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Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932

Titel: Der Kopflohn - Roman aus einem deutschen Dorf im Spätsommer 1932 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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eins von Breideis.« Die Frau stand auf und drehte Licht an. Johann blickte schläfrig in ein Gewirr von zerbrochenen Stangen, Rädern und Drähten. Wahrscheinlich war es schon spät. Er stand auf. Die Frau sagte zurückkommend: »Rendel hat recht, du kannst auch so dies und jenes für uns machen, du steckst ja mittendrin – «
    Als Johann aus dem Hof in die Gasse trat, war er ruhiger. Die Stadt war mit Lichtern gesprenkelt. Keine Schwärme von Lichtern wie in der eigenen Stadt, nur die notwendigen, jedes für einen wachen Menschen. Der weiße Marktplatz schien sich zu seinen äußersten Grenzen gedehnt zu haben. Das schwere Stadthaus schmolz mit der Mauer in eins zusammen. Auf seinen beiden flachen Dächern lag ein schwaches Mondlicht. Johann war bald auf der Landstraße. Der Weg ins Dorf – ein Sprung. Unterwegs fiel ihm Marie ein. Er hatte sie, seit er aus dem Wirtshausgarten gegangen war, vollkommen vergessen. Jetzt war sie für morgen da, etwas winzig Gutes zum Leben dazu, das ihm etwas leichter vorkam. Obwohl es schon spät war, standen die Bastians beide hinter dem Zaun und warteten.»Siehste, er kommt doch.« – »Was soll los sein? Ich hab einen Brief heimgeschrieben, hab ihn an die Bahn getragen.«
VII
    Der junge Merz kam aufs Feld, um seinen Vater beim Pflügen abzulösen. Der kleine Hund, der beständig links neben dem Pflug herlief, knurrte und stemmte sich, als sei der Sohn in böser Absicht gekommen. Der junge Merz brachte, eingewickelt in ein reines weißes Tuch, wie es ihm die Mutter mitgegeben hatte, belegte Brote und Bierflaschen. Er trat hinter den Pflug, aber der Alte hatte grade genau so viel fertig, wie er beabsichtigt hatte. Er begann die Pferde auszuspannen. Der Sohn verstand sofort und half. Er hatte bis jetzt mit der Magd zusammen die Wiese gemäht, oben bei der Rodung. Er trieb die freien Pferde mit einem leisen Zuruf über den Rain auf ungepflügte Stoppeläcker. Es war hierzulande sonst kein Brauch, Pferde frei weiden zu lassen.
    Vater und Sohn ließen sich in den Rain nieder, nicht nur den Hintern, sondern sofort auch das Kreuz fest eindrückend, auf lange Rast berechnet. Die Pferde standen zuerst erstaunt, fast reglos, dann trabten sie im Kreis. Die Männer kauten und sahen zu den Pferden hinüber. Es machte ihnen Spaß, daß diese Pferde die einzigen waren, die rundum frei weideten. Die Erde war trotz des Spätjahrs noch gründlich durchgewärmt. Auf einmal sagte der alte Merz: »Du, das mit deiner Sophie Bastian, das wird wohl nichts.« Der Sohn zog die Brauen hoch, aber er wehrte nicht ab, er lächelte. »Ihr könnt Euch, Vater, darauf verlassen. Das wird.«
    »Nun nimm mal Vernunft an. Wir haben doch wunder gedacht – aber da ist der Sohn, der kleine Rotz, und der Alte gibt nich mal ’ne Mitgift, nichts, nur das Weißzeug.«
    »Ach, und?«
    Der Blick des Jungen wurde starr, wie immer, wenn er an das dachte, woran er seit dem vorigen Sonntag Tag und Nacht dachte. Von den Stoppelfeldern herüber kam der nur Pferden eigentümliche Schrei zarter Wildheit. Unabhängig von ihrem Gespräch zeigte sich auf den Gesichtern beider Männer ein Anflug von Entzücken.
    Der Sohn sagte gelassener, als es sonst seine Art war: »Dann können wir gleich aufhören zu reden. Hat sie was, gut. Hat sie nichts, um so besser.«
    Er wußte zwar nicht, was daran besser sein sollte, aber vielleicht war es für das, woran er unaufhörlich dachte, wirklich besser: Dieses Mädchen, barhäuptig, in dem einzigen engen, weißen Kleid, ohne Geld, ohne Brautschmuck, ohne Verwandtschaft, völlig ihm anheimgegeben. Er fuhr fort: »Der Herbst geht nicht rum, und ich hab sie. Ja, dann hab ich sie.« Der Sohn machte eine Bewegung mit beiden Händen. Der Alte begriff die Drohung in dieser Bewegung für das Mädchen und für sein eigenes Ansehen. Bis jetzt war er an Verstand, sogar an Kraft dem Sohn überlegen gewesen. Aber der war doch jung.
    »Willst du selbst was zugeben? Hör mal, dann gib selbst zu. Ich werd’s dir abziehen. Ich muß sowieso das Haus verkaufen.«
    Jetzt war der Sohn selbst erstaunt. Nicht mal am Ort wußten die Leute, daß das Haus von Kastrizius am Markt dem alten Merz gehörte. Er hatte es im Jahre dreiundzwanzig gekauft, damals war Kastrizius in Pfundschulden steckengeblieben, an die Maschinenfabrik Whiteman. Damals hatte der alte Merz in sich hineingeprahlt: Er kauft dem Kastrizius den Laden aus und das Dach über dem Laden. Der Junge fragte: »Warum grad das Haus?«
    Der Alte sagte: »Haste

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