Der Krankentröster (German Edition)
George. Eigentlich leide ich ja unter Flugangst, aber auf diesem Flug natürlich nicht. Da stellte ich mir vor, wie ich ihm bei einem Absturz helfen würde, die Sauerstoffmaske aufzuziehen, und in einem Rettungsboot zusammen mit ihm tagelang auf dem Meer zu treiben oder gemeinsam an die Himmelspforte zu klopfen. Und dabei würde er mich natürlich immer anlächeln! Eigentlich könnte er gut Zahnpasta- und nicht nur Kaffeewerbung machen.
Leider hatte ich zu diesem Zeitpunkt einen fürchterlichen Husten. Ich verfluchte es! Ich glaube, es gibt nichts Unerotischeres als eine Frau mit Hustenattacken. Also, falls George nach dem Flug husten musste, war ich schuld!
So lagen wir dort zugedeckt, George und mich trennte nur mein Mann, und wir schliefen alle ein. Vorher hustete ich natürlich noch ein paarmal.
Fünf Stunden später wachte ich auf und erinnerte mich, dass ich ja mit George Clooney im Flugzeug saß, und blickte verschlafen zur Seite. Er war schon hellwach und frühstückte gut gelaunt. Der Stewardess erzählte er gerade, dass er weiter nach Lugano fliegt. Er schwärmte von der Gegend dort und erzählte, dass er dort ein Haus besitzt. Ich stand auf, um mich auf der Flugzeugtoilette frisch zu machen, und als ich mit meiner Zahnbürste in der Hand, die Haare offen und im Schlafanzug, an ihm vorbeiging, um zu meinem Sitz zurückzukehren, fragte ich mich, was er wohl über mich denken würde. Ich hatte mich nicht getraut, ihn anzuschauen. Doch als die Stewardess ihm seinen O-Saft servierte, hätte ich ihn ihr am liebsten aus der Hand gerissen, um ihre Rolle zu übernehmen.
Als wir in Zürich landeten, gingen wir zusammen in die Lounge, um auf unsere Weiterflüge zu warten. Er nach Lugano und wir nach München. Er und seine Freunde wurden wieder in einen separaten Raum geführt, und Micha und ich saßen allein in dem Nebenraum. Ich war traurig, da ich mir sicher war, ihn nie wiederzusehen. Doch da kam George zu uns ins Zimmer. Mein Mann schaute mich wieder wie das erste Mal an. Mann, war das alles ein Highlight! George ging an den Tresen, sang wieder mit seiner tollen Stimme vor sich hin und machte sich einen Kaffee. Und ich überlegte wirklich für einen kurzen Moment, ob ich hingehen sollte und die Werbung nachspielen, wo die Frau ihn am Kaffeeautomaten erotisch anspricht, ob er George Clooney sei, und als er stolz und geschmeichelt: »Ja!« sagt, sie ihm seinen Kaffee wegnimmt, Danke sagt und geht. Aber ob er das witzig gefunden hätte?
So saßen wir auf unserer Couch wie im Kino und beobachteten ihn, wie er vor uns am Tresen stand, an seinem Kaffee nippte und Pralinen naschte und wohl keine Angst vor uns hatte. Nun, er hatte uns ja auch schon die letzten Stunden schnarchen und husten gehört, und wir hatten kein Wort miteinander gewechselt.
Wir gingen dann noch gemeinsam auf die Toilette, schauten uns wieder nicht an. Und saßen nun nur von einer dünnen Wand getrennt nebeneinander auf dem Klo. Dann mussten wir unsere Weiterflüge antreten. Tja, das waren dann auch schon meine Stunden mit George. Über neun Stunden, in denen wir uns nicht einmal in die Augen geblickt oder ein Wort gewechselt haben. Aber trotzdem war es irgendwie eine intime Zeit. Zumindest haben wir uns gegenseitig schon im Schlafanzug gesehen und dieselbe Toilette benutzt. ☺
Das war meine Geschichte vom Flug mit George Clooney.
Liebe Grüße
Gaby
Hi Gaby,
wir sind aus Warnemünde zurück, es war ein wunderbarer Urlaub! Ich habe fünf Kilo abgenommen, ungelogen. So eine Magen-Darm-Grippe schlägt alle Diäten auf dem Markt. Und als ich gerade Land sah, im wahrsten Sinne des Wortes, hat es meine Frau erwischt. Nun sind wir zu Hause und fiebern unserem Festmahl mit dünner Brühe und Toast entgegen, lecker kochen kannst du natürlich knicken. George Clooney war auch nicht in Warnemünde, beziehungsweise Jennifer Aniston, Sandra Bullock oder Ally McBeal. Dafür hat Deine Geschichte sehr viel Atmosphäre und eine Menge witzige Momente. Ich hätte mir ja noch gewünscht, wie Du in Deiner Phantasie Szenen ausspinnst und den Leser ein bisschen in die Irre führst, aber die Wendung mit dem Schauspieler 1 hat schon fast was von Fanny Müller!
Zum Schluss noch ein Rezept (Du liebst ja Rotes), das Ingo Oschmann heute, also Heiligabend, als Vorspeise für seine Eltern kocht und das er mir sehr ans Herz gelegt hat. Werde es probieren, sobald die Chance besteht, dass es drin bleibt. Es stammt aus Tim Mälzers »Born to cook
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