und der Landstraße nach Kaisermühl legte er im Taxi zurück. Sein Auto hatte er in der Kaufhausgarage in Müllrose zurückgelassen. Niemand sollte ihn an seinem komfortablen Wagen wieder erkennen können. Von Kaisermühl lief Jürgen Schütz zwei Kilometer zu Fuß nach Nordosten, bis er auf der einzigen Zufahrtstraße das Werk ‚ Happy Hour ‘ in der Ferne blinken sah. Es war später Nachmittag, bald würden die vielen Menschen ihre Arbeit beendet haben und das ruhige Wochenende daheim anstreben. Am Wegesrand, unter einer Schatten spendenden Buche hockte er sich in das Gras und wartete. Schon bald nach der Feierabendsirene kamen die ersten PKW des Weges. Nur auf gute Mittelklassewagen mit polnischem Kennzeichen hatte er sich konzentriert. Vielleicht ein Abteilungs- oder Hauptabteilungsleiter würde dieses Auto fahren. Einer von ihnen hielt tatsächlich an und Jürgen fragte ihn, ob er ihn mit nach Polen nehmen könnte.
    Der Fahrer fragte noch nicht einmal, wo er herkäme.
    „Können Sie mich mitnehmen bis nach ‚Rybocice‘ oder direkt nach ‚Kunice‘, dort möchte ich einen Freund von mir besuchen.“ Es waren nur etwa achtzehn Kilometer bis zur erst genannten Stadt, wo der Mann zu Hause war. Er gab sich sehr schweigsam, dachte wohl an seinen kleinen Garten, an dessen Pflege er sich am Wochenende machen wollte.
    „Darf ich ?“ Jürgen hielt ihm deutlich die Schachtel ‚ Happy Hour ‘ unter die Nase, „möchten sie auch eine?“
    Mit kritischem Blick betrachtete der Fahrer zuerst die Schachtel, dann seinen Fahrgast.
    „Wenn es ihnen nichts ausmacht, bitte ich Sie, in diesem Auto nicht zu rauchen.“
    Jürgen steckte die Schachtel weg. „Was haben Sie gegen das Rauchen, mir schmeckt sie gut?“
    „Nun, ich rauche überhaupt nicht“, meinte der Pole in bestem Deutsch. „Ich denke aber, sie wissen warum?“ Er war kurz angebunden, als wäre ihm das ganze Thema zuwider.
    „Na ja“, bestätigte Jürgen, „ich arbeite in der Zentrale des Unternehmens in Mannheim. Ich kenne mich schon aus. Aber wissen Sie, ich bin ein wenig süchtig nach dieser Zigarette. Es tut mir leid, dass ich das gestehen muss.“
    „Schade für S ie. Das ganze Rauchen sollte verboten werden. Obwohl ich hier arbeite, finde ich das nicht in Ordnung. Ich bin dabei, mir einen neuen Job zu suchen. Ich habe Gott sei Dank nie geraucht. Aber glauben Sie mir, es gibt schon genug Leute, die ..., ach was, warum erzähle ich Ihnen das alles? Das wissen Sie besser als ich.“
    Er machte eine lange Pause und starrte mürrisch auf die Straße.
    „Ich wohne in Rybocice, direkt hinter der Grenze, dort lass ich Sie raus.“
    „Gibt es dort einen Gasthof mit Fremdenzimmer und Telefon“, fragte Schütz.
    „Genau dort werde ich sie aussteigen lassen.“
    „Ich werde meinen Freund von dort anrufen. Er kann mich ja abholen.“
    In dem Gasthof mit dem deutschen Namen ‚Hirsch‘ stieg er ab und belegte ein Zimmer. Einen Freund hatte er nicht anzurufen. Er wollte hier Leute kennenlernen. Schon früh am Abend aß er in dem Restaurant und nahm sich vor, bis zum Schließen zu bleiben. Vielleicht traf er auf irgendjemanden, der in dem Werk in Deutschland arbeitete und ihn seinem Ziel näher bringen könnte. Alles war Spekulation.
    Er setzte sich in die Schankstube an einen kleinen Tisch. Genüsslich leckte er sich über die Lippen, als er den ersten Schluck von dem Bier getrunken hatte. Die vom vielen Sitzen verbogenen Schultern streckte er kräftig durch, bis sie knackten. Murmelnde Stimmen der Besucher hüllten ihn in Träume. Er hatte Zeit, vielleicht viel Zeit.
    Als gegen 23 Uhr die Tür aufging, erschrak er. Sein freundlicher Fahrer betrat das Lokal.

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