Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Hillerman
Vom Netzwerk:
berechtigt, den Mann zu vernehmen. Wie hieß er noch gleich wieder?«
    »Bisti«, antwortete Chee. »Roosevelt Bisti.«
    »Richtig«, sagte Janet. »Er war krank, soweit ich mich erinnere. Und ich weiß noch, wie der FBI-Agent dich am Telefon angewiesen hat, die Finger von Bisti zu lassen. Stimmt's? Wie willst du mich also überlistet haben, Schlaukopf?«
    »Als du telefonieren gegangen bist, hast du Bisti mitgenommen, aber seinen Beutel vergessen.«
    Jane dachte darüber nach. Dann kam sie kopfschüttelnd auf ihn zu.
    »Du hast seine Sachen durchsucht!« sagte sie vorwurfsvoll. »Darauf willst du hinaus, stimmt's? Das nenne ich nicht überlisten. Das nenne ich betrügen! «
    Sie gingen weiter. Chee grinste noch immer. Obwohl seine Hand und die Brandwunden am Oberkörper schmerzten, genoß er es, mit Janet zusammen zu sein. Er war glücklich.
    »Nach welchen Regeln?« fragte er jetzt. »Du als Anwältin mußt dich an die Regeln der biligaana halten. Aber du hast vergessen, mich zu fragen, welche Regeln für mich gelten.«
    Janet lachte. »Okay, Jim«, sagte sie. »Jedenfalls habe ich den alten Bisti aus dem Gefängnis und deinen unfairen Krallen befreit.«
    »Der Job hat dir gefallen, stimmt's? Die Arbeit draußen in der Big Rez, meine ich. Willst du nicht wieder dort anfangen? Der Personalmangel ist inzwischen eher noch größer geworden. Ich möchte wetten, daß du deinen alten Job jederzeit wiederkriegen könntest.«
    »Ich fange da an, wo ich aufgehört habe.«
    »Bei der DNA?« fragte Chee freudig überrascht. Die Dine-beiina Nahiilna be Agaditahe der Navajos war eine Rechtshilfeorganisation für Stammesangehörige, die sich keinen Anwalt leisten konnten. Auf diese Weise würde er viel mit Janet zu tun haben.
    »Der Job ist ganz ähnlich, aber nicht bei der DNA«, antwortete sie. »Als Angestellte des Justizministeriums arbeite ich für den Federal Public Defender hier in Albuquerque. Ich gehöre zu den Pflichtverteidigern für Kriminalfälle, für die Bundesrecht gilt.«
    »Oh«, sagte Chee. Seine Auffassungsgabe verhalf ihm zu zwei Schlußfolgerungen. Als Navajo und dienstjüngste Pflichtverteidigerin würde Janet den Auftrag erhalten haben, Ashie Pinto zu vertreten. Aus dieser Schlußfolgerung ergab sich sofort eine zweite, die ihm den Morgen verdarb. Janet Pete war gekommen, um mit Jim Chee zu reden - aber als Officer, nicht als Freund.
    »Ich hab' hier studiert, weißt du«, murmelte Chee, um seine Enttäuschung irgendwie zu überspielen.
    Sie überquerten den im Schatten riesiger Platanen liegenden zentralen Platz mit seinem Klinkerpflaster. Eine Gruppe jugendlicher Skateboarder donnerte an ihnen vorbei. Janet warf Chee einen prüfenden Blick zu, als wundere sie sich über den Themawechsel - und das vorausgegangene plötzliche Schweigen.
    »Nach vier Jahren fühlt man sich auf dem Campus allmählich wie zu Hause«, meinte sie.
    »Bei mir sind's sieben gewesen«, sagte Chee. »Man studiert ein paar Semester, hat dann kein Geld mehr und macht weiter, sobald man welches verdient hat. So geht's hier den meisten, glaube ich. Ungefähr sieben Jahre bis zum Abschluß. Aber wie zu Hause bin ich mir hier nie vorgekommen.«
    »Das ist in Stanford anders gewesen«, stellte Janet fest. »Dort hatten die Leute entweder Geld oder großzügige Stipendien. Man hat auf dem Campus gelebt und Freundschaften geschlossen. Der Zusammenhalt war enger, nehme ich an.« Sie sah ihn mit prüfendem Blick an. »Was ist los?«
    »Nichts. Alles in bester Ordnung.«
    »Deine Stimmung hat sich verändert. Vor die Sonne hat sich eine Wolke geschoben.«
    »Ich würde dich gern etwas Berufliches fragen«, sagte Chee. »Oh?« fragte Janet erstaunt.
    »Du verteidigst Ashie Pinto, stimmt's?« Das kam barscher heraus, als er beabsichtigt hatte.
    Sie kamen am Studentenbüro vorbei, ohne daß seine Frage beantwortet worden wäre, und gingen auf den Natursteinbrunnen zu. Chee erinnerte sich an die Geschichte, die man sich auf dem Campus erzählte: daß der Universitätsarchitekt, als ihm das Geld für die geplante Skulptur ausgegangen war, sich aus Steinbrüchen rohe Marmorblöcke zusammengeschnorrt und daraus etwas geformt hatte, das an Stonehenge, Felsendome oder andere Phantasiegebilde des Betrachters erinnerte. Die Skulptur verfehlte fast nie ihre Wirkung auf Chee.
    »Ich habe dich abgeholt, weil ich dich mag«, stellte Janet fest. »Wärst du nicht zufällig mein Freund, hätte ich dich als den Beamten aufgesucht, der Pinto festgenommen hat -

Weitere Kostenlose Bücher