Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
Vom Netzwerk:
hielt es für das Beste, meine Mission mit einer tatsächlichen Erledigung zu verbinden, falls jemand auf die Idee kommen sollte, nach meinem Verbleib zu fragen. So begebe ich mich nun ein Stockwerk tiefer in die Materialverwaltung und bitte den Mann hinter dem Schreibtisch, dass der Papiervorrat im Büro des Kommandanten aufgefüllt wird. Falls er sich wundert, warum ich dafür persönlich vorbeikomme, lässt er sich das zumindest nicht anmerken. Vielmehr nimmt er den ausgefüllten Bestellbogen entgegen und sagt weiter nichts. Das ist das Eigenartige bei den Deutschen, überlege ich auf meinem Rückweg. Hitler könnte persönlich vorbeikommen, um sich einen Radiergummi zu holen, und niemand würde sich daran stören, solange er das richtige Formular vorlegt.
    Ich gehe die Treppe wieder hinauf und biege nach links ab, um zu Kirchs Büro zu gelangen. Als ich näher komme, sehe ich mich unauffällig um, damit ich Gewissheit habe, dass mich niemand beobachtet.
    Die Sekretärin ist weg, wie ich feststelle, als ich einen Blick durch die Glasscheibe in der Tür werfe. Jetzt kann ich nur hoffen, dass sie ihren Friseurtermin wahrnimmt und nicht schon nach kurzer Zeit zurückkehrt. Ich öffne die Tür und trete ein. Mit einer Hand taste ich die Unterseite des Schreibtischs ab, und wie von Alek beschrieben, ist dort mit Klebeband ein Schlüssel festgemacht worden. Da ich fürchte, jemand könnte mich durch die Glasscheibe sehen, nehme ich den Schlüssel schnell an mich, öffne die Tür zu Kirchs Büro und ziehe mich in den Raum zurück.
    Dort sehe ich mich in aller Eile um. Kirch steht in der Rangordnung weit unter dem Kommandanten, und das zeigt sich auch an seinem Büro. Er verfügt nicht über ein zusätzliches Vorzimmer, und der Raum ist höchstens ein Drittel so groß wie der des Kommandanten. Die Fenster bieten keinen atemberaubenden Ausblick. Ein großer Metalltresor nimmt die ganze rechte Ecke des Büros für sich ein. Ich gehe hin und sage im Flüsterton die auswendig gelernte Zahlenfolge auf: 74-39-19. Vor dem Tresor knie ich mich hin, dann drehe ich mit zitternden Händen das Kombinationsschloss nach rechts, nach links und wieder nach rechts. Gebannt halte ich den Atem an und ziehe. Nichts geschieht. Kalter Schweiß tritt mir auf die Stirn. Die Kombination muss geändert worden sein, ich kann den Tresor nicht öffnen. Versuch es noch einmal, fordert mich eine ruhige Stimme auf, die nicht meine eigene sein kann. Langsam drehe ich das Schloss noch einmal und achte peinlich genau darauf, dass die richtige Zahl eingestellt ist.
Bitte
, schicke ich ein Stoßgebet zum Himmel, und ziehe. Diesmal geht die Tür auf.
    Im Tresor liegen drei Stapel mit Blanko-Passierscheinen. Jeweils aus der Mitte des Stapels ein paar nehmen, hat Alek gesagt. Ich nehme den ersten Stapel an mich und ziehe zwei Scheine heraus. Gerade will ich den Stapel zurücklegen, da höre ich ein Geräusch aus dem Korridor. Ich zucke zusammen, stoße mit dem Arm gegen die Tresortür, und im nächsten Moment rutschen mir die Scheine aus der Hand. Mir stockt der Atem, als ich sehe, wie sie sich vor mir auf dem Boden verteilen. Hastig sammele ich sie auf und versuche mit zitternden Händen, sie in die Reihenfolge ihrer Nummerierung zu bringen. Aber das dauert zu lange, denn jeden Augenblick könnte die Sekretärin zurückkommen. Die letzten noch auf dem Boden liegenden Scheine packe ich kurzentschlossen unter den Stapel und kann nur hoffen, dass niemand etwas bemerken wird. Ich sehe zu den beiden anderen Stapeln, bei denen ich mich auch aus der Mitte bedienen sollte. Aber ich nehme jeweils nur den obersten Schein. Das muss genügen.
    Leise schließe ich den Tresor und drehe das Kombinationsschloss zurück in die ursprüngliche Position. Ich stehe auf und will zur Tür gehen, doch auf halber Strecke halte ich inne. In meiner Eile hätte ich fast vergessen, meinen eigenen Dienstausweis wieder an mich zu nehmen, der auf dem Aktenschrank liegt. Ebenso gut könnte ich eine Visitenkarte hinterlassen, damit jeder weiß, dass ich hier war.
    Ich laufe zurück, wobei ich fast noch ins Stolpern gerate, nehme meinen Ausweis an mich und sehe mich aufmerksam um, ob ich möglicherweise noch etwas vergessen habe, das mich verraten könnte. Aber mir fällt nichts auf, also begebe ich mich ins Nebenzimmer, wo ich den Schlüssel wieder unter den Schreibtisch klebe. Dann verlasse ich das Büro und atme tief durch.
    Malgorzata sieht nur flüchtig auf, als ich ins Empfangszimmer des

Weitere Kostenlose Bücher