Der kommende Aufstand
Lösungen«.
Der Erfinder der H-Bombe, Edward Teller, schlägt vor,
Millionen Tonnen Metallstaub in die Stratosphäre zu sprühen, um
die Klimaerwärmung zu stoppen. Die NASA, die frustriert ist,
weil sie ihre große Idee eines
Raketenabwehrschirmsins Museum der
Hirngespinste des Kalten Krieges wegräumen musste, verspricht
die Installation eines riesigen Spiegels jenseits der
Mondumlaufbahn, um uns vor den nunmehr verhängnisvollen
Sonnenstrahlen zu schützen. Eine andere Zukunftsvision: eine
motorisierte Menschheit, die mit Bioethanol von São Paulo nach
Stockholm fährt; der Traum eines Getreidebauern aus der Beauce,
der schließlich nur die Umwandlung
des gesamten Ackerlandes des Planeten in Soja- und
Zuckerrübenfelder voraussetzt. Ökologische Autos, saubere
Energien, Umwelt-Consulting koexistieren problemlos mit der
letzten Chanel-Werbung auf den Glanzseiten der meinungsbildenden
Zeitschriften.
Die Umwelt hat nämlich, erzählt man uns, dieses
unvergleichliche Verdienst, das erste globale Problem zu
sein, das sich der Menschheit stellt. Ein globales
Problem , das heißt ein Problem, dessen Lösung allein
diejenigen besitzen können, die global organisiert sind. Und
die, die kennen wir. Das sind die Gruppen, die seit fast einem
Jahrhundert die Avantgarde des Desasters sind und sehr wohl
beabsichtigen, es zu bleiben – zum minimalen Preis eines
Logo-Wechsels. Dass die EDF 16 die Unverschämtheit besitzt, uns
ihr Atomprogramm als neue Lösung für die weltweite
Energiekrise noch einmal aufzutischen, sagt genug darüber aus,
wie sehr die neuen Lösungen den alten Problemen ähneln.
Von den Staatssekretären bis zu den Hinterzimmern der
alternativen Cafés benennt man die Sorgen nunmehr mit denselben
Worten, die im Übrigen dieselben wie immer sind. Es geht
darum, sich zu mobilisieren . Nicht für den Wiederaufbau
wie in der Nachkriegszeit, nicht für die Äthiopier wie in den
80er Jahren, nicht für die Vollbeschäftigung wie in den 90er
Jahren. Nein, diesmal ist es für die Umwelt. Siesagt euch lieben Dank. Al Gore, die Ökologie
nach Art des Nicolas Hulot 17 und die Wachstumsrücknahme
reihen sich ein neben den ewigen großen Seelen der Republik, um
ihre Rolle zur Wiederbelebung des linken Fußvolkes und des
wohlbekannten Idealismus der Jugend zu spielen. Freiwillige
Askese steht auf ihrem Banner, und unentgeltlich arbeiten sie
daran, uns dem »kommenden ökologischen Ausnahmezustand«
anzupassen. Die runde und klebrige Masse ihrer Schuld wird auf
unsere müden Schultern geladen und soll uns dazu bringen,
unseren Garten zu bestellen, unseren Müll zu trennen und die
Reste des makaberen Festessens, in dem und für das wir
gehätschelt wurden, biologisch zu kompostieren.
Den Atomausstieg, den CO²-Überschuss in der Atmosphäre, das
Schmelzen der Polkappen, die Orkane, die Epidemien, die
Überbevölkerung der Welt, die Bodenerosion, das massive
Aussterben von Lebewesen verwalten … so würde unsere Last
aussehen. »Jeder Einzelne hat die Aufgabe, sein Verhalten zu
ändern«, sagen sie, wenn wir unser schönes zivilisatorisches
Modell retten wollen. Man muss wenig konsumieren, um noch
konsumieren zu können . Bio produzieren, um noch
produzieren zu können . Man muss sich selbst zwingen, um
noch Zwang anwenden zu können . So gedenkt die Logik einer
Welt, weiterzuleben, indem sie sich den Anschein einer
historischen Wende gibt. So möchte man uns davon überzeugen, bei
den großen industriellen Herausforderungen des vorwärts
marschierenden Jahrhunderts mitzumachen. Abgestumpft, wie wir
sind, wären wir bereit, eben jenen in die Arme zu springen, die
bei der Verwüstung den Vorsitz geführt haben, damit sie uns da
rausholen.
Die Ökologie ist nicht nur
die Logik der totalen Ökonomie, sie ist auch die neue Moral des
Kapitals. Der systeminterne Krisenzustand und die Strenge der
laufenden Selektion sind so stark, dass erneut ein Kriterium
nötig ist, in dessen Namen man ein solches Aussortieren
durchführen kann. Die Idee der Tugend war schon immer, von einer
Epoche zur anderen, nur eine Erfindung der Untugend. Ohne die
Ökologie könnte man die bereits heute existierenden zwei
Ernährungsbranchen nicht rechtfertigen, die eine »gesund und
biologisch« für die Reichen und ihre Kinder, die andere
offenkundig giftig für den Pöbel und seine zur Fettleibigkeit
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