Der Kofferträger (German Edition)
Zukunftsängste wurden von der Gegenwart überholt.
„Es genügte den Herren in den Nadelstreifen nicht, die Gewinne einzuheimsen, Millionen von Abhängigen zu schaffen. Sie finden es in ihrer eigenen Art lustig, die Abhängigkeit mit wieder einer neuen Droge zu bekämpfen, auf dass noch mehr eigene chemische Produkte einen riesigen Markt finden.“
Corinna Malpesi war stehen geblieben. Sie schaute ungläubig auf ihren Weggefährten.
„Gegen die süchtig machende ‚ Happy Hour ‘ bringen sie jetzt das Medikament ‚Nicoclean‘ auf den Markt. Eine Droge, die sich bald gut verkaufen lässt.“
Corinna war geschockt. „Das ist doch geradewegs verbrecherisch“, entrüstete sie sich.
„Das ist der Untergang der Menschen. Das große Geld hat die Verantwortungslosigkeit gekauft.“
An einer hohen Kastanie lehnte sich Corinna Malpesi an und schaute in den Himmel hinauf, als suchte sie dort oben eine Lösung.
„Leider muss ich mich mit meiner Recherche hier unten auf der Erde mit betrügerischen Fakten auseinandersetzen“, kommentierte er ihren Blick in die Luft. „Ich wiederhole noch einmal kurz die Stufen:
‚ Happy Hour ‘ mit einer eingeimpften Droge, Nicoclean, später vielleicht gar noch ein Gegenmedikament gegen die Nebenwirkungen von Nicoclean. Dazwischen Unsummen von Schmiergeldern, um den Karren des Kartells problemlos laufen zu lassen.“
„Das hört sich alles zu einfach an“, bemerkte sie verstört.
„Ja, das ist es“, bestätigte er. „Es geht aber schon weiter. Die Politik lässt sich Entscheidungen abkaufen, die Wirtschaft kauft aktiv ab. Wir stehen erst am Anfang dieses Karussells.“
„Gibt es Anzeichen dafür, dass es so weitergeht?“
„Mehr als genug. Letztlich hat man Gesetze geschaffen, um sie mit Sondergenehmigungen zu umgehen.“ Sie saßen längst wieder in dem kleinen Appartement. „Sonst gibt es ja nicht die Notwendigkeit, sie zu umgehen. Die Sondergenehmigungen aber lässt man sich handfest mit sauber geprüften, echten Banknoten bezahlen. Verdeckt natürlich.“
„Wer sind die Profiteure außer den kleineren Grafen und Kreisfürsten in der Partei?“, wollte sie wissen.
“Eine ganze Gattung der Cashprofiteure hat sich da herangebildet, quasi eine neue Berufsgruppe, die es sonst gar nicht gegeben hätte. Eine Logenbruderschaft des grünen Grases vom Regierungschef über die Vorstände der größten Firmen, der Banken bis zu den Intendanten und Geschäftsführern von Rundfunk und Fernsehanstalten. Alles mit Rang und Einfluss ist dabei. Schließlich müssen Berater, Experten, Kontaktfiguren, Geheimdienstler, Kofferträger“, dabei grinste er, „Steuerberater, Treuhänder, Anderkontenführer, Verwalter von Scheinfirmen, Stiftungen, Kassenführer, Medienstrategen und wer sonst noch alles her. Es existiert dadurch eine neue Gesellschaft von ethischen Zwergen, die allerdings in den höchsten Kreisen des Kapitals verkehrt.“
„Das ist schwindelerregend.“
Jürgen lachte.
„Eine gute Wortwahl. Der Schwindel ist erregend, und mit all diesen Typen haben wir es zu tun.“
„Sie könnten aufhören und etwas anderes machen“, beinahe mit kindlichem Blick schaute sie ihn an.“
Schütz lachte. „Ihre Anwandlungen sind zu sprunghaft. In Wahrheit glauben Sie selber nicht daran. Wie kann ich aufhören, wie können Sie aufhören?“
„Sie und ich, wir machen uns strafbar. Wir müssen die Sache der Staatsanwaltschaft übergeben und die Fahndung nach den Betrügern der Polizei überlassen.“
Dafür hatte er nur ein leichtes Grinsen übrig, hatte wirklich keine Lust, das alles noch einmal zu begründen.
„Ich tue das alles nur, um an die Beweise heranzukommen und damit keine Beweise vernichtet werden.“
„Gibt es noch keine Beweise?“, fragte sie ungläubig.
„Wenn ich das richtig beurteile, bisher nur gegen mich.“
„Was tun Sie jetzt, wie kann ich dabei helfen?“
„Sammeln, sammeln, sammeln. Ich hoffe, wir kommen zusammen schneller zum Ziel.“
Er vermute noch mehr Bestechungsskandale, die er noch nicht beweisen könnte. Er schilderte sein Abenteuer in der Unterwelt von Berlin. Von den Nachrichten über die Hausdurchsuchung im Kanzleramt, die ihn im Hotel überrascht hätten, sogar von dem letzten Gespräch mit dem Kanzler über die propagandistische Behandlung der BSE-Krise.
„Das Erzählen wird bald kein Ende nehmen, je mehr wir nachforschen werden. Wir müssen handeln, in Kontakt bleiben.“
„Was halten sie davon, wenn wir irgendwo etwas
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