Der Kofferträger (German Edition)
irgendeinem Grund hab ich den beiden Presidente gefallen. Ich weiß nicht warum.“
Schütz grinste und schaute sie von unten bis oben herausfordernd an.
„Wirklich nicht?“
„Ich kann mir vorstellen, was Sie meinen. Das muss es aber nicht sein“, warf sie mit einer ärgerlichen Handbewegung sein Ansinnen fort. „Selbst Italiener sind manchmal anders. Ich glaube eher, dass sie einfach Vertrauen zu mir hatten. Nach dem Motto, wir werden der kleinen Prinzessin schon die Welt zeigen, bis sie keinen anderen Weg kennt. Aber lassen sie mich fortfahren. Zumindest führten die beiden ‚Presidente‘ ein langes Gespräch mit H. B.“
Sie schwieg, holte die Schachtel „ Happy Hour “ heraus, griff sich eine Zigarette und betrachtete sie. Schütz beobachtete ihre Handbewegung amüsiert. Er wollte gerade bemerken, rauchen sei hier doch nicht erwünscht, als sie die Zigarette wieder in die Schachtel zurück stopfte und sie in ihre Handtasche steckte.
„Frau Malpesi, woher stammt das Geld, das die PCG mir mit auf den Weg geben will?“
Gemütlich war sie in ihren Sessel gerutscht, wirkte kleiner und zierlicher, als sie war, zögerte einen Moment.
„Ich werde Ihnen sagen, was ich weiß.“ Sie schwieg, von ihm kam nicht das leiseste Kopfnicken. Sie schwieg weiter und schaute ihn an. Er könnte sich stundenlang an diesen schönen Augen erfreuen. Sie wich nicht einen Millimeter zurück, nicht einmal ein Augenzwinkern war zu bemerken.
„Welches Machospiel betreiben Sie hier, Herr Schütz? Glauben Sie im Ernst, ich gebe Ihnen meine Geheimnisse Preis? Sie legen sich zurück und genießen ihr überlegenes männliches Dasein?“, wiederholte sie ruhig aber mit Eiseskälte in der Stimme.
Die Attacke saß. Unmittelbar reagierte er.
„Es ist nicht einfach über solch schwierige Dinge zu sprechen“, stotterte er verlegen.
„Vergeuden Sie meine Zeit nicht. Wenn Sie keine Hoden haben, dann spielen Sie nicht mit dem heißen Feuer einer Frau.“
In dem Moment wurde ihr bewusst, wie missverständlich er den Spruch aufnehmen könnte, und korrigierte sich. „Ich meine das ausschließlich bezogen auf Ihr Gehabe in der Finanzaffäre.“
Schütz grinste , „natürlich“, sagte er.
„ Tauschen wir uns aus, ja oder nein?“, stellte sie erneut die Frage.
Er nickte.
„Ja oder nein“, fragte sie lauter.
„Ja, natürlich.“
„Gut hören wir mit dem dusseligen Hin- und Hergetue auf.“
Sie wischte mit einer Handbewegung all die kleinen vergangenen, gegenseitigen Attacken fort und befand sich mitten in ihren Analysen.
„Vorgesehen ist in Europa eine Machtverschiebung, zugunsten der bürgerlich Rechten, in Italien der PCG. Den Mafiosi sind sie angenehmer, als damals im Zwanzigsten Jahrhundert. Mir ist der Einblick in die Kontenführung versagt, doch kann ich die Reisebewegungen meiner Herren verfolgen. Da war manch eine Reise nach Sizilien dabei. Andererseits kamen Besucher aus Mailand, aus Venedig und Florenz, die mit politischen Parteien nichts zu tun hatten. Ich bekam auch ein Telefonat mit. Einer der Paten sprach davon, er würde zehn Millionen Mark an Berlin weiterleiten.“
Er pfiff leise durch die Zähne.
„Können Sie sich an den genauen Wortlaut erinnern?“
„Genau war es so: Ich würde gern zehn Millionen Mark an Berlin weiterleiten, oder so ähnlich.“
„Sagen Sie diesen Satz noch einmal, bitte. Versuchen Sie, sich genau zu erinnern.“
Sie schaute ihn ärgerlich an. „Ja, so genau war es. Er sagte: Ich würde gerne zehn ...“
„Sagte er wirklich ‚gerne‘,“ fragte Schütz.
„Ja, er sagte das Wort. Ich kann mich genau daran erinnern, weil ich den Begriff in diesem Zusammenhang seltsam fand.“
„Genau, das ist es auch, Frau Malpesi.“
Durch das offen stehende Fenster fiel ein kleiner Sonnenschein auf sein Gesicht. In seinen Augen glänzte es verräterisch. Eine Erkenntnis hatte ihm den Blick eines Siegers verliehen. Die Gedanken von Jürgen Schütz griffen weit über das hinaus, was sie bisher besprochen hatten. Sein kleines Geheimnis behielt er für sich und stellte sachlich die nächste Frage.
„Haben Sie aufgeschrieben, wann das war, wer das gesagt hat?“
„Nein, noch habe ich nichts dergleichen unternommen.“
„Dann wird es Zeit“, nachdem er sich den inneren Ruck zur Zusammenarbeit gegeben hatte, übernahm Schütz die Führung, als gäbe er sich selbst die Befehle zu weiterem Tun.
„Ja, ich werde alle Details notieren, was gehört dazu?“
„Stellen Sie sich vor,
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