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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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an, die kein Ausdruck der Korruption waren, sondern der Kulmination. Seht euch den heiligsten Tag in ihrem Kalender an, die Reichskristallnacht, all diese winzigen, funkelnden Fragmente auf Stein. Nazismus, so erklärten sie beharrlich, war Überfluss, nicht schnöselige Zurückhaltung, nicht dieser Über-Ich-Panzer, den die Bürokraten bevorzugten.
    Ihr Symbol war ein achtstrahliger Chaosstern, der so verändert worden war, dass Moorcock die Tränen gekommen wären. Seine diagonalen Strahlen waren hakenkreuzförmig geknickt worden, eine Swastika, die in alle Richtungen zeigte. Was ist »Gesetz«, fragten sie, was ist der größte Feind des Chaos, wenn nicht die Tora? Was ist Gesetz, wenn nicht jüdisch, das Judentum an sich? Und was ist das Chaos, wenn nicht die Abkehr von diesen schmutzigen, tora-bolschewistischen Gesetzen? Was war das Beste am Menschsein, wenn nicht Wille, Begeisterung und Genuss, tu, was du willst, die Autopoiesis des Übermenschen? Und so ging es endlos weiter.
    Natürlich waren sie Provokateure und dazu eine grotesk winzige Gruppe, aber unter den Gottlosen waren sie berüchtigt für ihre gelegentlichen Akte unfassbarer, kunstvoller Grausamkeit im Namen der Wiederherstellung des wahren Geistes ihrer Propheten. Gewiss war die Endlösung effektiv, so verkündeten sie, doch sie war seelenlos. »Das Problem mit Auschwitz«, so beharrten ihre intellektuellen Experten für Foltermorde, »ist, dass es die falsche Art von ›Lager‹ war!« Ihr erhoffter Chaos-Führer könnte jedoch, so glaubten sie, einen ausreichend kunstvollen Genozid vollbringen.
    Dies waren die Gestalten, die das Tattoo, Goss und Subby um Hilfe gebeten hatten, und sie hatten London wissen lassen, an wen sie sich gewandt hatten. Sie hatten sich mit diesen unerhörten, gefährlichen Monsterclowns zusammengetan, um Dane und Billy zur Strecke zu bringen. Und vor ihnen war Billy gerettet worden. Und Dane nicht.

49
    Billy setzte seine Brille auf. Sie war makellos, nicht zerbrochen und noch immer sauber. »Wati«, sagte er.
    »Ich weiß nicht, wo Dane ist«, entgegnete Wati sofort. »Ich suche weiter, aber wir werden wohl darauf hoffen müssen, dass Jason mehr Glück hat. Sie müssen irgendwelche Banne aufgebaut haben oder so was.«
    »Ich wollte dir von etwas erzählen, was ich geträumt habe.« Billy sprach, als würde er immer noch träumen. »Ich konnte spüren, dass es wichtig war. Ich habe von dem Kraken geträumt. Er war ein Roboter. Er war wieder da, das ganze Ding in dem Tank. Ich habe neben ihm gestanden, und jemand hat zu mir gesagt: ›Du schaust in die falsche Richtung.‹«
    Für ein paar Sekunden herrschte Schweigen. »Jason geht da rein, und während er das tut, möchte ich herausfinden, warum ein Engel auf mich aufpasst«, sagte Billy. »Der könnte vielleicht wissen, was vor sich geht. Er wusste, wann und wo er zur Stelle sein musste. Und er mag auf mich aufpassen, aber Dane hat er nicht beschützt.«
    Billy erzählte Wati, was Fitch und Saira getan hatten. Er hatte keine Bedenken, obwohl er wusste, dass das ein höchst geheimes Geheimnis war. Er vertraute Wati, soweit er überhaupt noch einem Londoner traute. »Sag ihnen, sie müssen uns helfen«, fügte er hinzu.
    Wati hüpfte von Körper zu Körper, musste aber umkehren. »Ich kann dort nicht hin«, sagte er. »Es liegt am London Stone. Er drängt mich ab. Das ist, als wollte man einen Wasserfall hinaufschwimmen. Aber ...«
    »Tja, du solltest besser eine Möglichkeit finden, um ihnen zu sagen, dass sie mir helfen müssen, denn anderenfalls renne ich durch die ganze Stadt und brülle überall herum, was sie getan haben. Sag ihnen das.«
    »Ich komme da nicht rein, Billy.«
    »Ich scheiß auf ihre Geheimnisse.«
    »Billy, hör zu. Sie haben Kontakt aufgenommen. Ich habe eine Nachricht von der Frau erhalten, Saira. Sie ist schlau. Sie weiß, dass ich mit dir und Dane zusammengearbeitet habe. Sie hat mir über mein Büro eine Nachricht zukommen lassen. Natürlich hat sie darin nichts offenbart, es hieß nur: ›Wir werden versuchen, mit unserem gemeinsamen Freund in Kontakt zu treten. Vielleicht lässt sich ein Treffen arrangieren?‹ Sie teilt uns mit, dass sie helfen wollen. Sie sind bereits Gegner des Tattoos, damit sind sie für uns eher Freunde als Feinde, nicht wahr? Ich kann da nicht rein, aber ich werde versuchen, einen von meinen Leuten hinzuschicken. Die können Fitch fragen, wo diese Nazis sind.«
    »Denn wenn in London etwas passiert«, sagte Billy,

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