Der Konvent der Zauberer
Bier.
»Kein Grund zur Fröhlichkeit, Makri, wir stecken immer noch mächtig in der Klemme. Die Zaubererinnung schaut sich vielleicht gerade im Moment Visionen von unserer Beteiligung an dem Mord an.«
Makri schlägt mit der Hand auf den Tisch. »Das hätte ich fast vergessen. Ich habe einen Zauberspruch gefunden!«
»Was? Wirklich?«
Makri zieht ein Blatt Papier heraus und liest davon ab.
»›Ein Bann, mit dem man Ereignisse aus der Vergangenheit auslöschen kann. Mit dieser Anrufung kann ein erfahrener Anwender alle Spuren der Ereignisse vernichten, sodass sie niemals, nicht einmal unter magischer Erforschung, wieder zutage treten.‹«
Makri sieht von ihren Notizen hoch.
»Du wirst nicht glauben, an was für einem merkwürdigen Ort ich das hier gefunden habe. Ich schwöre dir, dass dies kein anderer entdecken konnte. Es befand sich nicht in der Hauptsammlung, sondern versteckt in …«
»Ja, Makri, ich weiß bereits, dass du die Nummer eins in der Bibliothek bist. Zeig mir lieber den Zauber.«
Ich prüfe Makris Abschrift. Es ist ein sehr interessanter Zauberspruch, von einer Machart, wie ich noch nie einen gesehen habe. Und da steht noch, dass er angeblich sogar fast eine ganze Stunde auslöschen kann.
»Laut Quellenverzeichnis des Katalogs stammt er aus den Ödlanden. Aus den Blauen Bergen.«
Ich hebe meine Brauen. Prinzessin Direeva lebt in den Blauen Bergen.
»Möglicherweise sind wir da auf eine Spur gestoßen. Aber das erklärt dennoch nicht alles. Der Zauber genügt vielleicht, tatsächlich Passiertes auszuradieren, aber man kann damit kein neues Geschehen erzeugen.«
»Ich bin sicher, dass diese Spur von Bedeutung ist«, behauptet Makri. »Du weißt doch, dass du immer misstrauisch wirst, wenn während einer Ermittlung Dinge passieren und es wie ein Zufall aussieht? Nun, dann wirf mal einen Blick auf die benötigten Ingredienzen für diesen Zauberspruch!«
Sie reicht mir ein anderes Blatt Papier. Der Zauber erfordert eine beträchtliche Menge an … Drachenschuppen.
»Und du hast doch erst kürzlich einen Dieb überführt, der Drachenschuppen gestohlen hat.«
Das ist purer Zufall. Und Makri hat ganz Recht. Bei meiner Arbeit machen mich Zufälle immer höchst misstrauisch.
11. KAPITEL
Der Kutscher des Miet-Landauers will uns nicht nach ZwölfSeen bringen. Diese Fahrer aus der Oberstadt haben eine beinah angeborene Abneigung dagegen, den Fluss nach Süden zu überqueren.
»Ich bin ein Volkstribun.«
»Hab noch nie von Euch gehört.«
Ich muss nachdrücklichere Argumente einsetzen, um ihn zu überzeugen. Als wir schließlich den Mond-und-Sterne-Boulevard entlangrumpeln, bin ich in tiefstes Nachdenken versunken. Ich möchte die Spur mit den Drachenschuppen weiterverfolgen, was bedeutet, dass ich mit Abzox reden muss. Da ich ihn gerade ins Gefängnis gebracht habe, dürfte er nicht allzu erpicht darauf sein, mit mir zu reden. Jedenfalls nicht freundschaftlich. Vermutlich muss ich etwas nachhelfen. Ich bitte den Kutscher anzuhalten, steige aus und haste in eine kleine Station, die als Außenposten der Botenzunft dient. Dort kritzle ich eine kurze Nachricht an den Vizekonsul auf einen Express-Papyrus.
Wir fahren weiter. Der Kutscher beschwert sich über die Kälte. Makri beschwert sich auch über die Kälte. Sie sollte sich eine Speckschicht anfressen.
»Wenn du nicht so dürr wärst, würdest du die Kälte nicht so stark empfinden.«
»Prinzessin Direeva findet, dass ich eine perfekte Figur habe.«
»Das kann ich mir denken. Wenn du deinen Charme weiter spielen lässt, kriegst du bestimmt ihre Stimmen.«
»Ich will niemanden durch Schmeicheleien dazu bringen, für Lisutaris zu stimmen«, erwidert Makri. »Die ganze Wahl ist korrupt, und das gefällt mir nicht.« Sie fröstelt. »Willst du wirklich behaupten, dass dir diese Kälte nicht zusetzt?«
Ich reagiere verächtlich auf diese Unterstellung. »Das hier nennst du Kälte? Das ist nichts im Vergleich zu den Minustemperaturen, die ich in Nioj erlebt habe. Ich habe da bei einem noch viel schlechteren Wetter über einen Monat lang im Freien kampiert.«
»Du bist ein Lügner«, behauptet Makri. Der Kampf hat ihrer Laune sichtlich gut getan.
An der Ecke zum Quintessenzweg, wo das Aquädukt zusammengebrochen ist, laufen die Leute zusammen. Die Arbeiter versuchen zwar immer noch, die Gegend zu räumen, aber diesmal scheint es noch um etwas anderes zu gehen. Eine Gruppe Bürger diskutiert hitzig miteinander, und Zivilgardisten versuchen,
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