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Der Krake

Der Krake

Titel: Der Krake Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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War es Goss?«
    »Dieser Mann, Goss, und der Junge. Es sah aus, als würde er ...«
    »Ich war nicht da. Aber Sie müssen sich den Fakten stellen.« Wieder sah Dane ihn an. »Sie haben gesehen, was Sie gesehen haben. Tut mir leid.«
    Was habe ich gesehen?, dachte Billy.
    »Erzählen Sie mir, was er gesagt hat«, bat Dane.
    »Was?«
    »Das Tattoo. Was hat das Tattoo gesagt?«
    »Was war das?«, fragte Billy. »Nein, Sie dürfen mir was erzählen. Wo kommen Sie überhaupt her?« Sie fuhren durch Straßen, die Billy nicht kannte.
    »Nicht jetzt«, sagte Dane. »Wir haben keine Zeit.«
    »Rufen wir die Polizei ...« Das Eichhorn unter Billys Sitz gab ein kehliges Geräusch von sich.
    »Scheiße«, sagte Dane. »Wir haben keine Zeit für so was. Sie sind klug, Sie wissen, was los ist.« Er schnippte mit den Fingern, und wo sie aufeinanderschlugen, flammte vage Licht auf. »Wir haben keine Zeit.«
    Fluchend trat er auf die Bremse. Die roten Lichter vor ihnen zogen davon. »Also, können wir jetzt bitte mit dem Mist aufhören? Sie können nicht nach Hause gehen, das wissen Sie. Dort hat man Sie geschnappt. Sie können Barons Leute nicht rufen. Denken Sie, das wäre hilfreich? Denken Sie, die Bullen bringen alles wieder in Ordnung?«
    »Moment ...«
    »Diese Wohnung ist nicht mehr Ihr Zuhause.« Er sprach abgehackt, jede Silbe ein Dolchstoß. »Das sind nicht mehr Ihre Kleider, es sind nicht mehr Ihre Bücher, es ist nicht mehr Ihr Computer, haben Sie das kapiert? Sie haben gesehen, was Sie gesehen haben. Sie wissen, dass Sie gesehen haben, was Sie gesehen haben.« Dane schnippte direkt unter Billys Nase mit den Fingern, und wieder glomm das Licht auf. Hart riss er am Lenkrad. »Sind wir uns einig?«
    Ja, nein, ja, sie waren sich einig. »Warum sind Sie gekommen?«, fragte Billy. »Baron und Vardy haben gesagt ... ich dachte, Sie wären hinter mir her.«
    »Tut mir leid wegen Ihres Kumpels. Ich kenne so was auch. Wissen Sie, was Sie sind?«
    »Ich bin gar nichts.«
    »Wissen Sie, was Sie getan haben? Ich habe es gespürt. Hätten Sie es nicht getan, wäre ich nicht rechtzeitig dort gewesen, und die hätten Sie in die Werkstatt gebracht. Etwas ist draußen.« Billy erinnerte sich an einen Druck im Inneren, an brechendes Glas, einen schleppenden Moment. »Goss züngelt bestimmt schon nach uns. Aber der, über den Sie sich Sorgen machen sollten, das ist der Mann im Hintergrund.«
    »Das Tattoo hat geredet.«
    »Fangen Sie gar nicht erst damit an. Wunder werden immer gebräuchlicher, Kumpel. Wir wussten, dass so etwas passieren würde.« Unwirsch verstummte er und berührte seine Brust auf Höhe des Herzens. »Das sind die Enden der Welt.«
    »Das Ende der Welt?«
    »Enden.«
    Es war, als ballten sich die Gebäude vor dem Wagen aus eigener Kraft zusammen, veränderten ihre Winkel und Farben, um sich hinter ihnen wieder zurückzuverwandeln. Ohne Zweifel war irgendetwas da draußen in dieser Nacht.
    »Es ist Krieg«, sagte Dane. »Hier leben die Götter, Billy. Und sie sind in den Krieg gezogen.«
    »Was? Aber ich bin auf keiner Seite ...«
    »Oh, doch, das sind Sie«, sagte Dane. »Sie sind eine Seite.«
    Billy schauderte. »Das Tattoo ist ein Gott?«
    »Scheiße, nein. Das ist ein Verbrecher. Ein verdammter Gauner, das ist er. Bildet sich ein, Sie würden ihn bekämpfen wollen. Bildet sich ein, Sie hätten den Kraken gestohlen. Vielleicht sogar, Sie würden unter einer Decke stecken mit Grisamentum.« Wenn das kein klangvoller Name war. Wie ein Schnipsel aus einer heiligen Schrift. »Die haben nichts begriffen.«
    »Wo ist der Kalmar?«
    »Das ist die große Frage, nicht wahr?« Ruckartig drehte Dane am Lenkrad. »Wollen Sie mir erzählen, dass Sie nicht spüren, was vor sich geht? Dass Sie die Zeichen nicht gesehen haben? Sie kommen aus dem Dunkel. Dies ist die Zeit der Götter. Sie erheben sich.«
    »Was ...?«
    »In Flüssigkeiten, durch Acryl oder Glas. Es ist in Ihrem Blut, Billy. Sie kommen vom Himmel. Herausgezwungen, weil ihre Zeit gekommen ist. Australien, hier, Neuseeland.« Alles Orte, an denen Architeuthis und Mesonychoteuthis die Wasseroberfläche durchbrochen hatten.
    Sie hielten vor einem Gemeindehaus. Auf einem Schild stand South London Church. In der Straße herrschte ein scharfer, heißer Fuchsgestank. Dane hielt die Tür auf. Das Eichhörnchen sprang aus dem Wagen, beschrieb zwei, drei Sinuskurven und war verschwunden.
    »Sie erzählen mir besser allmählich ehrlich, was los ist, Dane«, sagte Billy.

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