Der kranke Gesunde
sie es merken in wechselndem Ausmaß zu viel Luft ein oder aus und wundern sich dann, dass ihnen schwindelig wird. Auf den Gedanken, dass das mit ihrer hektischen Atmung zu tun haben könnte, kommen sie gar nicht.
Weniger bekannt ist der zervikogene Schwindel, d. h. der Schwindel, der durch Störungen im Bereich der Halswirbelsäule und deren Muskulatur ausgelöst wird. Die Halswirbelsäule und ihre Muskulatur reguliert ja die Stellung des Kopfes im Raum und ist deshalb eine der wichtigsten Informationsquellen für das Gleichgewichtsorgan. Treten hier Verspannungen der Muskulatur, Verklemmungen der Gelenke und Erstarrungen des Bewegungsablaufs auf, stimmen die Informationen, die von hier ausgehen, mit den anderen eingehenden Informationen nicht überein, sodass ein Schwindelge fühl entsteht. Hier ist oft die Brücke zu einem psychosomatischen Verständnis möglich, da Verspannungen im Bereich der Muskulatur Ausdruck einer gebremsten Gefühlsreaktion oder eines ungelösten Konfliktes sein können.
Was kann man tun?
Es dürfte aufgrund der bisherigen Ausführungen klar geworden sein, dass der Schwindel ein empfindliches Zeichen für abweichende und sich unterscheidende Wahrnehmungsprozesse im Körper ist, sozusagen ein Ausdruck für einen Konflikt zwischen einzelnen Wahrnehmungsorganen. Er macht uns immer vorsichtig, lässt uns darauf achten, jeden weiteren Schritt zu überlegen, unsere Stellung zu überprüfen und dies vielleicht nicht nur im Raum, sondern auch in unseren Beziehungen. Sprichwörtlich heißt das: »Mir wird's ganz schwindelig bei so viel auf mich einströmenden Ereignissen. Da muss ich erst einmal nachdenken und zur Ruhe kommen.« Besonders empfindliche Menschen kann Schwindel so sehr verunsichern, dass manche dazu neigen, jede Belastung zu vermeiden und sich zunehmend zu schonen und zurückzuziehen. Dadurch wird die Empfindlichkeit unserer Gleichgewichtsregulation aber weiter verstärkt, sodass der Schwindel zunehmend schneller auftritt.
Tipp
So können Sie Ihre Schwindelneigung verringern
Ist eine organische Erkrankung vom Hals-Nasen-Ohren-Arzt und vom Neurologen ausgeschlossen worden, kann vor allem der Lagerungsschwindel, der durch ein überempfindliches Gleichgewichtsorgan verursacht wird, durch ein gezieltes Training verringert werden. Vereinfacht gesagt, muss man dazu in zunehmendem Maße genau das tun, was bislang den Schwindel erzeugt hat, nämlich die Körperhaltung rasch verändern. Es ist also notwendig, diesen Schwindel sehr häufig und gezielt auszulösen, damit die zentrale Schaltstelle im Gehirn sich an diesen Informationsfluss gewöhnen und ihre Reaktion darauf neu regulieren kann. Das Gehirn »lernt« also, dass eigentlich alles in Ordnung ist, d. h. dass die Informationen alle gut zueinander passen. Mit der Zeit lassen die Schwindelgefühle dann nach. Wichtig bei einem solchen »Schwindeltraining « ist, dass man die Muskulatur dabei nicht anspannt, sondern mit dem ganzen Körper leichte Bewegungen ausführt. Anspannung ist oft Folge der Angst und verstärkt die Schwindelsymptome.
Ist niedriger Blutdruck, die Halswirbelsäule oder Hyperventilation Ursache für den Schwindel, sollten Sie zunächst einmal testen, ob körperliche Trainingsmaßnahmen Ihr Befinden verbessern können. Geeignet sind – je nach Ursache – allgemeine gymnastische Übungen zur Anhebung des Blutdrucks und zur besseren Körperdurchblutung, Lockerungs- und Kräftigungsübungen der Muskulatur der Halswirbelsäule und Atemübungen. Belegen Sie z. B. einen Yogakurs oder gehen Sie in eine Atemtherapiegruppe. Bringen Sie ein wenig Geduld und Ausdauer mit. Mit der Zeit werden Sie herausfinden, was Ihnen gut tut.
Sie brauchen im Alltag schwindelauslösende Situationen nicht zu meiden. Im Gegenteil, die Empfindlichkeit Ihres Gleichgewichtsorgans lässt eher nach, wenn Sie es immer wieder neu belasten. Die Fähigkeit unseres Gehirns, sich auf schwindelerregende Ereignisse einzustellen, ist groß und kann durch »Training« auch noch verbessert werden.
2 Beschwerden psychosomatisch betrachtet
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