Der Kopfjäger: Der 1. SPECIAL X Thriller
Seite. »Weshalb haben Menschen solche Angst vor einem abgeschnittenen Kopf?«, las Sparky. »Wenn das die Angst ist, die alle empfinden, weshalb muss sie dann ausgerechnet mich tausendfach quälen?« Ein Blick auf ein paar weitere Seiten machte Sparky die grausame Bedeutung des Tagebuchs klar und erzählte, was getan werden musste.
Jemand hatte an seinem Wagen gebastelt und einen öligen Lappen auf dem Boden liegen lassen. Sparky packte ihn und tränkte das Tuch mit dem Getriebeöl, das sich jetzt in einer großen Pfütze unter dem Volvo ausgebreitet hatte, packte dann, in der anderen Hand immer noch den Revolver haltend, die Adidas-Tasche und rannte die Rampe hinauf ins Freie, in den Schnee.
Flood war nirgends zu sehen, weder rechts, noch links.
Auf der anderen Straßenseite war noch Glut in der Tonne.
Halb mit einer Kugel aus einer .38 rechnend und immer noch die Adidas-Tasche an sich gedrückt, schlug Sparky einen Bogen um die Gasse und warf den Öl getränkten Lappen in die Tonne, wo er sofort Feuer fing. Die Flammen schossen in die Höhe, färbten die Schneeflocken orange. Die Sporttasche mit beiden Händen offen haltend, schüttete Sparky ihren Inhalt in die brennende Tonne. Die Schrumpfköpfe fingen sofort Feuer, der Gestank von brennendem Haar breitete sich aus. Die Haut entzündete sich wie Papier. Die Lippenringe wurden rot und glühten. Und dann waren die Köpfe weg. Als das Tagebuch Feuer fing, krümmten sich seine Seiten wie Finger; ein Blatt nach dem anderen verging im Feuer, verkohlte und zerfiel und schwebte als Asche davon.
Fuck you, Mutter, dachte Sparky. Brenne, Hexe, brenne.
Und dann hob Sparky mit einem tiefen Gefühl der Befriedigung und der neu gewonnenen Freiheit den Deckel einer Mülltonne in der Nähe und stopfte die Adidas-Tasche hinein. Kaum dass der Deckel wieder geschlossen war, war er schon wieder mit Schnee bedeckt.
Sparky wandte sich von der Tonne ab, blickte um sich und schickte sich gleich darauf an – immer noch den Revolver in der Hand – der Blutspur zu folgen, die der Detective im Schnee hinterlassen hatte.
Okay, Mister Stadtbulle, jetzt geht’s um dich und mich.
Entscheidung
19:56 Uhr
Al Flood war noch nie zuvor angeschossen worden und wusste deshalb nicht, was er zu erwarten hatte. Aber er hatte von Kollegen gehört, die von Pistolenkugeln getroffen worden waren und überlebt hatten, und er hatte auch mit einigen wenigen gesprochen, die später an ihren Verletzungen gestorben waren. Sie hatten ihm ausnahmslos erklärt, dass man selbst erkennen konnte, ob man leben oder sterben würde, und zwar aus den Gedanken, die einem durch den Kopf gingen. Aber das hatte nicht viel zu bedeuten. Man musste es selbst erlebt haben, nicht wahr? Das war die Regel.
Al Flood hatte das jetzt selbst erlebt – und wusste, dass er sterben würde.
Also stirb schon!, dachte er. Was ist schon daran auszusetzen? Wir müssen uns alle irgendwann einmal dieser Furcht stellen. Hast du denn solche Angst zu sterben, wenn deine Zeit gekommen ist?
Nein, dachte Al Flood. Ich habe keine Angst, zu sterben.
So, und schon fühlte er sich besser. Schließlich gibt es im Leben eine ganze Menge Dinge, die schlimmer sind als der Tod. Einsamkeit oder wenn man nicht geliebt wird, und beides hatte er zur Genüge erlebt. Ja, genau genommen konnte der Tod sogar ein Segen sein. Ein gutes, sauberes Ende. Für ihn sogar vielleicht die Erlösung. Schlimm war der Tod nur dann, wenn er so wehtat oder so lange brauchte, dass man dabei seine Würde verlor.
Na ja, höllisch weh tut es schon, dachte Flood und merkte, wie sich in seinem Kopf alles zu drehen begann.
Es war ein Fehler gewesen – Flood wusste das jetzt –, in die Ladezone zu gehen. Doch zu dem Zeitpunkt, als er die Entscheidung getroffen hatte, war ihm nichts wichtiger gewesen, als aus der Schusslinie zu kommen und dem Killer so schnell wie möglich zu entkommen. Das hatte er geschafft, indem er in die Ladezone gerannt war, die von der Seitenstraße abzweigte. Dennoch war es ein Fehler gewesen. Denn jetzt war Flood auf Händen und Knien in einer Sackgasse gefangen. Er steckte in einer Nische, die nicht einmal vier Meter breit war und für jeden, der von draußen hereinsah, bildete er ein klares Ziel. Er war völlig ungeschützt und hatte nur noch drei Schuss im Magazin. Sobald die verbraucht waren, hatte er keine Ersatzmunition mehr.
Und um die Sache noch gefährlicher zu machen, überkam ihn jetzt in Wellen ein Schwindelgefühl. Einen Augenblick
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