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Der Kommandant und das Mädchen

Der Kommandant und das Mädchen

Titel: Der Kommandant und das Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pam Jenoff
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gewesen sein, nehme ich an.” Ich wünschte, ich könnte seine Gedanken lesen und herausfinden, was er gesehen hat. So gern ich es auch tun würde, ich kann nicht mehr wie im Ghetto die Augen verschließen. Diesmal muss ich so viel wie möglich mitbekommen, weil es um meine Familie und den Widerstand geht. Doch der Kommandant scheint nichts mehr sagen zu wollen.
    “Herr Kommandant”, spreche ich ihn wieder an, nachdem er minutenlang aus dem Fenster gestarrt hat. Fragend sieht er mich an, so als hätte er vergessen, warum ich hier bin. “Sie sehen müde aus”, stelle ich fest, woraufhin er schwach nickt und sich mit einem Arm auf die Rückenlehne seines Bürostuhls aufstützt. “Kommen Sie, ich bringe Sie zu Ihrem Wagen.” Ich gehe zum Sofa und hole seine Jacke. Er hält einfach nur die Arme ausgestreckt, damit ich ihm die Jacke anziehen kann, so wie ich es bei Łukasz tue. Durch den Stoff spüre ich die von ihm ausgehende Wärme. “Kommen Sie”, wiederhole ich und führe ihn aus dem Büro. Im Flur angekommen, drückt er ein wenig die Schultern durch und schafft es, einigermaßen zielstrebig die Treppe hinunter und nach draußen zu gehen.
    Unten wartet sein Fahrer Stanislaw bereits mit der Limousine auf ihn, an deren Kotflügel Standarten mit der Hakenkreuzfahne befestigt sind. “
Dobry wieczór”
, begrüßt er uns in seiner tiefen Baritonstimme, als wir uns der offen stehenden hinteren Tür nähern.
    Der Kommandant beugt sich leicht schwankend vor, um einzusteigen, und verfehlt mit seinem Kopf den Türrahmen nur um wenige Zentimeter. Ohne darüber nachzudenken, lege ich meine Hand sanft an seinen Rücken und helfe ihm in den Wagen. Er fällt auf seinen Sitz, wobei sein Gewicht an meinem ausgestreckten Arm zieht und ich die Balance verliere. Ich stolpere ins Wageninnere und lande auf dem Kommandanten. Sofort setze ich mich auf, während ich einen roten Kopf bekomme.
    “Nun, ich mache mich dann besser auf den Weg”, sage ich, aber da hat Stanislaw die Tür bereits zugeworfen. “Warten Sie …”, protestiere ich, doch der Kommandant kann mir jetzt auch nicht helfen, er hat die Augen geschlossen, der Kopf ist nach hinten weggekippt. “Na gut, ich werde Ihnen wohl auch noch helfen, nach Hause zu kommen”, erkläre ich daraufhin. Als Antwort kommt nur ein lautes Schnarchen.
    Auf dem Weg von der Burg zu seiner Wohnung nahe der Planty sehe ich mich im Wagen um. In meinem ganzen Leben habe ich nur selten in einem Automobil gesessen, und noch nie in einem so luxuriösen. Meine Finger streichen über die Ledersitze, und ich schaue nach draußen. Auf der Straße sind immer noch Menschen unterwegs, die letzte Besorgungen erledigen oder auf dem Weg nach Hause sind. Sobald wir mit der großen dunklen Limousine mit ihren Hakenkreuzstandarten vorbeifahren, bleiben die Leute stehen und sehen zu uns. Ich kann die Angst in ihren Augen erkennen.
    Kurz darauf hält der Wagen vor einem eleganten Backsteingebäude. Stanislaw und ich helfen dem unverändert benommenen Kommandanten auszusteigen. Der Pförtner schließt uns das Tor auf und geht zur Seite, damit wir passieren können. Wir führen den Kommandanten eine Marmortreppe hinauf, dann schließt Stanislaw die Wohnungstür auf. Nachdem wir eingetreten sind, schafft der Kommandant es aus eigener Kraft bis zum Sofa, setzt sich hin und lässt den Kopf nach vorn sinken.
    Mit hastigen Schritten zieht sich Stanislaw zurück, macht die Tür zu und lässt mich mit dem Kommandanten allein.
    Die Wohnung nimmt eine ganze Etage in Anspruch und lässt in jeder Hinsicht erkennen, dass hier ein Mann lebt: Sie ist groß und wirkt irgendwie unpersönlich, wenige schwere Eichenmöbel und ein einzelnes Sofa mit kastanienbraunem Samtbezug stellen die gesamte Einrichtung dar. In der Luft steht der abgestandene Geruch von Zigarrenrauch und Weinbrand, so als wäre hier seit Jahren nicht gelüftet worden. Schwere dunkle Vorhänge verhindern, dass ich die sicherlich atemberaubende Aussicht auf die Stadt zu sehen bekomme.
    Ich verlagere mein Gewicht auf den anderen Fuß und warte vergebens darauf, dass der Kommandant etwas sagt. “Es ist bereits spät, Herr Kommandant”, spreche ich ihn schließlich an. “Wenn sonst nichts mehr ist …”
    “Anna, warten Sie”, murmelt er und hebt den Kopf ein wenig. “Gehen Sie nicht.” Er bedeutet mir, näher zu kommen.
    Widerstrebend gehe ich zum Sofa. “Ja? Was brauchen Sie?”
    Er zögert. “Nichts. Ich will sagen, ich will nicht …” Er gerät

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