Der Konvent der Zauberer
von ZwölfSeen ist wie vom Donner gerührt. Ich stehe mit zwanzig anderen Gesinnungsgenossen herum und starre ratlos auf die geschlossene Tür.
»Was ist denn passiert?«
»Sein Sohn ist gerade gestorben. An einer Überdosis Boah.«
Die frustrierten Spieler schütteln die Köpfe. Es ist beinah zu schlimm, um darüber nachzudenken. Wir hätten nie gedacht, dass wir einmal den Tag erleben müssten, an dem Mox seine Bude zusperrt. Es herrscht allgemeine Übereinstimmung, dass Mox ja wohl trotzdem seinen Laden hätte geöffnet lassen können, wenn wir uns bei dem Wetter bis hierher durchgeschlagen haben.
Die Leute brechen auf und gehen nach Norden, zum nächsten Buchmacher. Dieser Vorfall ist wirklich höchst frustrierend. Ich hatte eigentlich vorgehabt, noch etwas Geld auf Ramius zu setzen. Da Lisutaris vermutlich aus dem Wettkampf fliegen dürfte, möchte ich meine Verluste eigentlich mit einer weiteren Wette in Grenzen halten. Aber ich habe keine Zeit, einen anderen Buchmacher aufzusuchen. Ich muss Hehlox in die Mangel nehmen, und zwar schnellstens. Ich fluche. Dieser Auftrag entwickelt sich immer schlimmer.
Der Wind heult aus dem Norden herunter. Als ich Hehlox’ Haus in der Goldenen Sichel erreiche, dem Viertel, in dem die meisten reichen Händler wohnen, bin ich so gereizt wie ein Troll mit Zahnweh. Der Diener, der mir die Tür aufmacht, versucht, mich draußen stehen zu lassen, aber ich walze ihn einfach platt. Sie züchten einfach keine Butler mehr, die es mit mir aufnehmen könnten. Ein anderer Bediensteter versucht, mich aufzuhalten, und ich wische ihn kurzerhand zur Seite. Hehlox erscheint auf dem obersten Treppenabsatz. Er ist mir schon früher bei meiner Arbeit über den Weg gelaufen, aber bisher habe ich ihn noch nie in seiner Höhle gestellt. Ich marschiere die Treppe hinauf und packe ihn an der Gurgel.
»Hehlox, ich habe es eilig. Du hast vor kurzem einige Drachenschuppen von einem Dieb namens Abzox erworben. Ich will wissen, wem du sie weiterverscherbelt hast.«
»Werft diesen Kerl hinaus!«, schreit Hehlox gellend.
Ein Kammerdiener hastet heran. Er macht etwas mehr her als die Dienstboten, denn er ist groß und hat ein Schwert in der Hand. Ich schleudere Hehlox gegen ihn, packe den Schläger am Kragen und werfe ihn die Treppe hinunter.
Dann widme ich mich wieder dem Hehler.
»Was sagte ich noch gleich? Ach ja, die Drachenschuppen. Was ist damit passiert? Hör auf zu stammeln, ich hab keine Zeit für so was. Ich bin im Auftrag des Vizekonsuls Zitzerius hier, und selbst wenn ich dich die Treppe hinunterwerfen und dir das Genick brechen müsste, wird Zitzerius Himmel, Hölle und die drei Monde in Bewegung setzen, damit ich dafür nicht angeklagt und vor Gericht gestellt werde. Er ist schon jetzt ziemlich empört über das, was ich ihm von dir gesteckt habe.«
Der Kaufmann zögert. Ich ziehe meinen Dolch.
»Raus damit!«
Hehlox spuckt es aus. In seinem Alter kann er die Drohung, eine Treppe hinuntergeworfen zu werden, nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen. Vor allem, weil ein so vermögender Mann wie er eine sehr lange und beeindruckende Treppe besitzt.
Ich verlasse das Haus mit einem ganzen Batzen an Informationen und verfolgt von den Flüchen, mit denen Hehlox, seine Frau und seine sehr hübsche Tochter mich bedenken. Letztere wusste offenbar nicht einmal, dass ihr Papa mit gestohlenen Sachen handelt. Draußen peitscht mir der Schnee ins Gesicht. Ich schüttele ihn ab. Nachdem ich jetzt endlich jemandem auf die Zehen getreten bin, habe ich das Gefühl, dass ich gut vorankomme. Bei mir trage ich eine Liste mit den Leuten, die in letzter Zeit Drachenschuppen erworben haben. Die Chancen, dass sich der Name unseres geheimnisvollen Zauberspruchverfassers darunter befindet, stehen gut.
In ZwölfSeen kaufe ich einen Sack Holz von einem Straßenverkäufer, fache mein Feuer an, öffne eine Flasche Bier und mache mich daran, die Liste zu betrachten. Ein Klopfen an der Außentür meines Büros unterbricht mich. Ich reiße sie ungnädig auf und stehe überraschend Senator Lohdius gegenüber, dem Führer der oppositionellen Partei von Turai und dem eingefleischten Feind von Zitzerius. Ich habe noch nie direkt mit Lohdius gesprochen. Er hat mich einmal beim Senat angeschwärzt, als ich bei einem Auftrag für Zitzerius in Schwierigkeiten geraten bin. Der Chronist hat ausführlich darüber berichtet und es dabei nicht versäumt, gleich eine Liste mit einer repräsentativen Auswahl meiner alten
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