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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Tschauder
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Unterhaltung wollte so gar nicht zu den vermeintlichen Gründen für ihren Besuch passen. Gerade das schien ihm das Gefährliche daran zu sein. Er nahm sich vor, noch mehr auf der Hut zu sein und nicht auf ihre Reize herein zu fallen.
    „Was wollen Sie dann hier von mir in einem Treffen, das eher konspirativ als normal anzusehen ist? Oder wollen Sie sich mit mir über Kunst unterhalten, vielleicht über die italienische Renaissance? Da muss ich allerdings gestehen, bin ich Ihnen sicher weit unterlegen. Ich weiß nicht mehr, als dass die Renaissance längst vorüber ist.“
    „Obwohl Ihnen ein wenig Bildung nicht schaden könnte, habe ich weiß Gott nicht das Interesse, mit ihnen über die Renaissance zu sprechen. Auch wenn ihre PCD als auch die Partei meiner Vorgesetzten immer wieder den Versuch macht, eine Renaissance zu kreieren. Allerdings nur im politischen Sinn. Noch nicht einmal im künstlerisch und schon lange nicht im moralischen Sinn.“
    „Gut dann sagen Sie mir einfach, was Sie hier wollen, damit wir endlich darüber reden können.“
    „Wenn Sie wollen, kann ich ja auch gehen“, sie sprang wütend auf. Die letzten Worte waren bereits von einer Schwäche in der Stimme gekennzeichnet, die ihr auch die ersten Tränen aus den Augen drückte. „Glauben Sie ja nicht, ich weine wegen Ihnen“, beschimpfte sie ihn zornig. „Wenn überhaupt, weine ich wegen meiner eigenen Schwäche.“
    „Warum auch sonst?“ entfuhr es ihm und Schütz merkte den kalten Sarkasmus in seiner Aussage.
    Sie riss ihren Mantel vom Kleiderhaken, warf ihn sich über die Schulter und rannte zur Tür.
    „Für den Job bei der Partito Christiano Generale sind Sie nicht im Geringsten geeignet“, rief er hinter ihr her.
    „Warum das denn nicht?“ Sie wandte sich wütend um und schrie ihn an. „Ihr Parteibonzen seid das Schrecklichste, das man sich auf Erden vorstellen kann. Das sage ich Ihnen, auch wenn es mich meinen Job kosten kann.“
    Er hatte ihren G-Punkt getroffen, wie sein Freund Mario die Situation jetzt analysieren würde. Mario deutete alle Aktionen und Reaktionen in sexuelle Begriffe um. Er war ein unverbesserlicher Freudianer, der längst überholten Weisheiten des ersten Psychoanalytikers.
    „Nun beruhigen Sie sich aber und setzten Sie sich wieder“, meinte er versöhnlich.
    „Gut“, Frau Malpesi machte langsam kehrt und setzte sich im Mantel in den Sessel. „Eins zu eins“, das ist eine bessere Grundlage für unser Gespräch.
    „Was heißt das, eins zu eins?“
    „Nun, wir haben uns nichts mehr gegenseitig vorzuwerfen, auch nicht, was die Kritik an den jeweiligen Politikern betrifft.“
    Achtung, Schütz, dass du n icht auf ihr Spiel hereinfällst“, forderte er sich in Gedanken zum wiederholten Male auf.
    „Basta“, rief sie.
    „Gut, dann legen Sie Ihren Mantel wieder ab. Ich kann nicht zusehen, wie Sie sich in der Hitze da herumquälen.“
    Das Gespräch nahm nach der Gewitterreinigung einen entspannten Verlauf an.
    „Wissen Sie, Herr Schütz, ich habe Sie bei dem Gespräch heute Mittag nicht nur gedolmetscht. Ich habe Sie beobachtet. Ihre Reaktion hat mich besonders interessiert.“
    „So, und wie habe ich reagiert?“
    „Ich meinte entdeckt zu haben, wie widerwärtig Ihnen eine Zusammenarbeit mit mafiotischen Kreisen ist.“
    „Es kommt für mich nicht infrage. Ich denke, ich habe es deutlich genug betont. Aber ich glaube nicht, dass wir es hier mit der Mafia zu tun haben. Die PCG ist doch wohl alles andere als eine Mafiosipartei“, warf er seinen Köder aus, um ihr Verhältnis zu ihren eigenen Arbeitgebern auszuloten.
    „Hm“, bemerkte sie. Sein Köder hatte sein Ziel verfehlt.
    „Wenn Parteien im supranationalen Sinn zusammenarbeiten, sollten sie alles dafür tun, die Geschäfte legal und moralisch laufen zu lassen“, fing er den abgerissenen Gesprächsfaden mühselig wieder auf. Gleichzeitig platzte er in ein lautes Lachen aus. Es war nicht, weil er das für lächerlich hielt. Es war allein deswegen, weil gerade jetzt die gegenteilige Show im europäischen Theater abgezogen wurde. Frau Malpesi stimmte in sein Lachen ein. Sie hatte seine Argumente und das Lachen wohl verstanden.
    „Nicht nur die Mafia und die christlich demokratischen Parteien sind zwei Pole, die sich offenkundig abstoßen sollten. Mir fällt in dem ganzen Geschäft noch der Gegensatz zwischen den italienischen und den deutschen Einstellungen auf. Wie das alles zusammengehen soll, wird mir wohl ein Rätsel bleiben“,

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